# taz.de -- Verletzte bei Luxemburg-Liebknecht-Demo: Rote Fahnen, blutige Nasen | |
> Die Innensenatorin will nichts von unverhältnismäßiger Polizeigewalt beim | |
> Luxemburg-Liebknecht-Gedenken wissen. Augenzeugen haben das anders | |
> erlebt. | |
Bild: Hier hat es am Sonntag zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder gekracht:… | |
BERLIN taz | Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bestreitet, dass es | |
unverhältnismäßige Polizeigewalt [1][bei der Luxemburg-Liebknecht-Demo am | |
Sonntag] gegeben hat: „Wenn bewusst gesagt wird, die Polizei hat als Erstes | |
angegriffen, dann ist das eine Falschaussage“, behauptet Spranger am Montag | |
vor dem Innenausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Polizeikräfte | |
seien von Teilnehmenden der Demonstration „massiv angegangen“ worden, die | |
Täter hätten „schwerste Verletzungen bewusst in Kauf genommen“, so Sprang… | |
weiter. | |
Ganz so eindeutig ist es allerdings nicht: Fotos und Videos in den sozialen | |
Netzwerken [2][zeigen gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Polizei und | |
Demonstrierenden] auf der Frankfurter Allee in Lichtenberg beim | |
traditionellen Gedenkmarsch zum 105. Todestag der | |
Revolutionsführer*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Zu | |
sehen ist, wie Polizist*innen auf Demonstrant*innen einprügeln, | |
aber auch, wie Demo-Teilnehmende mit Fahnenstangen zuschlagen. | |
Übereinstimmenden Berichten zufolge eskalierte die Situation, nachdem ein | |
Redner im propalästinensischen Block wegen seiner Wortwahl vorläufig | |
festgenommen worden war. Er soll den Spruch „From the river to the sea, | |
Palestine will be free“ verwendet haben, der in Berlin und anderen | |
Bundesländern als Volksverhetzung eingestuft wird. | |
Zu diesem Zeitpunkt habe es allerdings bloß verbale Unmutsbekundungen der | |
Demonstrierenden gegeben, erzählt der Linken-Abgeordnete Ferat Koçak am | |
Montag der taz. Er war als parlamentarischer Beobachter vor Ort. Der Redner | |
sei wenig später wieder freigelassen worden. Der Polizeieinsatz und das | |
Gerücht, das Orgateam der Demonstration habe den Redner von der | |
Veranstaltung ausgeschlossen, hätten den Zug jedoch lange aufgehalten, so | |
Koçak. | |
## Koçak: „Polizei wollte sich den Weg freiprügeln“ | |
Durch die Verzögerungen sei eine große Lücke zu den vorderen Teilen der | |
Demo entstanden. Als sich vorne dann herumgesprochen habe, dass es weiter | |
hinten einen Polizeieinsatz gab, sei der vordere Teil umgekehrt – darunter | |
Gruppen mit roten Fahnen. | |
Die Polizei habe sich zwischen den beiden Demo-Hälften wohl eingeengt | |
gefühlt und „wollte sich den Weg freiprügeln“, so Koçak: „Beamte haben… | |
der Faust auf die Leute eingeschlagen.“ Er selbst habe vier stark blutende | |
Menschen mit Platzwunden am Kopf gesehen, ein 65-jähriger Mann habe | |
bewusstlos auf dem Boden gelegen. Trotzdem habe die Polizei den Einsatz von | |
Demo-Sanitäter*innen erschwert und teilweise auch Anwält*innen an ihrer | |
Arbeit gehindert. „Das war eine gewaltvoll umgesetzte Strategie der | |
Polizei“, kritisiert Koçak. | |
## Slowik berichtet von „Angriffen ohne Anlass“ | |
Die Polizei will davon nichts wissen. Laut Berlins Polizeipräsidentin | |
Barbara Slowik gab es „überraschende, plötzliche Angriffe ohne Anlass“ auf | |
die Polizei. Es klingt überaus martialisch, als sie ebenfalls am Montag im | |
Innenausschuss von „Holzlatten und Metallstangen“ spricht, mit denen die | |
Attacken verübt wurden – gemeint sind wohl die Fahnengriffe. | |
21 Polizeikräfte seien verletzt worden, 5 hätten ihren Dienst beenden | |
müssen. Mehrere Personen seien vorläufig festgenommen worden, und es seien | |
Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, Volksverhetzung sowie | |
Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet worden. | |
Innensenatorin Spranger schlug noch schrillere Töne an: Für sie waren die | |
Auseinandersetzungen bei der Gedenkdemo ein Zeichen der „Verrohung der | |
Gesellschaft“. Sie warf Koçak vor, mit Videos auf Social-Media-Plattformen | |
Stimmung gegen die Polizei zu machen, und beklagte wörtlich, Linke und | |
Grüne seien „gegen den Polizeistaat“. | |
15 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Liebknecht-Luxemburg-Demonstration/!5982784 | |
[2] https://twitter.com/der_neukoellner/status/1746500453230157983 | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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