# taz.de -- Filme von Pia Frankenberg: Raum für Ungefügtes und Unfug | |
> Die Schriftstellerin Pia Frankenberg war für kurze Zeit Regisseurin. Bei | |
> ihren improvisierten Filmen sollen die Pointen gar nicht sitzen. | |
Bild: Drei Frauen im Nachwendeberlin: „Nie wieder schlafen“ (1992) von Pia … | |
Auf drei DVDs passen die Spielfilme von Pia Frankenberg, drei lange, ein | |
paar kürzere, wobei man [1][Frankenberg den taz-Leser*innen ja eigentlich | |
nicht vorstellen muss: Seit 2013 erscheint ihre Tagebuch-Kolumne auf der | |
Wahrheit-Seite]. Ihre Karriere als Filmregisseurin allerdings war kurz und | |
liegt lange zurück, 1992 kam „Nie wieder schlafen“ in die Kinos, danach | |
wurde sie Schriftstellerin. | |
Im Debüt „Nicht nichts ohne dich“ von 1986, schwarz-weiß, spielt sie selb… | |
die Hauptrolle, eine Filmemacherin namens Martha. Mit der Ausländerbehörde | |
hat sie zu tun, mit einem Mann fängt sie was an, sprunghaft ist der Film, | |
frei, improvisiert, eine Komödie, wenn man so will, aber eine, die nicht | |
das Bündige sucht, auch nicht unbedingt auf Pointen hinauswill, mit dem | |
Riesenerfolg „Männer“ nur deshalb vergleichbar, weil die Vibes völlig | |
andere sind. | |
Frankenberg bekam den Max-Ophüls-Preis, der Film hatte gute Kritiken, | |
manche verwiesen auf die Nouvelle Vague, so dass es vielleicht nicht weiter | |
verwunderlich war, dass bei [2][„Brennende Betten“ (1988)] dann kein | |
Geringerer als Raoul Coutard, Godards Kameramann bei „Außer Atem“, „Jules | |
und Jim“ etc., die Kamera führte. | |
Der Film setzt ein in London, liest dort seinen männlichen Helden namens | |
Harry Winfield auf, der im Streit die Familie verlässt, mit Pauken und | |
Trompeten beziehungsweise seinem Schlagzeug nach Hamburg zieht, wo er sehr | |
gegen deren Willen mit einer jungen Frau namens Gina in eine gemeinsame | |
Wohnung gerät. | |
Gespielt wird Mr Winfield von Ian Dury, Punk-Pub-Rocker von mittlerem Ruhm, | |
vom Leben zerknittert, nach einer Polio-Erkrankung mit Behinderung, der zu | |
der Zeit aber eine gar nicht so schlechte Nebenkarriere als Schauspieler | |
hat, die ihn in den Neunzigern noch zu kleinen Rollen in Hollywood führte. | |
Harry ist kein einfacher Mann, pyromanisch veranlagt, heftige | |
Japan-Fixierung, in der Wohnung fliegen die Darts. | |
Gina wiederum, erneut von Frankenberg selbst gespielt, arbeitet in einer | |
TÜV-Werkstatt, hat ihren Freund verlassen, reihenweise spazieren nun die | |
Männer, die in der Kürze namenlos bleiben, durch ihr Bett. Harry wirft | |
Darts, Harry macht Krach, Harry zündet was an. Und ja, gegen Ende brennt | |
dann, vom Titel versprochen, wenn auch in der Einzahl, das Bett. | |
## Die Pointen stolpern | |
Wieder eine Komödie, bei der die Pointen nicht sitzen, aber das sollen sie | |
auch nicht, eher sollen sie stolpern, aus dem Nichts auftauchen, zwischen | |
den Szenen ihr Unwesen treiben; ganz bewusst ist Raum für Ungefügtes und | |
Unfug, in Coutards impressionistischen Bildern, in denen immer Luft für die | |
Wirklichkeit bleibt, vor allem aber auch im synkopischen Schnitt von | |
Bettina Böhler. | |
Fast schon zu virtuos eine kurze Sequenz gegen Ende, die zwei Paare im | |
Streit in ein Schuss-Gegenschuss-Konzert orchestriert, das zuletzt zu | |
Klärungen führt. Auf ein Happy End läuft das hinaus, weil es Komödie ist. | |
Zwischendurch Explosionen im See, in einem Kahn sitzt angelnd der | |
Avantgarde-Filmer Klaus Wyborny. | |
„Nie wieder schlafen“ (1992) ist in Berlin kurz nach dem Fall der Mauer | |
gedreht. Aber was heißt hier Fall: Sie steht noch herum, in Trümmern, drei | |
Frauen – Lisa Kreuzer, Gabi Herz und Christiane Carstens – stromern durch | |
die wie aufgebrochene Stadt, auf einer Bootsfahrt mit Hochzeit geht es von | |
der Oberbaumbrücke herein, eine springt später noch in die Spree, | |
Textlaufbänder am Martin-Gropius-Bau, Männer sind wichtig eher am Rande, um | |
Plot geht es fast gar nicht, Judith Kaufmann ist die Kamerafrau, die den | |
drei Frauen folgt und sie und die Stadt und die Stimmung in Bruch und in | |
Umbruch einfängt: Brachen im Bild, ein suchendes Gehen, ein unvermuteter | |
Kuss vor der Nationalgalerie. | |
Wäre spannend gewesen, was nach diesem Film kommt. Spielfilm kam aber | |
keiner mehr. Dafür Romane. Und in der taz die Kolumne. | |
21 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Ekkehard Knörer | |
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