# taz.de -- Verbot der rechtsextremen Hammerskins: Schlag gegen den verborgenen… | |
> Ministerin Faeser verbietet die Hammerskins. 30 Jahre lang organisierten | |
> die Neonazis Konzerte oder Kampfsport, einige hantierten mit Waffen. | |
Bild: PolizistInnen am Dienstag bei dem beschuldigten Hammerskin Sven Krüger i… | |
BERLIN taz | Erst im Juli kamen einige Hammerskins [1][im Thüringer | |
Eisenach] zusammen. In der Parteizentrale von „Die Heimat“, einst NPD, | |
trafen sie sich zum Rechtsrockkonzert. Auf der Bühne stand ein | |
niederländischer Balladensänger und Gesinnungskamerad. Einige Zuhörer | |
trugen offen die Symbole ihrer Gruppe auf den Shirts: gekreuzte | |
Zimmermannshämmer. | |
Nun soll mit solchem Treiben Schluss sein. Am Dienstag [2][verbot | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die deutsche Sektion der | |
Hammerskins], samt ihrer Unterstützergruppe „Crew 38“. Die Polizei | |
durchsuchte in zehn Bundesländern 28 Hammerskin-Mitglieder. Insgesamt | |
rechnen die Behörden der Gruppe in Deutschland 130 Mitglieder zu und 13 | |
Untergruppen, sogenannte Chapter. Von einem „harten Schlag gegen den | |
organisierten Rechtsextremismus“ sprach Faeser. Man beende „das | |
menschenverachtende Treiben einer international agierenden | |
Neonazi-Vereinigung“. | |
Tatsächlich konnten die Hammerskins bereits seit 30 Jahren in Deutschland | |
Konzerte oder Kampfsportevents organisieren – und damit erhebliche Gelder | |
in die Szene spülen. So organisierte die Gruppe ein Großkonzert im | |
Thüringer Themar mit oder baute das Szenekampfsportturnier „[3][Kampf der | |
Nibelungen]“ mit auf, teils mit Eintrittspreisen von knapp 50 Euro. Bands | |
aus dem Hammerskin-Spektrum trugen Namen wie Hetzjagd oder Frontalkraft, | |
Fanzines Titel wie „Donnerschlag“ oder „Haß-Attacke“. Eine Parole laut… | |
„Brüder auf die Straße, Kampf dem System“. | |
Bei all dem mieden die Hammerskins die Öffentlichkeit. Zuletzt tauchten sie | |
nicht mal mehr in Verfassungsschutzberichten auf. Dabei war die Gruppe | |
weiter aktiv und versteht sich als Szeneelite: Wer voll mitmachen wollte, | |
musste langjährige Probemitgliedschaften durchlaufen. Die Vernetzung | |
verläuft bis ins Ausland – die deutsche Sektion ist ein Ableger der 1988 in | |
den USA gegründeten „Hammerskin Nation“. Getroffen wurde sich regelmäßig… | |
Großkonzerten, den „Hammerfesten“. Laut Innenministerium nimmt die deutsche | |
Sektion in Europa „eine herausragende Rolle“ ein. | |
## Durchsuchung auch im Neonazi-Dorf Jamel | |
Durchsucht wurden am Dienstag einige Szenegrößen, die bereits länger mit | |
den Hammerskins in Verbindung gebracht wurden: Malte Redeker, zuletzt in | |
Rheinland-Pfalz wohnhaft, der als „European Secretary“ europaweit | |
Hammerskins vernetzt haben soll. Der Abrissunternehmer [4][Sven Krüger] aus | |
dem Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern, [5][wo sich fast ausschließlich | |
Rechtsextreme angesiedelt haben]. Oder der Thüringer Thomas Gerlach, der | |
sich schon im Umfeld der NSU-Terrorgruppe bewegte und zuletzt bei | |
Corona-Protesten auftauchte. | |
Schon vor Jahren stand ein Verbot der Hammerskins im Raum – das aber nie | |
umgesetzt wurde. Insgesamt 20 rechtsextreme Vereine verbot das | |
Innenministerium bisher. Auch Faeser hatte mit ihrem Amtsantritt | |
versprochen, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen. Verbote in der | |
rechtsextremen Szene verhängte sie aber bisher nicht. | |
An dem Verbot der Hammerskins soll nun seit einem Jahr gearbeitet worden | |
sein. Auch US-amerikanische und europäische Geheimdienste sollen | |
Erkenntnisse eingespeist haben. Bei den Durchsuchungen stieß die Polizei | |
nun auf zahlreiche Szenedevotionalien, darunter Hakenkreuzfahnen, und auch | |
Waffen, etwa eine Panzersprenggranate. Bei Sven Krüger musste gar ein | |
Munitionsbergungsdienst anrücken. In seinem Bundesland wurden zudem 13 | |
Gefährderansprachen gegen weitere Hammerskin-Sympathisanten erteilt. Von | |
einer „ganzheitlichen Ansprache“ der kriminellen rechtsextremen Szene in | |
Mecklenburg-Vorpommern, sprach Landesinnenminister Christian Pegel (SPD). | |
## Ermittlungen auch wegen Waffenverstößen | |
Nach taz-Informationen wird, neben Krüger, auch gegen drei weitere | |
Hammerskins wegen Waffenverstößen ermittelt. Ein Betroffener ist der | |
Betreiber eines Hammerskin-Clubhauses in Saarbrücken, der „Hate Bar“. Auch | |
diese wurde am Dienstag durchsucht und beschlagnahmt – sowie zwei weitere | |
mutmaßliche Vereinsheime. Eingezogen wurde auch gefundenes Vermögen der | |
Gruppe. | |
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner nannte das Verbot der Hammerskins | |
„schon lange überfällig“. Das militante Neonazi-Netzwerk sei „extrem gut | |
organisiert, hoch vernetzt und bewaffnet“. Auch ihre Thüringer | |
Parteikollegin Katharina König-Preuss verwies darauf, dass die Gruppe seit | |
30 Jahren „weitgehend ungestört agieren konnte“. Ob die Struktur nun | |
zerschlagen sei, werde sich aber erst zeigen. | |
Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz begrüßte das Verbot – forderte | |
aber weitere Maßnahmen. „Es gibt zahlreiche Organisationen und Vereine in | |
Deutschland, die offenkundig verfassungsfeindlich agieren und agitieren“, | |
so von Notz zur taz. „Ich hoffe, dass das Innenministerium zukünftig, wie | |
jetzt bei den Hammerskins, beständig eine sehr viel konsequentere Linie | |
fährt.“ | |
19 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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