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# taz.de -- Grüne Kritik an Aussagen von Scholz: „Eines Kanzlers unwürdig“
> Olaf Scholz spricht im „Spiegel“ von Abschiebungen „im großen Stil“.
> Teile der Grünen kritisieren dies scharf, allen voran ihre
> Jugendorganisation.
Bild: Sarah-Lee Heinrich und Timon Dzienus: Die Führungsriege der Grünen Juge…
Leipzig taz | Innerhalb der Grünen nimmt die Kritik an der Asylpolitik der
Ampelregierung zu. Ein Interview von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit
dem Spiegel hat jetzt zu besonderem Unmut geführt. „Wir müssen endlich
[1][in großem Stil abschieben“, sagt Scholz] darin. Er spricht zwar von
einem „Bündel von Maßnahmen“, keine der genannten ist neu. Doch Scholz' T…
ist hart. Und der Spiegel hat das Abschiebe-Zitat mit dem Konterfei des
Kanzlers auf den Titel gepackt.
Innerhalb der Grünen Jugend ist das Entsetzen besonders groß. Die
Nachwuchsorganisation trifft sich an diesem Wochenende zu ihrem
Bundeskongress in Leipzig. „Sorry, da krieg ich das Kotzen. Für einen
sozialdemokratischen Kanzler ist das echt unwürdig“, sagte Timon Dzienus,
einer der beiden Noch-Vorsitzenden des Verbands, in der Eröffnungsrede am
Freitagabend. Seine Co-Sprecherin Sarah-Lee Heinrich kritisierte, die Ampel
setze „AfD-Politik light“ in der Migrationspolitik um. Am Samstagabend
wählt die Grüne Jugend ihren Vorstand neu, nach zwei Jahren im Amt dürfen
Heinrich und Dzienus nicht mehr antreten.
Die Kritik geht aber weit über die Grüne Jugend hinaus. „30 Jahre nach 1993
sollten wir doch gelernt haben, dass Abschotten, Abschrecken und Abschieben
keine Migrationspolitik ist, sondern ein Konjunkturprogramm für Rassismus
und Rechtsradikale …“, kommentiert etwa [2][Jürgen Trittin,
außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, den Spiegel-Titel auf X],
früher Twitter. 1993 wurde das Asylrecht durch eine Grundgesetzänderung
massiv eingeschränkt, es gab eine Vielzahl rassistischer Angriffe. Beim
Brandanschlag in Solingen starben fünf Mitglieder der Familie Genç
„Es ist eines Kanzlers unwürdig, solche Scheinlösungen zu propagieren, die
nicht nur politisch, sondern auch in der Realität nicht durchsetzbar sind“,
so die grüne Bundestagsabgeordnete Karo Otte gegenüber der taz. „Wo will er
denn hin abschieben? Und wen?“ Die Probleme in den Kommunen könnten dagegen
real gelöst werden, aber von solchen Lösungen gebe es keine Spur.
Die Bundestagsabgeordnete Misbah Khan nennt die Scholz-Äußerung einen
„Brandbeschleuniger“: „Ich erwarte von meinem Kanzler, dass er sein Land
eint und nicht weiter spaltet“, so Khan. „Wir brauchen einen Bundeskanzler,
der der Bevölkerung in Krisen Orientierung bietet und Probleme ehrlich
angeht“, [3][twittert auch Jamila Schäfer], die für die Grünen aus München
direkt gewählt im Bundestag sitzt. Stattdessen suggeriere Scholz, dass die
Lösung bei Abschiebungen läge. „Das ist verantwortungslos.“
„Wer wider besseren Wissens suggeriert, dass die wesentliche Lösung bei den
migrationspolitischen Herausforderungen in Abschiebungen liegt, macht sich
zum Steigbügelhalter der Demokratiefeinde“, [4][schreibt der
Migrationsexperte Erik Marquardt], der für die Grünen im Europa-Parlament
sitzt, auf X. „Wer Populisten das Wort redet, ist kein guter Kanzler“,
twitterte der Europaabgeordnete Rasmus Andresen. In den sozialen Netzwerken
finden sich noch zahlreiche weitere Äußerungen dieser Art, sie kommen fast
ausschließlich von linken Grünen.
Auf dem Bundeskongress der Grünen Jugend in Leipzig steht das Thema am
Samstagnachmittag auf der Tagesordnung. Bei Parteitag der Grünen Ende
November in Karlsruhe ist eine Debatte bislang nicht vorgesehen. Aus der
Partei aber ist zu hören, dass man um das Thema wohl nicht herumkommen
wird. Es könnte turbulent werden.
21 Oct 2023
## LINKS
[1] /Fluechtlingsgipfel-im-Kanzleramt/!5933919
[2] https://twitter.com/JTrittin/status/1715398198968070530
[3] https://twitter.com/jamila_anna/status/1715410627080896979
[4] https://twitter.com/ErikMarquardt/status/1715356137065734434
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Migration
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Olaf Scholz
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