# taz.de -- Klimakonferenz als Zeitmaschine: Die COP ist ein Kinderspiel | |
> Klimakonferenzen sind für fast niemanden angenehm. Aber für unseren Autor | |
> waren sie einige Jahre eine spannende Abwechslung – trotz | |
> Schulhoftyrannen. | |
Bild: Delegierte bei der COP15 in Kopenhagen: „Es gab mal eine Zeit, da habe … | |
Eine [1][UN-Klimakonferenz] ist keine angenehme Sache. Auch und gerade | |
nicht für JournalistInnen. Man schläft kaum, das Essen ist knapp oder | |
schlecht, die Hektik groß, keiner weiß, was gerade passiert, tut aber so, | |
als wüsste er’s. Dazu kommt: Man muss ans andere Ende der Welt, sieht aber | |
von diesem Ende nur die immer gleichen Konferenzzentren. Und dafür wird man | |
dann in die [2][Wüste geschickt]. | |
Aber ich gestehe: Es gab mal eine Zeit, da habe ich mich auf die COPs | |
richtig gefreut. Das war die ferne Vergangenheit (unsere Kinder sagen dazu: | |
„Damals, als die Gummistiefel noch aus Holz waren“), als ebendiese Kinder | |
noch klein waren. Ich war viel zu Hause, habe immer wieder mit Begeisterung | |
das erholsame Berufsleben gegen die aufreibende Care-Arbeit getauscht, | |
Windeln gewechselt, Zucchini-Kartoffelbrei gekocht und Wutanfälle | |
ausgehalten. So viele Abenteuer habe ich nie wieder erlebt. | |
Aber dann, alle Jahre wieder: COP. Eine oder zwei Wochen konnte/musste ich | |
weg und mich 24/7 auf die Arbeit konzentrieren. Mit erwachsenen Menschen | |
reden. Fakten recherchieren. Studien lesen. Nächtelang über die Rettung der | |
Welt diskutieren. Kein Geschrei, dass die Legosteine wieder nicht passen. | |
Schluss mit „ich muss Pipi“ und „ich will Pippi Langstrumpf auf Kassette | |
hören“. Kein genervtes Schlichten, wenn das Kuchenstück von Jonas zwei | |
Millimeter kleiner war als das von Tina. Kein An- und Ausziehen von | |
Schneeanzügen und nassen Socken. Keine Notfallbesuche mit röchelnden | |
Kindern beim Lungenspezialisten. Keine Läuseattacken abwehren. | |
Nein, ich kümmerte mich ganz ernsthaft um Klimapolitik. Las die Gutachten, | |
lernte die Menschen kennen. Redete mit SpezialistInnen, LobbyistInnen, | |
EntscheiderInnen. Verbrachte endlose Tage und Nächte in Konferenzsälen und | |
Pressezentren. Ich verfolgte die Verhandlungen, verstand, worum es geht, | |
verzweifelte über die geringen Fortschritte. | |
Und langsam dämmerte mir: Auch hier bei all den hochtrabenden Delegationen | |
und wichtigen PolitikerInnen gibt es Geschrei, weil jemandem die Bausteine | |
für den Klimaschutz nicht passen. Auch auf den COPs wollen alle recht | |
haben, weil sie das schon immer so gesagt haben – egal, ob dann alle | |
darunter leiden. Wehe, das Stück vom Kuchen ist ein paar Millionen | |
geringer als beim Nachbarn, auch wenn es dem schlechter geht. | |
Auch hier gibt es die Schulhoftyrannen, die alle nach ihrer Pfeife tanzen | |
lassen wollen. Es gibt die Streber, die es immer allen recht machen müssen. | |
Es gibt eine hilflose Kitaleitung (die UNO), die sich nicht mal zu einem | |
ordentlichen Streik durchringt. Und einen überforderten Tagesvater (den | |
COP-Präsidenten), der versuchen muss, 198 widerspenstige Bälger dazu zu | |
bringen, beim Ausflug in den Zoo nicht dauernd aus der Reihe zu tanzen. Und | |
dabei immer nett zu lächeln hat. | |
Seitdem fahre ich versöhnt auf die [3][COP]. Sie ist eine Zeitmaschine: Sie | |
erinnert mich daran, wie aufregend das Leben als | |
Vermittler/Suppenkoch/Animateur sein kann. Und an diesen weisen Buchtitel | |
von Robert Fulghum: „Alles, was ich je wirklich wissen musste, habe ich im | |
Kindergarten gelernt“. | |
2 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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