Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Initiative BaumEntscheid: Mein Freund, das Denkmal
> Ein „BaumEntscheid“ soll dem Senat Beine machen – und garantieren, dass
> die Stadt auch im Klimawandel lebenswert bleibt.
Bild: Macht ne Menge durch: der Berliner Straßenbaum
Berlin taz | „Baumpower“, „Blätterneutralität“, „Berlin wetterfest …
– bei so viel Assoziativkraft kann einer nicht weit sein: [1][Heinrich
Strößenreuther, NGO-Gründer und Initiator des Berliner Rad-Entscheids], ist
zurück und hat ein neues Volksgesetz im Ärmel. Diesmal geht es um die
Klimaresilienz der Stadt, und weil Bäume einen großen Anteil daran haben
werden, heißt der neue auch so: [2][BaumEntscheid Berlin].
Strößenreuther, dessen CDU-Eintritt vor zwei Jahren in der Mobilitäts- und
Klimaschutz-Community nicht so gut ankam, ist dabei nicht allein: Die
Auftakt-Pressekonferenz am Mittwoch bestritt er mit der Deutschland-Chefin
der grünen Suchmaschine Ecosia, Génica Schäfgen, und dem Geschäftsführer
der Klimaschutz-NGO GermanZero, Julian Zuber. Zusammen stellten sie ein
Maßnahmenpaket vor, das weit über den Schutz von Bäumen hinausgeht.
Im vergangenen Jahr sei er in die Europacity am Hautbahnhof gezogen,
erzählt Strößenreuther – die an der Heidestraße neu errichtete Betonwüst…
in der „gefühlt zehn Bäume“ stünden. Viele Jungbäume seien der Trockenh…
schon wieder zum Opfer gefallen, und als er einmal vor einem älteren und
größeren Exemplar stand, habe er gedacht: „Wenn der gefällt wird, fällt
seine gesamte Baumpower weg.“ Einen ausgewachsenen Baum mit einer
Neupflanzung auszugleichen, haue nicht hin – es brauche
„Blätterneutralität“, also dasselbe Volumen, um die Luft zu verbessern und
für Kühlung zu sorgen.
Zusammen mit seinen MitstreiterInnen habe man nun die Idee des
Radentscheids aufgegriffen, der 2016 schon bei der ersten
Unterschriftensammlung so einschlug, dass der kurz darauf gewählte
rot-rot-grüne Senat sich die Forderungen zu eigen machte und das
Mobilitätsgesetz geboren wurde. Beim BaumEntscheid soll es nun darum gehen,
„Berlin kühl und gesund zu erhalten“ und „unterlassenem Klimaschutz
vorzubauen“, wie es in einer Pressemitteilung heißt – oder eben: „Berlin
wetterfest zu machen“.
## Alle 50 Meter ein Baum
Bei den 15 am Mittwoch vorgelegten Punkten, die die BerlinerInnen zum
Gesetz machen sollen, handele es sich um einen ersten Aufschlag, der jetzt
ausgearbeitet werden müsse, betonen alle Beteiligten. Die Ideen sind
teilweise radikal: So soll nicht nur die Zahl der Baum-Neupflanzungen
festgelegt werden, es soll auch allen BerlinerInnen garantiert werden, dass
sie im Umkreis von 50 Metern einen Baum und in einem Radius von 800 Metern
eine Grünfläche auffinden. Alte Bäume ab einem bestimmten Durchmesser, aber
auch Grünflächen, Kleingärten und Friedhöfe sollen Denkmalschutzstatus
erhalten.
Eine Fällgenehmigung soll es nach dem Willen der InitiatorInnen nur noch
geben, wenn „in gleichem Grünvolumen im Umkreis von 50 Metern zu Lasten des
Vorhabenträgers Bäume gepflanzt wurden, ordnungsgemäß gepflegt und
bewässert wurden, sicher angewachsen sind und gesund wachsen“. Ausnahmen
gäbe es nur für Sozialwohnungen. Angesichts der Tatsache, dass das
Anwachsen eines Jungbaums erst nach mehreren Jahren sichergestellt ist,
liegt Heinrich Strößenreuther sicher nicht falsch, wenn er sagt:
„Widerstand wird es am ehesten von der Immobilienwirtschaft geben.“
Was noch? Die Nettoneuversiegelung des Bodens soll in der Innenstadt schon
2025 und darüber hinaus 2028 beendet sein – sprich: Ab dann dürfte nur noch
auf Freiflächen gebaut werden, wenn gleichzeitig im selben Maße entsiegelt
wird. Es soll sogar nur noch dann Baugenehmigungen geben, wenn in einem
bestimmten Umkreis „in gleicher Menge Fläche entsiegelt und renaturiert
wird“. Per Gesetz würden „Zieltemperaturen“ und Luftqualitäten gesicher…
Feuerwehr und Polizei bekämen mehr Mittel für die Bewältigung von
Extremwetter, es gäbe Wasser-Rationierungspläne für Dürren und einen
Extremwetterfonds. Die Liste ist deutlich länger.
## „Unheimlich greifbar“
Génica Schäfgen findet, dass das Thema des BaumEntscheids – [3][im
Gegensatz zum gescheiterten „Berlin 2030 klimaneutral“] – „unheimlich
greifbar“ ist. Dass das sehr viel Geld kostet, wissen alle Beteiligten,
aber, so Schäfgen: „Man muss auch die Rechnung aufmachen, was Versiegelung
und Nichthandeln kosten.“ Heinrich Strößenreuther verweist auf die
Milliarden, die derzeit in Autobahn- und U-Bahn-Bau fließen, und setzt noch
ein Bonmot drauf: „Es gibt keine Chance, nicht zu handeln.“
War es beim Radentscheid der ADFC, den man erst später ins Boot holte,
sollen nun die Umweltverbände und Klimaschutzgruppen eingesammelt werden.
„Die Bündnisarbeit forcieren“, heißt das im Maßnahmenpapier. Vom BUND und
dem Nabu kommen positive Signale: „Wenn unterschiedliche Leute an
verschiedenen Orten auf dieselben Ideen kommen, zeigt das, dass es in die
richtige Richtung geht“, so BUND-Baumexperte Christian Hönig zur taz.
Allerdings haben der BUND und andere Verbände schon seit einiger Zeit einen
eigenen Volksentscheid zur Grünflächensicherung angekündigt.
Bis Ostern will die Initiative einen Gesetzentwurf schmieden und dann die
Unterschriftensammlung zur Zulassung eines Volksbegehrens starten. Sollte
Schwarz-Rot das nicht aufgreifen, rechne man mit einer Abstimmung zur
Bundestagswahl 2025. Den Prozess im Prüfverfahren zu verzögern, rate er den
Senatorinnen Spranger (Inneres), Giffey (Wirtschaft) und Schreiner (Umwelt)
nicht, so Strößenreuther: Dann werde 2026 zur Abgeordnetenhauswahl
abgestimmt – mit dem entsprechenden Mobilisierungpotenzial.
13 Sep 2023
## LINKS
[1] /Deutschlands-erfolgreichster-Radaktivist/!5512283
[2] https://explore.ecosia.org/baumentscheid
[3] /Volksentscheid-Berlin-2030-klimaneutral/!5935698
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Heinrich Strößenreuther
Bäume
Volksentscheid
Klima-Volksentscheid
Klimaschutzziele
Eichhörnchen
Heinrich Strößenreuther
Heinrich Strößenreuther
Heinrich Strößenreuther
Schwerpunkt Stadtland
Wochenkommentar
Schwammstadt-Konzept
Park
Klima-Volksentscheid
## ARTIKEL ZUM THEMA
Über den Trockenstress wilder Tierchen: Eichhörnchen fallen nur manchmal vom …
Dehydrierte Eichhörnchen fallen vom Baum – das sind Einzelfälle, sagt Dirk
Ehlert, der Wildtierexperte des Senats. Dennoch ist Trockenheit gefährlich.
Volksentscheid Baum in Berlin: Eine Million Bäume bis 2040
Die Initiative Volksentscheid Baum startet ihre Unterschriftensammlung für
ein Volksbegehren. Sie ist optimistisch, ihr Ziel „ruckzuck“ zu erreichen.
Volksentscheid Baum in Berlin: Alle 15 Meter ein Baum
Die Initiative Volksentscheid Baum hat ihren Gesetzentwurf dem Senat zur
amtlichen Kostenschätzung vorgelegt. Es geht um viel – auch um viel Geld.
Neuer Volksentscheid: Berliner Baumwurzel-Bewegung
Eine Initiative will bis 2035 per Volksentscheid die Zahl der Straßenbäume
fast verdoppeln. Jetzt legt sie einen eigenen Gesetzentwurf vor.
Baumpfleger über Arbeit mit der Säge: „Vertrauen Sie dem Baum“
Ludwig Klein arbeitet in Berlin als Baumpfleger. Wenn er dabei sägen muss,
macht er das nicht zum Vorteil der Bäume, sondern der Menschen.
Ein „BaumEntscheid“ soll's richten: Einfach mal machen?
Ein „BaumEntscheid“ soll das Berliner Stadtgrün retten und die Stadt
klimafest machen. Dass die Initiative so unvermittelt kommt, wirft Fragen
auf.
Berlin hat zu wenig entsiegelte Flächen: Unterm Pflaster ist es zu trocken
Alle reden von der „Schwammstadt“. In Friedrichshain-Kreuzberg wollen
BürgerInnen selbst eine Straße teilentsiegeln. Doch so einfach geht es
nicht.
Sommerserie „Wie riecht Berlin“ (6): Cool bleiben in der Hasenheide
Die Hasenheide soll klimaresilient umgebaut werden, auch mit Wasser aus dem
Columbiabad. Womöglich riecht es dann nach Chlor statt Heu und Staub.
Volksentscheid Berlin 2030 klimaneutral: Mehr auf die soziale Frage achten!
Umfragen ergeben: Der Klima-Volksentscheid scheiterte wohl nicht nur am
Quorum. Teilnehmer eines Podiums fordern breitere Bündnisse für die
Zukunft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.