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# taz.de -- Asyl-Aussage von CDU-Chef: Die Union sorgt für Zahnschmerzen
> CDU-Chef Friedrich Merz behauptet, Asylbewerber nähmen „deutschen
> Bürgern“ die Zahnarzttermine weg. Das ist Unsinn – doch er bekommt
> Zuspruch.
Bild: Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU Tino Sorge stellt sich hinter …
Berlin taz | In dem Versuch, die Bundespolitik in Migrationsfragen weiter
in die Enge zu treiben, hat [1][CDU-Chef Friedrich Merz] am Donnerstag viel
Kritik auf sich gezogen. Merz äußerte sich bei einer Diskussion in dem
Internet-TV-Sender Welt negativ über Gesundheitsleistungen für Geflüchtete.
„Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die
deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine“, sagte der CDU-Chef mit
Blick auf in Deutschland abgelehnte Asylsuchende. Aus
Menschenrechtsorganisationen hagelte es Kritik an Merz. Innerhalb der
Unionsfraktion erhielt er Zuspruch.
Deren gesundheitspolitischer Sprecher, Tino Sorge, erklärte gegenüber der
taz, Merz habe recht. „Hunderttausende abgelehnte Asylbewerber in
Deutschland sind zum Teil seit Jahren ausreisepflichtig.“ Dennoch könnten
sie „zum Nulltarif das deutsche Gesundheitssystem nutzen“. Darüber müsse
man diskutieren.
„Entweder ist Herr Merz schlecht informiert oder er verbreitet gezielt
Falschinformationen“, sagt dagegen Stephanie Kirchner von Ärzte der Welt,
die sich auch in Deutschland für die medizinische Versorgung von
Geflüchteten einsetzen.
Geregelt ist die Gesundheitsversorgung von Asylbewerber*innen im
Asylbewerberleistungsgesetz. Demnach haben Asylsuchende in den ersten 18
Monaten ihres Aufenthalts grundsätzlich nur Anspruch auf Akutbehandlungen,
etwa bei Schmerzen und Unfällen. Erst nach dieser Wartezeit, in einzelnen
Bundesländern auch schon früher, bekommen sie Zugang zu vergleichbaren
Leistungen wie gesetzlich Versicherte.
## In der Realität: Diskriminierung
Die von Merz genannten abgelehnten Asylbewerber*innen erhalten nur
dann den oben genannten Zugang zu medizinischer Versorgung, wenn sie weiter
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Dies ist zum
Beispiel bei einer Duldung der Fall – also bei Menschen, bei denen die
Abschiebung aus bestimmten Gründen ausgesetzt wurde.
„Wir haben sehr viel mit dem Personenkreis zu tun, den Herr Merz anspricht,
und er soll mir ein Beispiel zeigen, in dem sich ein Mensch mit Duldung
schön die Zähne machen lässt“, sagt Kirchner von Ärzte der Welt. In der
Realität seien auch Menschen, die theoretisch Zugang zu medizinischer
Versorgung haben, Sprachbarrieren und Diskriminierung im Gesundheitssystem
ausgesetzt – „und weit entfernt von irgendeiner Luxusbehandlung“.
Noch prekärer ist der Lage der Menschen ohne Aufenthaltsstatus: Sie haben
zwar theoretisch auch Anspruch auf medizinische (Not-)Versorgung, müssen
aber bei jeder Behandlung eine Meldung an die Innenbehörden und Abschiebung
fürchten.
„Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, dazu hat sich Deutschland
auch international verpflichtet“, sagt Kirchner. Schon das
Bundesverfassungsgericht habe angemahnt, dass [2][Menschenrechte nicht
aufgrund migrationspolitischer Interessen eingeschränkt] werden dürften.
28 Sep 2023
## LINKS
[1] /AfD-stimmt-mit-Thueringer-CDU/!5958081
[2] /Krisenverordnung-der-Europaeischen-Union/!5959415
## AUTOREN
Manuela Heim
Cem-Odos Güler
## TAGS
Friedrich Merz
Asylrecht
CDU/CSU
Friedrich Merz
Migration
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Nancy Faeser
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