# taz.de -- Antisemitsches Hetzblatt: Besorgt um Bayerns Ansehen | |
> Im Fall Aiwanger zeigt sich nun die Bundesregierung besorgt um das | |
> Ansehen des Freistaates. Der Druck auf ihn wächst seitens der FDP – und | |
> Söders. | |
Bild: Ist der Ruf erst ruiniert, trinkts sich frei und ungeniert | |
BERLIN/MÜNCHEN dpa/afp/reuters/taz | Im Fall von Bayerns | |
Vize-Ministerpräsident [1][Hubert Aiwanger] hat die Bundesregierung Sorge | |
um das Ansehen des Freistaats geäußert. „Hier geht es inzwischen auch um | |
das Bild, das der Freistaat Bayern in der Welt abgibt“, sagte | |
Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag in Berlin. Die | |
schwerwiegenden Vorwürfe gegen Aiwanger, die im Raum stünden, müssten | |
aufgeklärt werden, bekräftigte Büchner im Namen von Bundeskanzler Olaf | |
Scholz (SPD). | |
Aiwanger (Freie Wähler) hatte zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er | |
Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben. Er räumte aber | |
ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden | |
worden. Aiwangers älterer Bruder gab zu, das Pamphlet geschrieben zu haben. | |
Aiwanger [2][entschuldigte sich dann öffentlich.] Büchner betonte: „In | |
Deutschland gibt es keinen Platz für Antisemitismus.“ Der Kampf gegen | |
Antisemitismus in all seinen Formen sei eine zentrale Aufgabe des | |
demokratischen Rechtsstaats. „Für die Bundesregierung hat dieser Kampf | |
höchste Priorität.“ | |
Aiwanger verteidigte sich erneut bei einem Bierzeltauftritt in | |
Niederbayern. „Jawohl, auch ich habe in meiner Jugend Scheiß' gemacht. | |
Jawohl, ich habe auch Mist gemacht“, sagte er am Freitag beim Karpfhamer | |
Fest in Bad Griesbach (Landkreis Passau). Und weiter: „Das Flugblatt war | |
scheußlich, das ist nicht wegzudiskutieren.“ | |
Er finde es aber nicht in Ordnung, jemanden später in seinem Leben mit | |
Dingen, die 35 bis 40 Jahre zurückliegen, zu konfrontieren „bis zu seiner | |
beruflichen Existenzvernichtung“. Es gebe viele Dinge, die man im | |
Nachhinein nicht mehr machen würde. Aber man müsse einem Menschen auch | |
zubilligen, im Leben gescheiter zu werden. Er sprach erneut von einer von | |
langer Hand geplanten Schmutzkampagne gegen ihn, „vielleicht, um die Grünen | |
in die Landesregierung zu bringen“. | |
## Druck auf Aiwanger von Söder und FDP | |
Die FDP-Bundestagsfraktion forderte in der Affäre um das antisemitische | |
Flugblatt eine rasche Aufklärung durch die bayerische Staatsregierung. „Die | |
Vorwürfe wiegen schwer“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Freitag | |
in Dresden nach der Herbstklausur der Bundestagesfraktion. „Und es ist | |
jetzt auch am bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, hier zügig für | |
Aufklärung zu sorgen. Herr Aiwanger ist schließlich sein Stellvertreter.“ | |
Söder bezeichnete Aiwangers am Donnerstag ausgesprochene Entschuldigung als | |
„dringend notwendig“, es „bleiben aber noch viele Fragen offen.“ „Fü… | |
ist wichtig, [3][dass die 25 Fragen jetzt umfassend und glaubwürdig | |
beantwortet werden] – und zwar zeitnah“, sagte Söder. „Zeitnah heißt, am | |
besten noch heute.“ | |
Auf Drängen der Staatskanzlei soll Aiwanger einen Katalog von 25 Fragen zu | |
dem Flugblatt schriftlich beantworten, nachdem bei der Krisensitzung des | |
Koalitionsausschusses von CSU und Freien Wählern am Dienstag Fragen offen | |
geblieben waren. | |
In einem Statement entschuldigte sich Aiwanger am Donnerstag erstmals für | |
mögliche Fehler in seiner Jugendzeit. Seine Entschuldigung gelte | |
„zuvorderst allen Opfern des NS-Regimes, deren Hinterbliebenen und allen | |
Beteiligten an der wertvollen Erinnerungsarbeit“. Zugleich sprach er | |
angesichts der Vorwürfe erneut von einer politischen Kampagne gegen ihn und | |
seine Partei. | |
Söder hält trotz der Vorwürfe vorerst weiter an seinem Vizeregierungschef | |
fest, verwies aber darauf, dass eine abschließende Bewertung noch ausstehe. | |
Der CSU-Chef will die Koalition mit den Freien Wählern auch nach der | |
Landtagswahl am 8. Oktober fortsetzen. | |
Er deutete aber an, dass eine weitere Zusammenarbeit auch ohne Aiwanger | |
denkbar sei. Die Freien Wähler in Bayern stellten sich geschlossen hinter | |
Aiwanger. Auf die Frage der Zeitung „Welt“ am Donnerstag, ob es nach der | |
Wahl mit der Koalition aus CSU und Freien Wählern weiter gehe, antwortete | |
Aiwanger mit „ja“. | |
1 Sep 2023 | |
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