# taz.de -- Prozess gegen Gruppe Knockout51: Rechte Landnahme vor Gericht | |
> Vor Gericht präsentierten sich Angeklagte der rechten Gruppe Knockout51 | |
> offensiv. Eisenachs Bürgermeisterin spricht von „unglücklichem Bild“ | |
Bild: Prozessbeginn gegen die Eisenacher Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout 5… | |
JENA taz | Es dauert am Montag nicht lange, da brechen die Neonazis im | |
Publikum in Jubel aus. Im Prozess gegen die rechtsextreme Schlägertruppe | |
Knockout 51 hatte Steffen Hammer, Verteidiger des Hauptangeklagten Leon R., | |
zuvor gegen die Anklage ausgeholt. Die Bundesanwaltschaft veranstalte | |
„juristisches Harakiri“, polterte er. Die Vorwürfe gegen die Angeklagten | |
seien überzogen, die Ankläger folgten damit dem „massiven Druck der | |
Öffentlichkeit“ nach einem Kampf gegen rechts, behauptet Hammer. Seine | |
Forderung: Das Verfahren müsse „umgehend“ eingestellt werden. | |
Es ist bezeichnend für diesen Prozess. Seit einer Woche läuft der Prozess | |
gegen den Neonazi Leon R. und drei Gesinnungskameraden vor dem | |
Oberlandesgericht Thüringen in Jena. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die | |
Bildung einer kriminellen Vereinigung vor, Leon R. sei der Rädelsführer | |
gewesen. | |
In Eisenach bildeten sie [1][die rechtsextreme Kampfsporttruppe Knockout | |
51,] trainierten dort in der NPD-Zentrale, wollten einen „Nazi-Kiez“ | |
errichten. Immer wieder sollen sie Linke, Polizisten oder ihnen anderweitig | |
Unbequeme verprügelt haben, bis zur Bewusstlosigkeit. Etliche Opfer | |
erlitten Knochenbrüche im Gesicht. Am Ende soll die Gruppe laut Anklage | |
gezielt Auseinandersetzungen mit Linken gesucht haben, um diese zu töten. | |
## Einst Zeuge bei Lina E. | |
Vor Gericht geben sich die Angeklagten und ihre Unterstützer unbeeindruckt. | |
Selbstbewusst sitzen Leon R. und die anderen drei am Montag im Saal, grüßen | |
ihre Szenefreunde im Publikum. Knockout 51 war bundesweit gut vernetzt. Die | |
Rechtsextremen belegen die allermeisten der wenigen Plätze im Saal – der | |
Protest der Linken bleibt erfolglos. | |
Und die Rechtsextremen bekommen ihr Programm. Verteidiger Steffen Hammer – | |
einst Sänger der Rechtsrockband Noie Wert – behauptet, [2][gegen Leon R]. | |
werde ein unfaires Verfahren geführt. Er begründet dies vor allem mit einem | |
anderen Verfahren – dem [3][gegen Autonome um die Leipzigerin Lina E.] | |
Vor anderthalb Jahren war Leon R. dort noch als Zeuge aufgetreten, weil | |
Vermummte 2019 zweimal versucht hatten, ihn in Eisenach anzugreifen. Obwohl | |
damals schon Ermittlungen gegen Leon R. liefen, musste er als Zeuge im | |
Prozess gegen Lina E. aussagen, auch über Knockout 51, kritisiert Hammer. | |
Man habe ihn „ins offene Messer laufen“ lassen. Das verletze die Rechte des | |
25-Jährigen, das jetzige Verfahren gehöre eingestellt. | |
Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus von der Bundesanwaltschaft widerspricht | |
deutlich: Die Angaben von Leon R. aus dem Lina-E.-Prozess hätten überhaupt | |
keinen Eingang in das hiesige Verfahren gefunden. Tatsächlich hatte Leon R. | |
dort Knockout 51 nur als Sportprojekt abgetan. | |
Auch Richter Martin Giebel äußert Zweifel an dem Antrag, will darüber bis | |
zum nächsten Verhandlungstag Mitte September entscheiden. Dann sollen auch | |
erste Zeugen geladen werden – von denen es reichlich gibt. Allein zehn | |
Gewalttaten der Gruppe listet die Anklage für die Region Eisenach. Weitere | |
Angriffe erfolgten auf Coronademos in Berlin, Leipzig oder Kassel. | |
Angesetzt sind bereits Prozesstermine bis Ende März 2024. | |
Dass die Rechtsextremen den Prozess bisher so offensiv dominieren können, | |
kritisiert die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss, die es am | |
Montag in den Saal schafft. Es sei „unfassbar“, dass die Justizbediensteten | |
die Rechtsextremen im Gericht so haben gewähren lassen. „Unabhängige Justiz | |
habe ich heute nicht erlebt. Für die rechtsextreme Szene war das ein | |
Erfolgserlebnis.“ | |
Auch Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Linke, die ebenfalls | |
anwesend ist, spricht von einem „unglücklichen Bild“. Sie wolle mit ihrem | |
Prozessbesuch zeigen, dass die Stadt „nicht wegschaut“, sagt sie der taz. | |
Die rechtsextremen Aktivitäten seien eine „Katastrophe“ für Eisenach, so | |
Wolf. Auch deshalb sei entscheidend, welches Signal der Prozess gegen | |
Knockout 51 am Ende aussende. | |
28 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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