# taz.de -- Energiebilanz Künstlicher Intelligenz: KI mit Ökofaktor gesucht | |
> Künstliche Intelligenz ist oft wenig nachhaltig – eine Initiative will | |
> das ändern. Doch den geplanten EU-Regeln für KI droht die Aufweichung. | |
Bild: Wer eine KI trainieren will, braucht leistungsfähige Hardware | |
BERLIN taz | Energieintensives Training, leistungsfähige Hardware, hoher | |
Ressourcenverbrauch – Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) stehen | |
in dem Ruf, wahre Energieschlucker zu sein. Doch wie hungrig die | |
Technologie tatsächlich ist, ist bislang nicht wirklich bekannt. Ein neuer | |
[1][Vorschlag für einen Nachhaltigkeitsindex] soll der erste Schritt sein, | |
daran etwas zu ändern: Die NGO AlgorithmWatch hat diesen in einem | |
gemeinsamen Projekt mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung | |
und der TU Berlin entwickelt. | |
Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz werden als großes Zukunftsthema | |
gehandelt. Schon jetzt steckt KI in alltäglich genutzter Software, etwa zur | |
Bildbearbeitung auf dem Smartphone, zur Spracherkennung oder zur | |
Navigation. | |
Das Problem: Was diese Software an Energie und Ressourcen wie Wasser | |
verbraucht, an Emissionen und Elektroschrott verursacht – das ist nicht | |
transparent. „Es gibt zu wenige Daten und von diesen geben die | |
Tech-Konzerne nicht genug heraus, um ein umfassendes Bild zu bekommen“, | |
kritisiert Andreas Meyer, der an der TU Berlin zu Künstlicher Intelligenz | |
forscht. | |
Dabei ist der Energiebedarf abhängig vom Modell der KI und dem Moment ihres | |
Einsatzes: So ist davon auszugehen, dass gerade die Trainingsphase, in der | |
bei den Modellen des Maschinellen Lernens große Datenmengen verarbeitet | |
werden und es schnell gehen soll, der Energiebedarf immens ist. | |
Grundsätzlich wird eine Anwendung, die Videos erstellt, mehr verbrauchen, | |
als eine, die nur Sprache verarbeitet und eine Anwendung die Bilder | |
generiert, mehr als eine, die Text ausgibt. | |
## Von Energieverbrauch bis Nicht-Diskriminierung | |
Die drei Organisationen haben nun einen Kriterienkatalog vorgelegt, der | |
helfen soll, das Nachhaltigkeitsniveau zu bewerten und zu verbessern. 13 | |
Kriterien für Nachhaltigkeit von KI-Systemen sind am Ende herausgekommen. | |
Darunter finden sich Energieverbrauch und der Bedarf an externen Ressourcen | |
genauso wie Datenschutz und Nicht-Diskriminierung. Der Kriterienkatalog | |
soll zum einen eine Handreichung für Unternehmen und Organisationen sein, | |
die solche Systeme einsetzen. Zum anderen soll er Druck auf die Politik | |
ausüben. | |
Denn auf [2][EU-Ebene ist mit dem AI Act eine KI-Regulierung in Arbeit]. Ob | |
und in welchem Maße darin aber Kriterien für Nachhaltigkeit einen Platz | |
finden werden, wird sich zeigen. Mehr noch: Aktuell könnte ein | |
entscheidender Teil der gesamten Gesetzgebung auf der Kippe stehen. Kurz | |
vor der entscheidenden Verhandlungsphase zeichnet sich ab, dass einzelne | |
Länder versuchen, die Regeln aufzuweichen. | |
So berichtete das Magazin [3][Politico] diese Woche, dass Deutschland, | |
Frankreich und Italien einen entscheidenden Teil der KI-Systeme von der | |
Regulierung ausnehmen wollen. Konkret geht es dabei um die sogenannten | |
Basismodelle. Das sind sehr große KI-Modelle, die mit einem breiten Satz an | |
Daten trainiert wurden. Es gibt Basismodelle für verschiedene Bereiche wie | |
Bilder, Videos, Text oder Sprache. Eines der bekanntesten Basismodelle ist | |
GPT für Text. Aus einem Basismodell kann eine Vielzahl anderer Anwendungen | |
entstehen – daher ist ihre Regulierung entscheidend. | |
Doch die Regierungen der drei Länder sprechen sich dem Bericht zufolge nun | |
dagegen aus, die Basismodelle zu regulieren. Sie argumentieren mit | |
wirtschaftlichen Interessen: Vorschriften könnten verhindern, dass die | |
Basismodelle in Europa entwickelt werden. | |
Politico zitiert aus einem gemeinsamen Papier der drei Regierungen: Europa | |
brauche einen regulatorischen Rahmen, „der Innovation und Wettbewerb | |
fördert, damit europäische Akteure auftauchen und unsere Stimme und Werte | |
im globalen Wettlauf um KI vertreten können“. | |
## Haftungsfrage ungeklärt | |
In der Zivilgesellschaft stößt der Vorstoß auf Kritik: „Es gibt eine Reihe | |
von Risiken und Gefahren bei den Basismodellen, die der AI Act regulieren | |
muss“, sagt Kilian Vieth-Ditlmann von AlgorithmWatch. Als wichtigen Punkt | |
nennt er unter anderem das ohnehin schon umstrittene Thema Haftung, also | |
die Frage: Wer ist verantwortlich dafür, wenn etwas schief geht? Wenn etwa | |
die medizinische KI daneben liegt bei der Diagnose und das negative Folgen | |
hat? Expert:innen wie die KI-Forscherin [4][Sandra Wachter von der | |
Universität Oxford plädieren für eine Haftung entlang der Lieferkette] – | |
also jedes Unternehmen für den Schritt, den es selbst ausführt. | |
Würden nun die Basismodelle ausgenommen, dann blieben ausgerechnet die | |
leistungsfähigsten Teile unreguliert. Auch aus Umweltsicht hätte das | |
Nachteile: „Die Entwicklungsphase gerade dieser großen Modelle ist sehr | |
energieintensiv“, sagt Anne Mollen von Algorithmwatch. | |
Dass einschlägige Vorschriften negative Folgen für die Wirtschaft haben | |
könnten, scheinen indes nicht alle Länder zu befürchten: So erließ | |
US-Präsident Joe Biden kürzlich ein [5][Dekret], das Unternehmen unter | |
anderem Auflagen für die Basismodelle macht. | |
23 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://algorithmwatch.org/de/sustain-magazin-november-2023/ | |
[2] /Geplante-EU-Regulierung-von-KI/!5937412 | |
[3] https://www.politico.eu/article/france-germany-power-grab-kill-eu-blockbust… | |
[4] /EU-Parlament-zur-kuenstlichen-Intelligenz/!5937487 | |
[5] https://www.whitehouse.gov/briefing-room/presidential-actions/2023/10/30/ex… | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
Digitalisierung | |
Nachhaltigkeit | |
Digitalisierung | |
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
wochentaz | |
Digitalisierung | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie zu Einsparpotenzialen: Digitalisierung fürs Klima | |
Eine aktuelle Studie berechnet das Potenzial für die Einsparung von | |
Emissionen. Doch nicht alle sehen die Entwicklung in dem Bereich so | |
optimistisch. | |
Regulierung von künstlicher Intelligenz: Mehr Vorgaben für KI gefordert | |
Die EU will ihr Regelwerk für künstliche Intelligenz fertig verhandeln. | |
Kurz vor Schluss gibt es nun Streit: Fachleute fordern mehr | |
Verbindlichkeit. | |
Chaos bei OpenAI: Künstliche Aufregung | |
Letzte Woche rausgeworfen, jetzt zurückgeholt: Sam Altman, CEO von OpenAI. | |
Wer ist der mächtigste Entwickler von künstlicher Intelligenz? | |
Mozilla-Chefin über KI: „Aufregend und beängstigend“ | |
Künstliche Intelligenz ist die Technologie des Jahrzehnts. Mozilla-Chefin | |
Mitchell Baker über Chancen und warum Open Source ökologischer ist. | |
Debatte um Technologieregulierung: Klimaschutz als Vorbild für KI | |
Ein Weltrat für Künstliche Intelligenz, analog zum IPCC fürs Klima – das | |
schlägt die EU-Kommissionspräsidentin vor. Die Reaktionen sind gemischt. | |
Forscherin über Künstliche Intelligenz: „KI kann Dinge schlecht verbessern�… | |
Das EU-Parlament will Regeln für künstliche Intelligenz. Die Professorin | |
Sandra Wachter spricht über Nutzen, Risiken und den Konservatismus von KI. |