# taz.de -- Rechtsextreme Knockout51-Gruppe: Polizist soll Nazis gewarnt haben | |
> Die rechtsextreme Schlägergruppe „Knockout51“ verübte in Thüringen | |
> schwere Gewalttaten. Ein Polizist soll der Gruppe Infos durchgestochen | |
> haben. | |
Bild: In Handschellen im Verhandlungssaal: Angeklagter der Neonazi-Kampfsportgr… | |
BERLIN taz | Sie verprügelten im Thüringer Eisenach Linke oder | |
vermeintliche Drogenkonsumierende, suchten Auseinandersetzungen mit der | |
Polizei. Am Ende soll ihr Ziel auch gewesen sein, | |
[1][Antifaschist*innen zu töten]. Seit August 2023 steht ein | |
Führungsquartett der rechtsextremen Schlägergruppe „Knockout51“ deshalb | |
[2][vor dem Oberlandesgericht Jena]. Nun gibt es aber auch Ermittlungen | |
gegen einen Polizisten, der Dienstinterna an die Gruppe durchgestochen | |
haben soll. | |
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera bestätigte der taz, dass wegen des | |
Vorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt werde. Details | |
wollte er nicht nennen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Ein | |
Sprecher des Thüringer Innenministeriums bestätigte den Fall ebenso: Neben | |
den strafrechtlichen Ermittlungen sei auch ein Disziplinarverfahren | |
eingeleitet worden. Der Beamte sei vom Dienst freigestellt. | |
Laut MDR soll der Polizist Informationen über bevorstehende | |
Hausdurchsuchungen oder Festnahmen weitergegeben haben. Zudem habe er | |
ermöglicht, dass Fotos von Ermittlungsakten gemacht wurden, die nun in der | |
rechtsextremen Szene kursierten. | |
Derweil droht den vor dem Oberlandesgericht Angeklagten doch eine | |
Verurteilung als Terrorgruppe. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte der | |
taz, dass die Bundesanwaltschaft, welche die Anklage erhob, im Prozess | |
zuletzt die Erteilung eines rechtlichen Hinweises beantragte, dass die | |
Beschuldigten auch als Terrorgruppe verurteilt werden könnten. Die | |
Bundesanwaltschaft hatte dies schon in ihrer Anklage so gesehen – das | |
Gericht aber nur den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung | |
zugelassen. | |
## BGH sieht Terrorvorwürfe bestätigt | |
„Knockout51“ soll von 2019 bis 2022 Kampfsport in Eisenach trainiert haben, | |
[3][in der örtlichen Zentrale der „Heimat“-Partei“, einst NPD]. Anführer | |
war dabei der rechtsextreme Kampfsportler und Kneipenwirt Leon R. Ziel der | |
Gruppe laut Anklage: die Errichtung eines „Nazi-Kiezes“. Immer wieder sei | |
die Gruppe losgezogen und habe Menschen bis zur Bewusstlosigkeit | |
verprügelt. | |
Nachdem Autonome 2019 zweimal versucht hatten, Leon R. zu überfallen, habe | |
die Gruppe dann laut Anklage beschlossen, im Fall einer weiteren Attacke | |
die Angreifer auch zu töten. Im September 2021 sei dafür versucht worden, | |
in Erfurt einen Angriff zu provozieren – was misslang. | |
Die Bundesanwaltschaft hatte deshalb schon in ihrer Anklage erklärt, dass | |
die Gruppe zwar als kriminelle Vereinigung gestartet sei, am Ende aber | |
terroristische Ziele verfolgt habe. Das Oberlandesgericht aber folgte dem | |
nicht. | |
In einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs zu einem zuletzt | |
festgenommenen weiteren Beschuldigten der Gruppe, Marvin W., erklären nun | |
aber auch die dortigen Richter*innen: In der Gesamtschau aller Indizien | |
hätten sich die Gruppe und der Beschuldigte „mit hoher Wahrscheinlichkeit | |
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung zunächst an einer kriminellen und | |
sodann an einer terroristischen Vereinigung strafbar gemacht“. | |
## Schießtrainings in Tschechien | |
Der BGH begründet das auch damit, dass die Gruppe ab 2021 beschloss, sich | |
Waffen zu beschaffen, eine interne Schulung über Bewaffnung abhielt und | |
auch Schießtrainings in Tschechien absolvierte. Auf einer Zielscheibe sei | |
ein Antifa-Logo platziert gewesen. Im Juli 2021 habe ein Gruppenmitglied | |
dann tatsächlich drei Macheten bestellt. Der festgenommene Marvin W. soll | |
Anführer Leon R. auch bei der Herstellung einer halbautomatischen | |
Schusswaffe geholfen haben. Leon R. besorgte sich später auch 300 Schuss | |
Munition. | |
Zudem verweist auch der BGH darauf, dass die Gruppe über eine | |
Notwehrsituation sinniert habe, in der man Linke töten könnte. In | |
Gesprächen sei die Rede davon gewesen, „Antifas umzulegen“ oder „10, 15 | |
Zecken“ mit dem Auto zu überfahren. Die „Notwehr“ sei dabei nur | |
vorgeschoben gewesen, erklärt der BGH. Eine Tötung von Linken sei | |
mindestens „hingenommen“ worden. | |
Im April 2022 waren Leon R. und drei Kumpane im Auftrag der | |
Bundesanwaltschaft festgenommen worden. Gegen sie läuft seit dem Sommer | |
2023 der Prozess vor dem Oberlandesgericht. Im November und Dezember | |
erfolgten weitere Durchsuchungen und Festnahmen gegen beschuldigte | |
Gruppenmitglieder, darunter von Marvin W. oder dem Thüringer „Heimat“-Chef | |
Patrick Wieschke. Marvin W. hatte später Beschwerde gegen seinen Haftbefehl | |
eingelegt – auf die der BGH mit seinem aktuellen Beschluss reagierte. Der | |
Prozess gegen das angeklagte Führungsquartett von „Knockout51“ ist noch bis | |
Ende Mai terminiert. | |
5 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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