# taz.de -- Zelte für Geflüchtete in Hamburg: Hoffen auf einen milden Winter | |
> Hamburg bringt Geflüchtete in Zelten unter, obwohl die Stadt auf solche | |
> Unterkünfte diesen Winter verzichten wollte. Was ist mit den | |
> Mindeststandards? | |
Bild: Kann nur ein Provisorium sein: Zeltunterbringung für Geflüchtete, hier … | |
HAMBURG taz | Das sollte es in diesem Winter in Hamburg nicht geben: | |
Geflüchtete, die in Zelten schlafen. Noch vor Kurzem hatte die zuständige | |
Sozialbehörde das ausgeschlossen. Nun stehen in den Notunterkünften in den | |
Stadtteilen Harburg und Bahrenfeld doch Zelte, in denen derzeit jeweils bis | |
zu zwölf Menschen in Stockbetten schlafen. | |
Es gebe keine anderweitigen Kapazitäten, so die Behörde. Und: Es sei auch | |
nicht auszuschließen, dass weitere Zeltunterkünfte in den kommenden Wochen | |
errichtet werden. Der Flüchtlingsrat und die Linksfraktion kritisieren das | |
jedoch, weil in Zeltunterkünften oft Mindeststandards nicht eingehalten | |
würden. | |
Dabei hatte die Stadt erst vor wenigen Wochen eine Messehalle kurzfristig | |
angemietet, um dort bis zu 470 Geflüchtete unterzubringen – wie auch schon | |
mehrfach in den vergangenen Jahren. Doch auch dieses Jahr reicht das erneut | |
nicht: Derzeit kommen monatlich rund 2.000 Geflüchtete in der Stadt an, für | |
die meisten von ihnen muss die Sozialbehörde [1][eine Unterkunft finden]. | |
Aktuell liege die Auslastung in den städtischen Unterkünften bei etwa 97 | |
Prozent, sagte eine Sprecherin der Sozialbehörde kürzlich. „Wir arbeiten | |
jeden Tag daran, das Ende dieser Kapazitäten weiter nach hinten zu | |
verschieben und ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um Geflüchtete | |
überhaupt noch unterbringen zu können.“ | |
Dabei ist aber fraglich, ob Hamburg in den Zeltunterkünften | |
Mindeststandards, die das Bundesfamilienministerium im [2][Schutzkonzept | |
von Flüchtlingsunterkünften] vorgibt, einhalten kann. So sind etwa | |
getrennte Unterkünfte von Männern und Frauen vorgegeben – schon im | |
vergangenen Winter konnte Hamburg in den Zeltunterkünften diese Vorgabe | |
nicht immer einhalten. Da mussten Familien ein Zelt teilen, die sich vorher | |
gar nicht kannten; Frauen und Kinder mit ihnen unbekannten Männern leben. | |
Die Sozialbehörde betont, dass geforderte Mindeststandards in den Zelten in | |
diesem Jahr eingehalten würden. Gleichwohl sei diese Unterbringung | |
allerdings das letzte Mittel. | |
Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken in der | |
Bürgerschaft, hält dennoch nichts von dieser Notunterbringung. „Die | |
Unterkünfte sind sehr eng und die Standards nicht ausreichend“, sagt sie. | |
Schon [3][der vergangene Winter] habe gezeigt, dass diese Form der | |
Unterbringung inakzeptabel sei – da seien Heizungen ausgefallen, | |
Sanitäranlagen ohnehin nur mit einem Gang durch die Kälte zu erreichen. | |
Dass die Stadt aus diesen Erfahrungen nicht gelernt und sich vorausschauend | |
ausreichend Kapazitäten gesichert habe, versteht sie nicht. Diese Forderung | |
betont auch der Flüchtlingsrat Hamburg. „Es gibt genügend leerstehende | |
Gebäude in der Stadt, die weitaus mehr Sicherheit für die Geflüchteten | |
garantieren können als eine Zeltwand“, sagt Madeleine Does vom | |
Flüchtlingsrat Hamburg. Auch Manfred Ossenbeck, Sprecher des Bündnisses | |
Hamburger Flüchtlingsinitiativen, teilt diese Einschätzung. Die bislang | |
erworbenen Immobilien, etwa ein Hochhaus im Stadtteil Barmbek oder die | |
frühere Postbank-Zentrale in der City Nord, seien noch schlicht zu wenige, | |
um den Bedarf zu decken. | |
Nach Ansicht der Linksfraktion gebe es allerdings eine Lösung: So müsse die | |
Stadt die sogenannte [4][Wohnverpflichtung in der Erstaufnahmeeinrichtung] | |
für Geflüchtete nur aussetzen. Ohne dortige Wohnverpflichtung könnten | |
Geflüchtete auch sofort bei Privatpersonen unterkommen und damit Platz für | |
andere Geflüchtete in den Unterkünften machen. In Berlin hatte das der | |
frühere rot-rot-grüne Senat Anfang dieses Jahres bereits in Reaktion auf | |
überfüllte Erstaufnahmeunterkünfte beschlossen. Solche Ansätze hätten | |
ausgeschöpft werden müssen, bevor Menschen im Winter in Zelten | |
untergebracht werden müssen, sagt Ensslen. | |
1 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Unterkuenfte-fuer-Gefluechtete-in-Hamburg/!5923594 | |
[2] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/engagement-und-gesellschaft/fluechtling… | |
[3] /Zustrom-erwartet/!5881930 | |
[4] /Wohnpflicht-fuer-Gefluechtete/!5940232 | |
## AUTOREN | |
Hellen Kachler | |
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