| # taz.de -- taz-Sonderausgabe zu Utopie: Fuck the Dystopie | |
| > Es kann eigentlich nur schlimmer werden, denken viele. Das stimmt nicht. | |
| > Um handlungsfähig zu werden, müssen wir an eine utopische Zukunft | |
| > glauben. | |
| Bild: Fuck it – die Aussichten sind düster, aber es ist unsere Zukunft und d… | |
| Wir sind jung. [1][Und wir haben Angst.] Meine Generation steht vor einer | |
| Klimakrise, unsere Lebensgrundlagen verschwinden, Hass, Kriege und | |
| Rechtsruck bedrohen unser Zusammenleben. Die Generationen vor uns, das seid | |
| unter anderem ihr Gen Xler und Boomer, haben mit ihrem Hunger nach Wachstum | |
| unsere Welt zerstört. Ihr habt die Grundlage für den gesellschaftlichen | |
| Zerfall und den Rechtsruck gelegt. Und nicht nur das, ihr habt uns auch die | |
| Hoffnung genommen: Eine schlechte Zukunft scheint alternativlos. | |
| Die Welt ist ein Horrorhaus, das habt ihr uns früh beigebracht. In den | |
| Jahren, in denen wir aufgewachsen sind, habt ihr eine Popkultur geschaffen, | |
| die nur negative Zukünfte zeigt. „Wall-E“, „Matrix“, „Avatar“, „… | |
| Runner“, „Tribute von Panem“ – sie alle bilden eine Zukunft ab, in der … | |
| Natur zerstört wird und Kapitalismus oder Technik die Herrschaft über die | |
| Welt an sich gerissen haben. Und das in viel schlimmerer Form als in der | |
| Gegenwart. | |
| Ihr habt zwar auch Superheld*innen geschaffen wie Spiderman, Batman und | |
| Wonder Woman, mit denen wir uns identifizieren sollen. Doch auch sie leben | |
| in Welten, die voller Gewalt sind. Was bei uns ankommt: Die Zukunft kann | |
| nur schlechter werden, deshalb seid froh über das, was ihr habt, und | |
| beschwert euch nicht so viel. | |
| Was ihr uns nie gegeben habt, sind Perspektiven auf eine bessere Welt. | |
| Umweltschutz? Schadet der Wirtschaft. Soziale Gerechtigkeit? Zu teuer. | |
| Kommunismus? Hatten wir doch schon, funktioniert nicht. Anarchismus? Wirst | |
| du jetzt radikal, oder was?! | |
| So habt ihr eine Generation herangezogen, die darauf gepolt ist, einen | |
| Kampf gegen diese Zukunft zu führen. Es stimmt, Angst ist wichtig, um die | |
| Dringlichkeit zu verstehen. Denn wir brauchen Aktivist:innen, die sich | |
| gegen die Räumung von Dörfern einsetzen. Wir brauchen Angstgefühle im | |
| Angesicht der Krisen, damit wir schneller handeln. Wir brauchen auch eine | |
| Berichterstattung, die uns zeigt, wie schlecht es der Welt geht, damit wir | |
| Mitgefühl entwickeln können. | |
| Doch der Kampf gegen den Status quo allein reicht nicht mehr aus, es | |
| braucht auch [2][einen Kampf für e]twas. Man kann nichts abschaffen, wenn | |
| es keine Ideen gibt, wie man es ersetzen kann. Solange wir keine | |
| Vorstellung davon haben, wie toll die Zukunft sein könnte, bleiben wir | |
| handlungsunfähig. | |
| ## Von Selbstwertgefühl zum Gemeinschaftswertgefühl | |
| Wir brauchen deshalb Ideen und [3][Vorstellungen für die Zukunft]. Manche | |
| von ihnen dürfen völlig unrealistisch und voller Fantasie sein. Das ist | |
| Teil des kollektiven Brainstormings. Radikale Ideen und Umbrüche gehören zu | |
| unserer gesellschaftlichen Weiterentwicklung dazu. | |
| Neuseeland führte 1902 als erstes Land das Frauenwahlrecht ein. Die USA | |
| schafften 1865 die Sklaverei ab. Es wird wieder Zeit für große Umbrüche, | |
| die uns voranbringen. Die Veränderung kann bei uns selbst anfangen. Unser | |
| erschöpftes Selbstwertgefühl hing bisher davon ab, wie viel wir | |
| produzieren, wie schnell wir funktionieren und wie weit wir uns steigern. | |
| Wir brauchen neue Ziele: wie gut wir im Einklang mit der Natur leben und | |
| wie liebevoll wir miteinander umgehen zum Beispiel. Statt Selbstwertgefühl | |
| brauchen wir ein Gemeinschaftswertgefühl. | |
| Wir dürfen von uns selbst und anderen Menschen nicht mehr verlangen, dass | |
| sie sich an ein ungerechtes System, den Kapitalismus, anpassen. Stattdessen | |
| müssen wir das System verändern, damit es zu den Menschen passt und uns | |
| nicht mehr kollektiv bricht. Denn ökologische Nachhaltigkeit kann nur | |
| gelingen, wenn wir uns auch sozial verändern. | |
| Wie das alles funktionieren kann? Dazu haben wir recherchiert. [4][Junge | |
| Autor:innen haben sich auf die Suche nach Utopien gemacht]: Manche von | |
| ihnen gibt es schon im Kleinen, Lokalen, andere existieren in unseren | |
| Köpfen und warten auf ihre Umsetzung. Wir schauen dorthin, wo Menschen | |
| [5][ihre eigene kleine Anarchie] bauen. Wir begeben uns in einen | |
| [6][utopischen Garten, in dem eine liebevolle Nachbarschaft] entsteht. Wir | |
| erforschen, wie wir mit [7][Gewalt in Gruppen besser umgehen können]. Wir | |
| suchen nach Alternativen zu den antiquierten Erwartungen, die [8][noch | |
| immer an Männer gestellt werden]. Lasst euch inspirieren. Unsere Zukunft | |
| gestalten wir. | |
| 26 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alexandra Hilpert | |
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