# taz.de -- Grundeinkommen für 2.000 Menschen: Nahezu bedingungslos | |
> Die Hamburger Volksinitiative, die ein Grundeinkommen testen lassen will, | |
> startet am Freitag erneut. Der erste Anlauf war im Juli gestoppt worden. | |
Bild: Von vorn: Hamburger Initiative sammelt Unterschriften für Test zum Grund… | |
HAMBURG taz | Hamburg soll, nun aber wirklich, zum Versuchslabor für ein | |
bedingungsloses Grundeinkommen werden: Die Volksinitiative „Hamburg testet | |
Grundeinkommen“ will ab Freitag [1][einen neuen Anlauf nehmen, in einem | |
dreijährigen Modellversuch ein Grundeinkommen für 2.000 Hamburger:innen | |
erproben zu lassen.] Im ersten Anlauf war die Initiative damit gescheitert. | |
Das Hamburgische Verfassungsgericht stoppte im Juli das Vorhaben, weil es | |
den vorgelegten Gesetzesentwurf für unzulässig erklärte. „Das Gericht hatte | |
aber ausdrücklich klargestellt, dass in Hamburg der vorgeschlagene | |
Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen als Gegenstand einer | |
Volksinitiative zulässig ist“, sagt Rainer Ammermann von der Initiative. | |
Mit der Idee eines staatlichen Modellversuchs wollen die | |
Initiator:innen herausfinden, welche Effekte es hat, wenn Menschen | |
jeden Monat so viel Geld erhalten, dass es für den Grundbedarf ausreicht – | |
ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Die Versuchsgruppe soll | |
2.000 Hamburger:innen umfassen, die möglichst repräsentativ die | |
Bevölkerung abbildet. Außerdem sollen die Teilnehmer:innen in einem | |
zusammenhängenden Gebiet wohnen, um so auch die sozialen Effekte zu | |
erforschen. | |
„Der Modellversuch soll die Potenziale eines Grundeinkommens ausleuchten, | |
um damit auch die politische Debatte zu versachlichen“, sagt Tom Petersen, | |
der sich ebenfalls in der Initiative engagiert. Schließlich werde schon | |
seit Jahren intensiv über das Für und Wider eines Grundeinkommens | |
diskutiert – vor allem aber auf der theoretischen Ebene, weil es an einem | |
anspruchsvollen Versuch zur praktischem Umsetzung noch mangelt. Ein | |
Forschungsinstitut soll dann auch das Projekt wissenschaftlich begleiten. | |
## Senat klagte gegen Volksinitiative | |
Die zentralen Eckdaten für den Modellversuch sind dieselben, mit der die | |
Volksinitiative schon bereits 2020 an den Start ging. Da hatte die | |
Initiative, die Teil des bundesweiten Netzwerks „Expedition Grundeinkommen“ | |
ist, im Rekordtempo die nötigen 10.000 Unterschriften im ersten Schritt der | |
Hamburger Volksgesetzgebung gesammelt. Ehe die Initiator:innen mit der | |
Durchführung eines Volksbegehrens als zweiten Schritt beginnen konnten, | |
klagte der Hamburger Senat gegen die Initiative. | |
Dort hatte der Senat Erfolg – aber nicht auf ganzer Linie. Zwar seien die | |
Angaben der Initiator:innen zum Modellversuch teilweise | |
widersprüchlich, unklar und lückenhaft, sodass die Bürger:innen Vor- und | |
Nachteile nicht einschätzen können. | |
Doch dass Hamburg gar nicht die Gesetzgebungskompetenz für ein solches | |
Vorhaben besitzt, wie der Senat argumentierte, wies das Gericht zurück. | |
„Das Gericht hatte an einer Reihe von spezifischen Formulierungen Kritik | |
geäußert, auf die wir nun mit einem überarbeiteten Gesetzentwurf reagiert | |
haben“, sagt Ammermann. | |
Konkret nachgebessert hat die Initiative den Entwurf hinsichtlich der | |
[2][angestrebten Bedingungslosigkeit, in der Frage also, ob alle | |
Versuchspersonen denselben Betrag erhalten sollen.] „Weil es weiterhin eine | |
Anrechnung der bisherigen Einkommen vor der Auszahlung geben soll, haben | |
wir deutlicher gemacht, dass im Modellversuch das bedingungslose | |
Grundeinkommen jedenfalls nicht in Reinform getestet wird, auch wenn fast | |
alle Kriterien erfüllt sind“, sagt Ammermann. Wer viel verdient, soll nicht | |
den vollen Betrag erhalten. | |
## Modellversuch würde mindestens 40 Millionen Euro kosten | |
Hinzu bemängelte das Gericht die Höhe des vollen Betrags: Das | |
Grundeinkommen solle schließlich so hoch sein, dass daneben keine | |
Sozialleistungen mehr nötig seien. Indes erreichte die Initiative mit ihrer | |
vorgeschlagenen Regelung diesen Anspruch nicht: 1.120 Euro für Erwachsene | |
und 560 Euro für minderjährige Teilnehmende sind dafür zu wenig. | |
„Wir haben präzisiert, woran sich die Höhe des Grundeinkommens, das jeder | |
Person gewährt werden soll, während des Modellversuchs orientiert, damit | |
das für Hamburg errechnete Existenzminimum für alle Teilnehmenden gesichert | |
ist“, sagt Ammermann. So soll sich der Betrag an der Summe von Bürgergeld, | |
Wohnkostenzuschuss und Heizzuschuss, die Hamburger:innen in jenen | |
Testjahren zustehen, orientieren. | |
Damit der Versuch schon bald starten kann, will die Initiative Tempo | |
machen. „Unser Ziel ist, schon in den kommenden zwölf Tagen die nötigen | |
Unterschriften gesammelt zu haben“, sagt Petersen. So könnten die | |
Hamburger:innen 2025 parallel zur Bundestagswahl über das | |
Versuchsmodell abstimmen. Dass das Projekt schon früher kommt, weil SPD und | |
Grüne dem Vorhaben zustimmen, ist weniger wahrscheinlich. [3][Das liegt | |
allein schon an den Kosten:] Ursprünglich anvisiert waren rund 40 Millionen | |
Euro, durch die erhöhten Beträge dürften es einige Millionen mehr werden. | |
Prinzipiell ablehnend zeigen sich aber zumindest die Grünen bislang nicht: | |
„Dem Anliegen der Volksinitiative stehen wir offen gegenüber“, sagt Mareike | |
Engels, sozialpolitische Sprecherin der Hamburger Grünen-Fraktion, und will | |
den überarbeiteten Gesetzesentwurf nun prüfen. „Ich bin gespannt, ob ein | |
überarbeiteter Vorschlag der Initiative die Probleme ausräumen und das | |
Grundeinkommen sinnvoll erprobt werden kann“, sagt Engels. | |
21 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Verfassungsgericht-urteilt/!5943673 | |
[2] /Volksinitiative-fuer-Grundeinkommen/!5675284 | |
[3] /Daten-zu-bedingungslosem-Grundeinkommen/!5953122 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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