| # taz.de -- Daten zu bedingungslosem Grundeinkommen: Die meisten Leute hätten … | |
| > 1.200 Euro bedingungsloses Grundeinkommen monatlich für alle sind | |
| > grundsätzlich finanzierbar – dies zeigt ein neuer Onlinerechner. | |
| Bild: Es funktioniert! Michael Bohmeyer, Initiator von Mein Grundeinkommen, 202… | |
| Berlin taz | 1.200 Euro pro Monat vom Staat für alle erwachsenen | |
| Bürger:innen – ohne Arbeit, ohne Bedingungen, für Kinder die Hälfte. Ein | |
| schöner Traum? Ja – und nein. Ab diesem Dienstag wird die Utopie etwas | |
| realistischer. Denn die Organisation Mein Grundeinkommen hat [1][einen | |
| Internetrechner] programmiert, mit dem man online selbst ausprobieren kann, | |
| was ein [2][bedingungsloses Grundeinkommen] hierzulande kosten würde und | |
| wie es sich finanzieren ließe. Die Datenbasis hat der Ökonom Stefan Bach | |
| vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin | |
| bereitgestellt. Das Modell ist also nicht aus der Luft gegriffen. | |
| Der Debatte über die [3][Sinnhaftigkeit eines Grundeinkommens] läuft in | |
| Deutschland, seit die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder | |
| (SPD) in den frühen 2000er Jahren die Arbeitslosenhilfe abschaffte und | |
| durch die magere Sozialleistung Hartz IV ersetzte. Seitdem sagten viele | |
| Aktivist:innen, es müsse etwas Besseres geben als „Armut per Gesetz“ – | |
| wobei Hartz IV mittlerweile durch das etwas höhere und leichter erhältliche | |
| Bürgergeld abgelöst wurde. | |
| Wer den Rechner ausprobiert, erfährt beispielsweise, dass 1.200 Euro pro | |
| Kopf in Deutschland etwa eine Billion Euro (1.000 Milliarden) pro Jahr | |
| kosten – eine fantastische Summe, die mehr als das Doppelte des jährlichen | |
| Bundeshaushalts beträgt. Woher soll eine Gesellschaft so viel Geld nehmen, | |
| selbst wenn sie so reich ist wie unsere? Der Rechner gibt praktische | |
| Antworten und hat deshalb das Zeug, die häufig ideologische Diskussion zu | |
| versachlichen. | |
| Die grundsätzliche Erkenntnis formulierte Michael Bohmeyer, Initiator der | |
| Organisation: „Ein Grundeinkommen für alle wäre finanzierbar“ – allerdi… | |
| mit [4][sehr viel höheren Steuern] als heute. Erstaunlich ist, wie viele | |
| Menschen von manchen Finanzierungsvarianten, die man selbst online | |
| einstellen kann, profitieren würden. Beispielsweise 80 Prozent der | |
| Bevölkerung hätten dann mehr Geld zur Verfügung als heute. Ungefähr 20 | |
| Prozent mit den höchsten Einkommen und Vermögen würden im Vergleich zu | |
| heute allerdings draufzahlen, ihre Belastung mit Steuern nähme unter dem | |
| Strich deutlich zu. | |
| ## Gesellschaft wäre sozial viel ausgeglichener | |
| Dies führt zu einem weiteren Ergebnis: Eine solche Gesellschaft mit | |
| Grundeinkommen wäre sozial viel ausgeglichener, der Abstand zwischen | |
| niedrigen und hohen Einkommen fiele geringer aus als jetzt. Wegen der | |
| Garantiezahlung von 600 und 1.200 Euro „nimmt auch die Armut drastisch ab“, | |
| erklärte Miriam Witz von Mein Grundkommen. Finanzieren ließe sich das | |
| Grundeinkommen beispielsweise mit einer einheitlichen Steuer (Flattax) von | |
| 50 Prozent auf alle Einkommen. Dieses Prinzip funktioniert so: Wer | |
| beispielsweise 2.000 Euro zu versteuerndes Einkommen pro Monat erzielt, | |
| muss erst mal 1.000 Euro abgeben. Zusätzlich erhält man aber die 1.200 Euro | |
| Grundeinkommen, wodurch dann 2.200 Euro herauskommen – 200 Euro mehr als | |
| vorher. | |
| Anders bei hohen Verdiensten von zum Beispiel 6.000 Euro: Hier bedeutet der | |
| 50-Prozent-Steuersatz, dass zunächst nur 3.000 Euro übrig bleiben. Plus | |
| Grundeinkommen kommen unter dem Strich 4.200 Euro heraus. Die effektive | |
| Steuer schlägt also mit 1.800 Euro zu Buche. Im Vergleich zur aktuellen | |
| Gesetzeslage und Steuerzahlung würde eine Einzelperson, die bis zu 5.400 | |
| Euro brutto und 3.350 netto monatlich verdient, mit dem Grundeinkommen | |
| besser fahren als heute. Sie erhielte zusätzliches Geld, errechnete die | |
| Organisation. Wer mehr erarbeitet, hätte künftig weniger als momentan. | |
| Dies ist allerdings nur eine von mehreren möglichen Varianten der | |
| Finanzierung. Statt einer einheitlichen Steuer auf alle Einnahmen könnte | |
| man den heutigen Steuertarif mit niedrigen Sätzen für Geringverdiener und | |
| hohen Sätzen für große Einkommen beibehalten. | |
| Um Hunderte Milliarden zu mobilisieren, müssten dann die Steuern für | |
| Gutverdiener jedoch über 70 Prozent steigen. Das hält die Organisation für | |
| nicht durchsetzbar. Sowieso, das zeigt der Rechner, müssten andere Abgaben | |
| wie etwa die Erbschaftsteuer auf große Vermögen deutlich angehoben werden. | |
| Auch Renten würden der Flattax unterliegen. Und jede Menge heute | |
| existierender steuerlicher Vergünstigung würden gestrichen. | |
| Ein [5][Gutachten] des Wissenschaftlichen Beirats des | |
| Bundesfinanzministeriums von 2021 hatte dagegen das Grundeinkommen für | |
| nicht finanzierbar gehalten. Die Ergebnisse des Rechners werfen Fragen auf. | |
| Zum Beispiel: Würden nicht viele mit Grundeinkommen weniger arbeiten? Dann | |
| kämen weniger Steuereinnahmen herein, das Vorhaben würde seine Finanzierung | |
| untergraben. Antworten könnte das Pilotprojekt Grundeinkommen erbringen, | |
| das die Organisation zusammen mit dem DIW durchführt. 122 Testpersonen | |
| erhalten dabei bis 2024 drei Jahre lang eine solche Zahlung. | |
| 29 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://finanzierung.mein-grundeinkommen.de/ | |
| [2] /Pilotprojekt-Grundeinkommen/!5941546 | |
| [3] /Pilotprojekt-in-Irland/!5905808 | |
| [4] /Klimaschutz-und-Wachstum/!5901734 | |
| [5] /Bedingungsloses-Grundeinkommen/!5813944 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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