# taz.de -- Die Kurzfilmtage und Israel: Hysterie und Solidarität | |
> Der Leiter der Kurzfilmtage Oberhausen wird für einen Facebook-Post zu | |
> Israel angefeindet. Support bekommt er aus der deutschen Filmbranche. | |
Bild: „Kommt alle! Bitte!“: Lars Henrik Gass, Leiter der Kurzfilmtage Oberh… | |
Jetzt hat auch die „internationale Filmgemeinde“ ihren Skandal zu Israel. | |
Zumindest wenn es nach den Verfassern eines [1][offenen Briefs im Internet | |
geht, die sich an die „international film community“ wenden], um auf ein | |
Statement zu reagieren, das der Leiter der Kurzfilmtage Oberhausen, Lars | |
Henrik Gass, am [2][20. Oktober auf der Facebook-Seite des Festivals | |
gepostet] hat. Darin rief er zur Teilnahme an der Veranstaltung des | |
Zentralrats der Juden am 22. Oktober in Berlin auf, verbunden mit dem | |
Wunsch, ein starkes Zeichen zu setzen: „Zeigt der Welt, dass die Neuköllner | |
Hamasfreunde und Judenhasser in der Minderheit sind. Kommt alle! Bitte!“ | |
Die Autoren des offenen Briefs werfen Gass eine Sprache vor, die dazu | |
diene, „Palästinenser zu entmenschlichen und zu stigmatisieren“. Er habe | |
zudem das Festival als Plattform missbraucht, um „jede Person zu | |
dämonisieren, die sich mit der palästinensischen Befreiung“ solidarisiert. | |
Sie fordern das Personal auf, „die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, | |
um für die Zukunft eine verantwortliche Führung zu garantieren“. | |
Bis zum 7. November unterzeichneten gut 1.800 Menschen. Bekannte Namen | |
finden sich wenige, darunter der französische Regisseur Yann Gonzalez, | |
seine belgische Kollegin Fien Troch und die Schauspielerin Susanne Sachsse. | |
Die drastische Wortwahl des Briefs schießt deutlich übers Ziel hinaus. Denn | |
Gass hat in seinem Aufruf weder Palästinenser pauschal stigmatisiert noch | |
„jede Person“, die sich mit den Palästinensern solidarisch zeigt, | |
dämonisiert. Er wendet sich vielmehr gegen eine Gruppe, „die Neuköllner | |
Hamasfreunde und Judenhasser“, was man mit wohlwollender Hermeneutik so | |
verstehen kann, dass diejenigen Menschen gemeint sind, die sich in Neukölln | |
etwa nach dem 7. Oktober mit Feiern auf offener Straße zu erkennen gegeben | |
haben. | |
## Protest gegen Einschüchterungskampagnen | |
Als Reaktion auf den Brief hat [3][Gass inzwischen eine Erklärung auf der | |
Seite der Kurzfilmtage] veröffentlicht, in der er die Vorwürfe gegen ihn | |
zurückweist und entstandene Missverständnisse bedauert: „Meine Absicht war | |
nicht, die palästinensische Bevölkerung pauschal zu stigmatisieren, weder | |
in Deutschland noch darüber hinaus.“ | |
Um die Verhältnisse etwas zurechtzurücken, erschien am Donnerstag nun ein | |
[4][offener Brief von 250 deutschen Filmemachern], der sich für | |
„Solidarität mit Israel, mit Jüdinnen und Juden in der Welt“ und „gegen | |
Antisemitismus, Judenhass und Relativierung von Verbrechen“ ausspricht. Er | |
erwähnt auch die Angriffe und „Relativierungs- oder | |
Einschüchterungskampagnen“, die es jüngst gegen Filmemacher und | |
„Filminstitutionen und ihre Mitarbeiter“ gegeben habe. | |
Zu den prominenten Unterzeichnern zählen die Regisseure Doris Dörrie, | |
Dominik Graf, Christoph Hochhäusler, Dany Levy und Rosa von Praunheim, | |
zahlreiche namhafte Schauspieler wie Meret Becker oder Hanns Zischler sind | |
gleichfalls vertreten. | |
11 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://internationalfilmcommunity.noblogs.org/ | |
[2] https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=pfbid02fXuM6JJci6BRLPjb6UjaM4vv… | |
[3] https://www.kurzfilmtage.de/de/presse/detail/stellungnahme-zur-kritik-am-fb… | |
[4] https://www.artechock.de/film/text/artikel/2023/11_09_gegen_antisemitismus.… | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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