# taz.de -- Luxemburg-Liebknecht-Demo: Demonstration der Beharrlichkeit | |
> Die Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemo findet trotz Pandemie statt. Doch | |
> normal wird die Veranstaltung dieses Jahr nicht. | |
Bild: Menschen ohne Maske auf der LL-Demo 2018 | |
Sie findet also trotz eskalierender Pandemie statt, die jährliche | |
Gedenkdemonstration anlässlich der Ermordung der Revolutionsführer:innen | |
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch faschistische Freikorps am 15. | |
Januar 1919 in Berlin. Zuvor hatte für Irritationen gesorgt, dass der | |
Landesvorstand der Linken das Gedenken auf dem Friedrichsfelder Friedhof | |
der Sozialisten verschoben hat, zunächst auf den 14. März 2021. Für das | |
Luxemburg-Liebknecht-Bündnis ist das aber kein Grund, auch die Demo | |
abzusagen: „Nach kontroverser Debatte“ habe man sich für eine Durchführung | |
entschieden. | |
Es ist ein emotionsgeladener Termin, der sich durch viele | |
Familiengeschichten zieht. Denn in der DDR war der Trauermarsch offizieller | |
Staatsakt. Das entbehrt nicht einer bitteren Ironie: Vor allem Rosa | |
Luxemburg konnte als Kritikerin des leninistischen Autoritarismus wohl nur | |
als Tote zur Heldin des „real existierenden Sozialismus“ werden. | |
Und so gab es in den vergangenen Jahren auch immer wieder Szenen, bei denen | |
sich demokratische Linke nur die Haare raufen können; von Stalin- und | |
Mao-Verehrungen bis hin zum Auftreten eines selbst ernannten jugendlichen | |
Widerstandes, der stolz verkündete, „alles“ für „Volk, Klasse und Parte… | |
zu geben. | |
All das konnte dem Termin aber nie seine grundsätzliche Symbolkraft nehmen. | |
Denn wie Gregor Gysi vor einigen Jahren in der taz erklärte, waren | |
Luxemburg und Liebknecht nun einmal „zwei Menschen, die für ihre | |
Überzeugung wirklich gekämpft und gestritten haben“ und die dafür dann | |
„hinterrücks ermordet wurden“. Gerade, dass die beiden stets bedingungslos | |
für soziale Gerechtigkeit eingetreten sind, erzeuge deshalb „auch eine | |
moralische Rechtfertigung“. Denn dass „solche Leute an der Seite der Linken | |
standen“, gebe vielen Menschen Sicherheit in ihrer politischen Betätigung, | |
so Gysi. | |
Der Tag ist deshalb stets auch Bezugspunkt für eine Vielzahl linker | |
Gruppierungen geblieben, die gar nicht in die stalinistische Ecke passen – | |
autonome Gruppierungen finden sich hier ebenso wieder wie kurdische | |
Anhänger des demokratischen Konföderalismus. Auch explizite | |
Gegenveranstaltungen fanden in den letzten Jahren statt. | |
Doch in diesem Jahr ist – natürlich – alles anders. Neue Coronamaßnahmen | |
beschränken die Bewegungsfreiheit von Menschen aus Infektionshotspots | |
massiv. Dies geschieht auch, um genau jene Risikogruppe zu schützen, zu der | |
viele der üblichen Teilnehmenden wohl dazugehören. Doch wegen des hohen | |
emotionalen Stellenwerts, den der Tag für viele Menschen besitzt, ist | |
dennoch mit dem Erscheinen von so manchem:r Altkommunist:in zu rechnen. | |
Dies stellt aber den Verdacht in den Raum, dass nach der Absage der Linken | |
gerade die demokratischen Gruppierungen wegbleiben könnten – womit das Feld | |
den DDR-Nostalgiker:innen überlassen wäre. | |
Ferat Kocak, antifaschistischer Aktivist und stellvertretender Sprecher der | |
Linken in Neukölln, teilt diese Befürchtungen nicht. Er werde – trotz der | |
Absage durch seine Partei – an der Demonstration teilnehmen, sagte er auf | |
taz-Nachfrage: Wenn auch „nicht als Linkenpolitiker, sondern als | |
politischer Aktivist“. Dass das Gedenken offiziell abgesagt wurde, hält er | |
dennoch für „ein richtiges Signal“. Es sage aus: „Ihr müsst nicht hinge… | |
Jeder kann das für sich selbst entscheiden.“ Doch so wichtig die | |
Pandemiebekämpfung auch sei; es bleibe richtig, dass „Menschen, die ihre | |
Grundrechte wahrnehmen wollen, auch die Möglichkeit erhalten, das zu tun“, | |
so Kocak. | |
Denn es ist nun einmal ein besonderer Tag für Linke jeglicher Couleur. | |
„Diese Termine sind emotional sehr wichtig für manche Menschen“, so Kocak. | |
Er geht deshalb durchaus davon aus, dass primär der „harte Kern“ erscheinen | |
wird. Doch gleichzeitig besteht die Hoffnung, dass die Gruppierungen | |
Stellvertreter:innen entsenden, statt gesammelt zu erscheinen. Eine | |
stalinistische Verengung befürchtet der Aktivist also nicht: „Ich rechne | |
damit, dass sich gerade viele ältere Menschen gegen eine Teilnahme | |
entscheiden werden. Meine Vermutung ist deshalb eine jüngere Demo, auf der | |
Vertreter:innen verschiedener Gruppen anwesend sein werden.“ | |
Festzustehen scheint dieses Jahr nur eines: Normal wird es nicht, selbst im | |
Vergleich zu den vergangenen Jahren. Übrigens: Wem es wirklich um die Ideen | |
von „Rosa und Karl“ geht, der muss auf keine Demonstration. Denn die | |
Zeitung Junge Welt überträgt am Samstag ganztägig die 26. internationale | |
Rosa-Luxemburg-Konferenz. Das Motto ein Zitat: „Der Sieg der Vernunft kann | |
nur der Sieg der Vernünftigen sein“. Vielleicht macht ja der diesjährige | |
Besuch einer digitalen Veranstaltung den Anfang. | |
9 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Timm Kuehn | |
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