| # taz.de -- CDU gewinnt Landtagswahl in Hessen: Boris Rhein hat die Wahl | |
| > Doch kein Dreikampf in Hessen: CDU-Mann Rhein gewinnt mit einem | |
| > unerwartet guten Ergebnis. Die SPD stürzt ab. Bleibt Nancy Faeser | |
| > Innenministerin? | |
| Bild: Boris Rhein: Mehr als begeistert vom Wahlergebnis der CDU in Hessen | |
| Wiesbaden taz | Er ist der strahlende Sieger: Ministerpräsident Boris Rhein | |
| und seine CDU gewinnen mit deutlichem Abstand die Hessen-Wahl. Fast 35 | |
| Prozent holte seine Partei am Sonntag. SPD-Spitzenkandidatin und | |
| Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie Grünen-Spitzenkandidat Tarek | |
| Al-Wazir, die beide ebenfalls MinisterpräsidentIn werden wollten, landeten | |
| mit je rund 15 Prozent deutlich dahinter. „Es ist ein unfassbar großer Tag | |
| für die hessische CDU. Die BürgerInnen und Bürger haben der CDU einen | |
| klaren Regierungsauftrag gegeben“, ruft Rhein am Wahlabend im Wiesbadener | |
| Landtag, seine Vorgänger Roland Koch und Volker Bouffier klatschen im | |
| Rhythmus der Wahlkampfhymne. | |
| [1][Rhein hatte in diesem Wahlkampf fast alles richtig gemacht]. Obwohl der | |
| 51-jährige Jurist erst im Mai 2022 das Ministerpräsidentenamt von Volker | |
| Bouffier übernahm, lief er zuletzt bei den Sympathie- und Kompetenzwerten | |
| seinen KonkurrentInnen den Rang ab. Rhein, der wie Bouffier den Landesvater | |
| gab, besuchte landauf, landab Volksfeste, herzte Kinder und huldigte | |
| Weinmajestäten, statt zu polarisieren. Die Berliner Ampel war sein | |
| Lieblingsthema. Eine Ampel für Hessen, mit Faeser oder Al-Wazir an der | |
| Spitze, sei keine Chance, sondern eine Drohung, warnte Rhein. | |
| Gleichwohl hielt sich Rhein alle Optionen offen. Die Grünen seien | |
| Wettbewerber und „nicht Gegner“, kommentierte er die Ausfälle seines | |
| Parteivorsitzenden Friedrich Merz gegen die vermeintlichen „Hauptgegner“. | |
| Auch die Lockerungsübungen seines Parteichefs gegenüber der AfD sah Rhein | |
| kritisch: Von „diesen Leuten“, die die Demokratie zerstören wollten, trenne | |
| die Union ein „tiefer Graben“, jedwede Zusammenarbeit verbiete sich. | |
| In der Migrationsdebatte, die die Endphase des Wahlkampfs prägte, | |
| verzichtete Rhein auf rechtspopulistische Töne. „Von mir werden Sie so | |
| etwas nicht hören“, sagte Rhein zu Merz’ Geschwurbel über Geflüchtete, d… | |
| angeblich Deutschen die Zahnarzttermine wegnehmen | |
| ## Versteinerte Gesichter | |
| Mit ihm werde es eine Regierung der „sanften Veränderung“, eine Regierung | |
| der Mitte geben, sagte Rhein nun nach seinem Sieg. „Am Montag beginnen wir | |
| mit Koalitionsverhandlungen.“ | |
| Besonders bitter ist das Ergebnis indes für SPD-Spitzenkandidatin Nancy | |
| Faeser. Die 15 Prozent bedeuten das historisch schlechteste SPD-Ergebnis in | |
| Hessen – selbst die AfD landete diesmal nach ersten Zahlen noch vor den | |
| Sozialdemokraten. Auf der Wahlparty in Wiesbaden reagierten die | |
| Sozialdemokraten zunächst mit versteinerten Gesichtern. Als Faeser die | |
| Bühne betrat, erntete sie dennoch Applaus. Sie habe im Wahlkampf „leider | |
| nicht helfen können“, man sei mit den SPD-Themen nicht durchgedrungen, so | |
| Faeser. Zugleich beschwor sie den Zusammenhalt: „Wir gewinnen zusammen, wir | |
| verlieren zusammen.“ | |
| Dabei hatte Faeser ausgegeben, erste Ministerpräsidentin in Hessen werden | |
| zu wollen – nach 24 Jahren CDU-Regierungen. Den Konservativen warf sie im | |
| Wahlkampf einen „sozialen Kahlschlag“ im Land vor und Rhein fehlende | |
| Tatkraft – er sei lediglich ein „Grüßaugust“. Sie selbst wollte sich als | |
| Anpackerin inszenieren. Auch in Hessen stehe der Kampf gegen den | |
| Fachkräftemangel für sie „an oberster Stelle“. Zudem versprach sie | |
| kostenfreie Kitas, entfristete Verträge für Lehrer:innen, bessere | |
| Gesundheitsversorgung im Land. | |
| ## Rückhalt von der Spitze | |
| Aber all das drang am Ende kaum durch. Denn [2][zugleich blieb Faeser | |
| Bundesinnenministerin in Berlin] – und hatte dort nicht nur mit der | |
| Doppelbelastung, sondern zunehmend auch mit der Debatte über die | |
| gestiegenen Geflüchtetenzahlen zu kämpfen. Dazu kamen Pannen im Wahlkampf. | |
| Und Faesers Ankündigung, nur nach Hessen zu gehen, wenn sie | |
| Ministerpräsidentin werde, war zwar von Kanzler Olaf Scholz abgesegnet, | |
| brachte ihr aber ebenfalls Kritik ein. | |
| Hatte Faeser anfangs noch beschworen, „in Schlagweite“ zur CDU zu sein und | |
| am Wahlkampfende aufholen zu wollen, gingen die Umfragezahlen immer weiter | |
| nach unten. Nun steht für Faeser alles auf dem Spiel: Kann sie mit dem | |
| Ergebnis vom Sonntag einfach so weiter Bundesinnenministerin im Bund | |
| bleiben? | |
| Die SPD-Parteispitze sprang ihr in dieser Frage umgehend bei. Das | |
| Hessen-Ergebnis sei bitter, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am | |
| Wahlabend. Aber es sage nichts über die „erfolgreiche Bilanz“ von Faeser | |
| als Innenministerin. Dort habe sie zuletzt die europäische Asylreform | |
| erreicht, den Kampf gegen Rechtsextremismus forciert. „An dieser Bilanz hat | |
| sich nichts geändert.“ Dabei spreche er für den gesamten Parteivorstand. | |
| [3][Faesers Ziel, in Hessen ein Ampelbündnis schmieden zu wollen], ist | |
| jedenfalls dahin. Sie dürfte noch versuchen, ihre Partei in ein | |
| rot-schwarzes Bündnis zu retten. Erstmals seit 24 Jahren wäre die SPD dann | |
| wieder an der hessischen Landesregierung beteiligt. Doch „mit welcher | |
| Erzählung soll Rhein einen solchen Koalitionswechsel begründen?“, sagte | |
| selbst ein führender hessischer Sozialdemokrat zur taz, noch bevor die | |
| Wahlergebnisse vorlagen. | |
| Rhein könnte nun einfach das schwarz-grüne Bündnis fortsetzen. Zuletzt | |
| hatte der CDU-Mann angekündigt, nach der Wahl mit Grünen, SPD und FDP | |
| Gespräche führen zu wollen. Am Ende komme es darauf an, mit wem er am | |
| meisten CDU-Politik umsetzen könne, so Rhein. | |
| 8 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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