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# taz.de -- Luxemburg-Liebknecht-Demo: Aufforderung zum Klassenkampf
> Zwischen DDR-Nostalgie, Mao-Kult und linker Realpolitik: Die alljährliche
> Luxemburg-Liebknecht-Demo bleibt sich treu.
Bild: Die revolutionären Vorbilder werden alljährlich geehrt
Berlin taz | „Und wer war dieser Liebknecht?“, fragt eine junge Polizistin
ihre Kollegin am Sonntagmittag. Sie durchqueren gerade das rote Fahnenmeer
vor der Gedenkstätte der Sozialisten am Zentralfriedhof Friedrichsfelde.
Die Antwort sollten wohl alle hier Versammelten parat haben – circa 2.400
Menschen sind gekommen, um an die Ermordung der Sozialst*innen und
Antimilitarist*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu erinnern.
Das Gedenken soll mit gegenwärtigen politischen Fragen verbunden werden.
Der Demonstrationszug startet wie jedes Jahr um kurz nach 10 Uhr vom
U-Bahnhof Frankfurter Tor. Die meisten schwenken rote Fahnen und tragen
schwarze Klamotten. Ein Demoblock ist in Blau gekleidet, und an den Ärmeln
sieht man das gelb-schwarze Abzeichen der FDJ. [1][Im letzten Jahr gab es
wegen ebendiesen Symbols auf der LL-Demo Zwischenfälle mit der Polizei]:
Das Tragen des westdeutschen FDJ-Zeichens ist verboten, das ostdeutsche ist
legal.
Das Problem ist nur, dass die beiden Zeichen kaum zu unterscheiden sind.
„Letztes Jahr wurden wir festgenommen, heute ist alles ruhig“, sagt ein
älterer Demonstrationsteilnehmer. Er ist aus Jena angereist und trägt stolz
seine blaue FDJ-Uniform. Der Demoblock ist zwar der kleinste, dafür wird im
Hintergrund fleißig mit Trompeten und Trommeln musiziert: Der alte
Partisanenschlager „Bella Ciao“ und so weiter.
## Zu viel (N)ostalgie?
Musikalisch geht es auf der gesamten Demo zu: Ob die sanften Gitarrensounds
der DDR-Liedermacher oder der Bass des Antifa-Raps – es wird zum
Klassenkampf aufgefordert. Hier und da wird natürlich auch die
„Internationale“ angestimmt. Dazwischen variieren Sprechchöre von „Hoch …
internationale Solidarität“ bis hin zu „Alle Macht dem Proletariat, die BRD
ist nicht unser Staat“. Letzteres ist vor allem im Demoblock des
internationalistischen Kollektivs Berlin zu hören. Dieser wird angeführt
von einem großen Transparent mit der Aufschrift: „Vereinigt euch unter dem
Maoismus“.
Die Veranstaltung ist die übliche bunte Mischung verschiedener linker
Strömungen. Ein Demoteilnehmer von der MLPD kritisiert, dass der Fokus bei
einigen zu sehr auf der Vergangenheit liege: „Während hier viele Lenin und
Co. huldigen, sollten wir lieber nach vorne blicken und Ideen entwickeln,
wie wir den Sozialismus in der Gegenwart umsetzen könnten“, kommentiert er.
Tatsächlich transportieren die zahlreichen sozialistischen Fahnen und
Symbole eine gewisse DDR-Nostalgie. An anderen Stellen werden allerdings
auch aktuelle Themen wie der Berliner Volksentscheid über die Enteignung
großer Wohnungsbaukonzerne thematisiert.
## Rote Fahnen, rote Nelken
Gegen 11.45 Uhr erreichen die Demonstrant*innen dann die Gedenkstätte
der Sozialist*innen. Auf dem Platz vor dem Friedhof sind allerlei
Informationsstände und eine kleine Bühne aufgebaut. Hier und da werden noch
politische Standpunkte ausgetauscht und der sozialistischen Vorbilder
gedacht. Außerdem gibt es zur Belohnung und gegen die Kälte Erbsensuppe,
Bratwurst und Glühwein.
Eine ältere Dame, die die Zeitung Rote Fahne verteilt, ist zufrieden mit
dem Verlauf des Vormittags: „Auch wenn ich mir persönlich beim
Demonstrationsaufruf mehr Fokus auf die sozialistische Revolution gewünscht
hätte, bin ich froh, dass so viele jedes Jahr kommen.“
9 Jan 2022
## LINKS
[1] /Festnahmen-auf-linker-Demo-in-Berlin/!5738922
## AUTOREN
Josua Gerner
## TAGS
Demonstration
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