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# taz.de -- Fluchtmigration und Beschäftigung: Geflüchtete schneller in Arbeit
> Das Kabinett will die Arbeitsaufnahme von „Geduldeten“ erleichtern. Die
> Grünen Lang und Kretschmann fordern weniger Flüchtlinge.
Bild: Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und Heimat, am Mittwoch in Berl…
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch mehrere [1][Gesetzentwürfe] zum Thema
Flucht und Migration beschlossen. Die Entwürfe sehen einen verbesserten
Datenaustausch über das Ausländerzentralregister (AZR) vor und verschärfte
Strafen für Schleuser. Außerdem wurden Neuerungen beschlossen, die
Asylsuchenden und Geduldeten einen früheren und leichteren Zugang zum
Arbeitsmarkt ermöglichen.
„Wir haben heute ein weiteres bedeutendes Gesetzespaket auf den Weg
gebracht“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Wir wollen
die beruflichen Potenziale und Qualifikationen von den Menschen, die schon
in Deutschland leben, bestmöglich nutzen. Dafür müssen wir sie
schnellstmöglich in Arbeit bringen.“
Das Gesetz sehe aber klare Ausnahmen vor, so Faeser: Wer aus einem sicheren
Herkunftsland komme oder seine Identitätsklärung verweigere, dürfe
weiterhin nicht arbeiten. Die Änderungen sind an das Gesetz zu verschärften
Abschieberegeln angedockt, das in der vergangenen Woche vom Kabinett
beschlossen wurde.
Die Erleichterungen der Arbeitsaufnahme betreffen vor allem
Asylbewerber:innen mit einer „Duldung“, also Menschen, die keine
Anerkennung als Flüchtling haben, aber dennoch vorübergehend in Deutschland
bleiben dürfen, weil sie aus den verschiedensten Gründen nicht abgeschoben
werden können.
## Ermessensspielraum verkleinert
Diesen geduldeten Flüchtlingen „soll“ die Ausländerbehörde künftig eine
Arbeitserlaubnis erteilen, wenn eine Abschiebung nicht unmittelbar
bevorsteht, so der Gesetzentwurf. Bisher gab es dazu nur eine
„kann“-Bestimmung, die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis fiel also in
das Ermessen der Ausländerbehörden.
Seit 2020 können Geduldete, die mindestens 18 Monate in Deutschland
gearbeitet haben und sich selbst finanzieren, eine längerfristige
sogenannte Beschäftigungsduldung erhalten. Mit dem neuen Gesetz wird dieser
erforderliche Zeitraum der Vorbeschäftigung für eine solche
Beschäftigungsduldung nun von 18 auf 12 Monate verkürzt. Außerdem reicht
es, wenn die regelmäßige Arbeitszeit mindestens 20 Wochenstunden und nicht
wie bisher 36 Wochenstunden beträgt. Die Geduldeten müssen in der Lage
sein, den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Die Beschäftigungsduldung ist befristet, nach deren Ablauf können die
Betroffenen, wenn sie weiterhin in Arbeit sind, unter Umständen eine
Aufenthaltserlaubnis beantragen und ihren Aufenthaltsstatus damit sichern.
## Selbstfinanzierung ist hohe Hürde
Von der Beschäftigungsduldung wurde bisher eher wenig Gebrauch gemacht,
auch weil die Hürde, sich selbst ohne Sozialleistungen zu finanzieren,
relativ hoch ist. Mitte 2023 hatten 3.382 Personen einschließlich
Familienangehörigen eine Beschäftigungsduldung.
Darüber hinaus gibt es noch Ausbildungsduldungen und Duldungen für
Beschäftigte nach diesen Ausbildungen, insgesamt handelt es sich dabei um
16.000 Personen, so die Zahlen des [2][Mediendienstes Integration.] Derzeit
zählt die Statistik rund 155.000 geduldete abgelehnte Asylbewerber:innen.
Eine weitere Neuerung im am Mittwoch beschlossenen Gesetz sieht vor, dass
Asylbewerber:innen in Erstaufnahmeeinrichtungen – also in der Regel
während des laufenden Asylverfahrens – künftig bereits nach sechs statt
nach neun Monaten arbeiten dürfen. Allerdings braucht es Zeit, damit
Geflüchtete in den hiesigen Arbeitsmarkt finden. Nach Erhebungen des
Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung [3][(IAB)] haben
7 Prozent der Geflüchteten nach einem Jahr einen Job, aber 54 Prozent nach
sechs Jahren.
## Grüne über „Rückführung“
Der erleichterte Arbeitsmarktzugang ist Teil des Gesetzespakets, mit dem
Abschiebungen verschärft werden sollen. Im Zusammenhang damit erregte ein
Gastbeitrag der Grünen-Politiker Ricarda Lang und Winfried Kretschmann im
Tagesspiegel am Mittwoch Aufsehen: Lang und Kretschmann forderten in dem
Beitrag, die Zahl der ankommenden Geflüchteten müsse „sinken“. „Wenn die
Kapazitäten – wie jetzt – an ihre Grenzen stoßen, müssen auch die Zahlen
sinken“, schrieben die Parteivorsitzende Lang und der
baden-württembergische Ministerpräsident in dem Beitrag. „Steuerung und
Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland
dazu“, hieß es weiter.
1 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2023/11/gesetzespa…
[2] https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/duldung.html
[3] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&…
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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