| # taz.de -- Haushaltkrise der Ampel: Ukrainehilfe – Folge einer Notlage? | |
| > Die Ampelkoalition könnte für den Haushalt 2024 eine neue | |
| > Notfall-Begründung beschließen. Absolute rechtliche Sicherheit wird es | |
| > dabei nicht geben. | |
| Bild: Am Abend vor dem Bundeskanzleramt | |
| Freiburg taz | Die SPD ist entschlossen, auch 2024 die Schuldenbremse | |
| auszusetzen, und verhandelt darüber derzeit mit den Ampelpartnern, | |
| insbesondere mit der FDP. Doch schon jetzt droht die CDU/CSU für diesen | |
| Fall mit einer neuen Verfassungsklage. | |
| „Wenn die Koalition den Haushalt 2024 ebenfalls mit Lösen der | |
| Schuldenbremse und Ausrufung eines Notstandes kitten möchte, dann müssten | |
| wir aus meiner Sicht dagegen klagen. Denn das ist evident | |
| verfassungswidrig“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der | |
| CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei. Eine Notlage sei „auf den ersten Blick | |
| nicht ersichtlich, weil alle Gründe, die bisher genannt werden, keine neuen | |
| sind“, ergänzte Fraktionsvize Jens Spahn. | |
| Die SPD hat auf [1][ihrem Parteitag am Wochenende] beschlossen, dass der | |
| Bundestag die Schuldenbremse 2024 für Folgekosten des russischen | |
| Ukrainekriegs aussetzen soll. Es geht dabei insbesondere um Militärhilfe | |
| und humanitäre Hilfe für die Ukraine und die Versorgung von geflüchteten | |
| Ukrainer:innen in Deutschland – insgesamt über 20 Milliarden Euro. Die | |
| SPD hofft, dass sich die FDP dieser Begründung nicht entziehen kann. | |
| Verfassungsrechtlich dürfte klar sein, dass [2][der russische Überfall auf | |
| die Ukraine] eine außergewöhnliche Notsituation erzeugte. Dass der Überfall | |
| bereits 2022 erfolgte, ist kein generelles Hindernis. Das | |
| Bundesverfassungsgericht hat bei Krisen mit länger fortdauernden Folgen | |
| ausdrücklich „jährlich wiederholte“ Notlagen-Feststellungen erlaubt. | |
| Doch die Feststellung einer Notlage allein genügt nicht, der | |
| Neuverschuldungsbedarf muss zudem kausal durch die Notlage veranlasst sein, | |
| auch in der Höhe. Hier fällt auf, dass im Nachtragshaushalt 2023, der am | |
| kommenden Donnerstag beschlossen werden soll, zwar ebenfalls der | |
| Ukrainekrieg als Notlage benannt wird, sich die Ausgaben aber auf den | |
| dadurch ausgelösten Energiepreisschock und die schweren Folgen für | |
| Wirtschaft und Verbraucher:innen bezogen. Dagegen wurden die | |
| Ukrainehilfe und die Flüchtlingskosten 2023 aus dem regulären Haushalt | |
| bezahlt. | |
| ## Wunsch nach verfassungsfesten Haushalt | |
| Dadurch dürfte die Berufung auf diese Kosten für eine Notlage 2024 aber | |
| nicht verwirkt sein. Es ist eben auch eine politische Frage, welche | |
| Ausgaben als außergewöhnlich eingestuft werden, solange verschiedene | |
| Möglichkeiten bestehen. | |
| Für die FDP erklärte am Sonntag Verkehrsminister Volker Wissing, man wolle | |
| einen „zu hundert Prozent verfassungsfesten“ Haushalt 2024 aufstellen. | |
| Absolute Sicherheit ist aber kaum zu gewährleisten, weil das | |
| Bundesverfassungsgericht noch nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der | |
| 2009 eingeführten Schuldenbremse geklärt hat. So ist noch offen, wie lange | |
| die Wirkungen einer Notlage noch zum Überschreiten der Schuldenbremse | |
| berechtigen und ab wann sie zur neuen Normalität gehören. Vermutlich wird | |
| es hier auch keine eindeutigen und verlässlichen Grenzen geben. | |
| Es ist aber unwahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht | |
| Haushaltsausgaben, die durch den russischen Ukrainekrieg veranlasst wurden, | |
| schon zwei Jahre später als haushalterischen Normalfall einstufen würde. | |
| Jedenfalls hofft die SPD, dass die Union nicht gegen die Finanzierung der | |
| Ukrainehilfen klagen wird, weil sie diese ja befürwortet. Die AfD kann | |
| nicht gegen den Haushalt klagen, weil sie weniger als 25 Prozent der | |
| Abgeordneten stellt. | |
| 11 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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