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# taz.de -- Angebot für Sportvereine: Meldebutton gegen den Hass
> Antisemitismus ist auch im Breiten- und Spitzensport Alltag. Ein neues
> Angebot soll es nun Opfern und Zeugen erleichtern, Vorfälle zu melden.
Bild: Gegen Antisemitismus: Die Mannschaften von Werder Bremen und Borussia Dor…
Berlin taz | Benjamin Steinitz hat erschreckende Zahlen mit nach Dortmund
gebracht. „Zwischen dem 7. und 15. Oktober sind uns 202 antisemitische
Vorfälle bekannt geworden. Das sind 240 Prozent mehr als im
Vorjahreszeitraum“, sagte der Geschäftsführer der „Recherche- und
Informationsstelle Antisemitismus“, kurz [1][Rias], bei einer
Pressekonferenz im Medienzentrum von Borussia Dortmund am Montagvormittag.
Der Bundesligaklub fungierte als Gastgeber einer Veranstaltung, zu der Rias
mit dem jüdischen Turn- und Sportverband [2][Makkabi Deutschland] geladen
hatte. Auf dem Podium neben Steinitz saßen Verbandspräsident Alon Meyer,
Luis Engelhardt vom Makkabi-Projekt „Zusammen1“, das sich der
Antisemitismusprävention verschrieben hat, und Sabena Donath vom Zentralrat
der Juden. Sie alle erklärten die Notwendigkeit für den Anlass der
Pressekonferenz: ein neuer Meldebutton für antisemitische Vorfälle im
Sport.
Einen direkten Zusammenhang mit dem [3][Angriff auf Israel] gibt es nicht,
Rias bestätigt, dass die Planungen schon seit über einem Jahr laufen. Und
doch wirkt das Projekt dieser Tage umso dringlicher. Den Button sollen
Sportvereine künftig auf ihrer Website integrieren können. Die Idee, das
wird deutlich, ist nicht, möglichst viele Täter möglichst hart zu
bestrafen, sondern Opfern und Zeugen antisemitischer Übergriffe ein
niedrigschwelliges Angebot zum Melden zu bieten.
Dass der Profi- wie Amateursport ein Problem mit Antisemitismus hat, ist
unbestritten. Besonders häufig ist der Fußballplatz Ort von
judenfeindlichen Übergriffen. Vor rund sieben Monaten etwa sollen BVB-Fans
beim Revierderby antisemitische Rufe im Block skandiert haben. Mit „Ihr
Juden“ seien Schalker Mannschaft und Fans beschimpft worden, hatte Rias NRW
damals berichtet, anschließend nahm auch der Staatsschutz Ermittlungen auf.
## Makkabi-Mitglieder haben Angst
Und bei Makkabi, wo über 5.000 Menschen organisiert sind, hätten Mitglieder
in allen 40 Ortsvereinen momentan „Angst, Sport zu treiben“, so Präsident
Alon Meyer. Der Alltag bei Makkabi ist [4][von Hass begleitet], 2021 gaben
39 Prozent der Mitglieder an, mindestens einmal von einem antisemitischen
Vorfall betroffen gewesen zu sein, bei den Fußballern sogar 68 Prozent.
„Wir müssen Wissen über [5][Antisemitismus] und die Substanz des Wissens
verbessern“, sagte Luis Engelhardt von Zusammen1 in Dortmund. Viele Akteure
im Sport wüssten oft gar nicht, wann Beschimpfungen oder Erzählungen
antisemitisch seien. „Mit dem Meldebutton wollen wir eine Schnittstelle
zwischen dem Sport und der Bildungsarbeit schaffen und das Dunkelfeld
erhellen.“ Zudem, erläuterte Rias-Vorstand Benjamin Steinitz, sollen „die
durch den Button erhobenen Daten anonymisiert und zu Forschungszwecken
genutzt werden“.
Dass man sich bei der Erfassung dieser Vorfälle nicht auf Polizei und Co.
verlassen möchte, dürfte auch mit dem „Totalausfall der
Strafverfolgungsbehörden“ zusammenhängen, den Steinitz etwa in Thüringen
beobachtet hat. Dort wurde die antisemitische Beschimpfung „Juden Jena“
gegen Fans des FC Carl Zeiss Jena als „szenetypischer Fanbegriff“ (Polizei)
und „allgemeine politische Aussage“ (Generalstaatsanwaltschaft) bewertet.
Solche Fälle würden die ohnehin geringe Anzeigebereitschaft von Menschen,
die Antisemitismus erfahren, weiter verschlechtern, so Steinitz.
Eine allgemeine Meldestelle für antisemitische Vorfälle gibt es bereits
seit über acht Jahren. Auch damals, im Juli 2015, hatte Rias mit Makkabi
zusammengearbeitet. Anlass waren die European Maccabi Games in Berlin. Der
neue Meldebutton soll nun speziell die Erfassung von Übergriffen im
organisierten Sport verbessern.
Namen wolle er noch keine verraten, sagte Luis Engelhardt von Zusammen1,
„aber wir haben schon einige prominente Vereine und Verbände mit an Bord
und sind zuversichtlich, dass wir eine sehr breite Wirkung erzielen
werden.“
31 Oct 2023
## LINKS
[1] https://report-antisemitism.de/
[2] /Juedischer-Turn--und-Sportverband-Makkabi/!5963279
[3] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!5969143
[4] /Judenhass-im-Jugendfussball/!5895082
[5] /Antisemitismus/!t5007709
## AUTOREN
David Kulessa
## TAGS
Antisemitismus
Fußball
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Premier League
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Judenverfolgung
Israel
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