# taz.de -- Schutz vor Wuchermieten in Berlin: Hamwa nicht, könnwa nicht | |
> Die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mauert beim Schutz | |
> vor überhöhten Mieten – allen Ankündigungen des Regierenden zum Trotz. | |
Bild: Smile: Verkehrssenatorin Schreiner (CDU), Bausenator Gaebler (SPD) und Se… | |
BERLIN taz | Er würde den Paragrafen gegen Mietwucher im | |
Wirtschaftsstrafrecht „scharf stellen“, hatte Senatschef Kai Wegner (CDU) | |
am Mittwoch angekündigt. Und Verstöße gegen die Mietpreisbremse wolle er | |
auch [1][spürbar ahnden]. Motto: Der schwarz-rote Senat als Kämpfer für die | |
Rechte der Mieter:innen in der Hauptstadt. Immer sachte mit den jungen | |
Pferden, heißt es dagegen nun aus der SPD-geführten Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. | |
Mit Blick auf den „Wucherparagrafen“ könne das Land Berlin grundsätzlich | |
überhaupt nichts machen, teilt Mieterschutzstaatssekretär Stephan Machulik | |
in einer noch unveröffentlichten Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der | |
Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger mit. Das sei Sache der Bezirke, | |
nicht des Senats. | |
Doch auch den Bezirken seien die Hände gebunden, da Berlin „derzeit über | |
keinen qualifizierten Mietspiegel“ verfüge, „welcher eine wichtige | |
Grundlage für die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen nach Paragraf 5 | |
Wirtschaftsstrafgesetz ist“, so SPD-Politiker Machulik in dem Schreiben, | |
das der taz vorliegt. Zuerst hatte die Berliner Morgenpost berichtet. | |
Ein neuer qualifizierter Mietspiegel soll erst im Mai 2024 wieder | |
veröffentlicht werden. Ab diesem Zeitpunkt könnten Machulik zufolge „bei | |
mitwirkungsbereiten Mieterinnen und Mietern erfolgsversprechende Fälle mit | |
dem Anfangsverdacht auf eine Mietpreisüberhöhung von den zuständigen | |
Bezirksämtern“ dann auch wieder „geprüft und verfolgt“ werden. So lange… | |
man machtlos, Mieter:innen müssten sich um ihre Rechte eben selbst | |
kümmern. | |
## Grüne kritisieren politisch gewollte Untätigkeit | |
Katrin Schmidberger hält die Aussage Machuliks, Mietwucher könne zurzeit | |
amtlicherseits nicht verfolgt werden, für nachgerade absurd. „Anders als | |
behauptet, kann Mietwucher auch ohne einen qualifizierten Mietspiegel | |
verfolgt werden“, sagt die Grünen-Sprecherin für Mieten und Wohnen zur taz. | |
Jurist:innen und Mietervereine würden das bestätigen. „Durch diese | |
Antwort demonstriert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und | |
Wohnen aka SPD mal wieder ihre politisch gewollte Untätigkeit beim | |
Mieter:innenschutz“, so Schmidberger. | |
Folgt man dem Haus von Stadtentwicklungssenator [2][Christian Gaebler | |
(SPD)], dann wäre tatsächlich auch Wegners Ansage, sich künftig für die | |
Einhaltung der Mietpreisbremse in die Bresche werfen zu wollen, kaum mehr | |
als eine leere Worthülse. So schreibt Gaeblers Staatssekretär Machulik: | |
„Die Beachtung und Prüfung der Einhaltung der zivilrechtlichen Regelungen | |
zur Mietpreisbremse obliegt den Mietvertragsparteien.“ Auch hier gelte | |
also: Der Senat habe leider gar nichts zu melden. | |
Gleich mit abgeräumt wird von der Senatsverwaltung auch die im | |
schwarz-roten Koalitionsvertrag angekündigte „Einrichtung einer | |
[3][Prüfstelle] zur Einhaltung der Mietpreisbremse“. Denn dafür, so | |
Machulik weiter, fehlten die bundesrechtlichen Grundlagen. Und ohne den | |
Bund auch keine Prüfstelle. | |
Geld und Personal für das neue Amt habe man daher gar nicht erst | |
vorgesehen: „Weil mangels Rechtsgrundlage keine Prüfstelle für | |
zivilrechtliche Mietrechtssachverhalte geschaffen werden kann, wurden im | |
Entwurf des Doppelhaushalts 2024/2025 keine Mittel dafür eingeplant.“ | |
Mietenexpertin Katrin Schmidberger ist sauer. „Dank der SPD bleibt die | |
Ahndung wohl weiterhin ein vollmundiges Versprechen im Koalitionsvertrag, | |
welch Hohn für alle Mieter:innen, die gerade um ihr Zuhause kämpfen und | |
bangen“, sagt die Grünen-Politikerin. Auch wenn Gaebler und seine | |
Verwaltung sich stur stellten: Es brauche endlich „eine willige, | |
schlagkräftige Behörde, um Mietwucher und andere Missstände zu ahnden“, die | |
den Schutz von Mieter:innen ernst nehme und als öffentlichen Auftrag | |
verstehe. „Wohnen ist öffentliche Daseinsvorsorge und überhöhte Mieten | |
nicht nur ein privates Problem“, sagt Schmidberger. | |
1 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Mieterschutz-in-Berlin/!5959894 | |
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[3] /Koalitionsvertrag-von-CDU-und-SPD/!5923460 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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