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# taz.de -- Camping im Wandel: Caravan statt Zelt
> Campingmobile vermehren sich nicht nur, sie werden auch immer größer. Wer
> aber ursprünglich zeltet, hat mehr Spaß – auch mit Crémant und Crevetten.
Bild: Camping in Frankreich ist wunderbar
Wer wissen will, wie sich Camping verändert, fährt am besten auf einen
französischen Zeltplatz. Die Französ:innen, das muss man wissen, sind DIE
Campernation. [1][Über 11.000 Zeltplätze,] das sind zehnmal so viele wie in
Kroatien und dreimal so viele wie in Deutschland, wo es immerhin rund 3.000
Campingplätze gibt. In Frankreich finden sich über [2][65 Prozent aller
Zeltplätze in Europa].
Und die sind nicht nur unfassbar günstig – zwischen 15 und 30 Euro für ein
Zelt, ein Auto, zwei Menschen und eine Nacht –, sondern meistens traumhaft
gelegen – an einem See, einem Fluss, einem Naturpark, in einem Tal, am
Atlantik, am Fuße eines Schlosses, im Wald. Sie sind in der Regel gut
ausgestattet – großzügige und saubere Sanitäranlagen, Kühlschrank,
Waschmaschine – und immer frei. Wann auch immer man spontan an einem Site
de Camp ankommt, es gibt einen freien Stellplatz.
Ich weiß das, ich campe seit einigen Jahren im Sommer in Frankreich –
Loiretal, Bretagne, Normandie, Champagne, Atlantik – und das mit wachsender
Begeisterung. Besser geht’s nicht: Man ist den ganzen Tag draußen, spart
Ressourcen, Organisation, Zeit. Innerhalb von 20 Minuten ist das Zelt
aufgebaut, der Tisch aufgestellt, der Crémant aufgemacht. Bevor man im
Hotel eingecheckt, ein kleines Bistro gefunden und ein Glas Rosé bestellt
hat, ist locker eine Stunde vergangen.
Das [3][(Urlaubs)Leben im Zelt] verkommt allerdings gerade zur Ausnahme.
Die Dichte an Zelten nimmt potenziell zu den anfahrenden Wohnmobilen ab.
Oder anders ausgedrückt: Auf 1 Zelt kommen gefühlt 100 [4][Wohnmobile,
Camper Vans, Camingbusse]. Auf einem Zeltplatz an einem irre schönen See
waren wir die einzigen Gäste mit einem Zelt. Der Zelt-Platz befand sich auf
der anderen Seeseite, fernab des üblichen Campingtrubels mit Restaurant,
Shop, Waschanlagen. Und so kam, dass wir eine Hektar große Wiese und die
Badestelle dort für uns ganz allein hatten. Wir sahen die Entenfamilie
übers Feld wackeln und ins Wasser platschen, hörten die Pferde in der
Koppel wiehern und die Vögel zwitschern.
## Wenn der Korken knallt
Diese nah am [5][Romantik-Kitsch schrammelnde Idylle] war nicht mehr zu
toppen, nur noch, sagen wir mal, luxuriös zu ergänzen: mit Champagner und
Crevetten. Wenn der Korken knallt und die [6][Krustenteile in Olivenöl mit
Knoblauch und Chili] in der Campingkocherpfanne brutzeln, kann die Welt
nicht schlecht sein.
Na ja, ein bisschen vielleicht. Denn auf anderen Campingplätzen bauten wir
unser Zelt zwischen Automobilen auf, in denen ein ganzer Hausstand Platz
hat. Manche dieser Camper Vans, Campingwagen und Caravans hatte das Ausmaß
eines Doppeldeckers und war ausgestattet mit einem Bad, das mehr Platz
bietet als ein Pariser Hotelapartment. In diesen Bussen findet eine
siebenköpfige Familie Platz, in der Regel steigen da aber nur zwei Menschen
aus, eine Frau und ein Mann, nicht selten an ihrer ähnlichen Kleidung als
langjähriges Paar erkennbar. Die [7][Caravan-Rentner:innen] begnügten sich
nicht nur mit ihrem Reisemobil als Urlaubsutensil, es mussten noch ein
Vorzelt und davor eine Markise aufgebaut werden.
Und wenn man sich erst einmal so komfortabel, liebevoll und raumgreifend
eingerichtet hat, verlässt man diesen Platz natürlich auch nicht. Nicht
einmal [8][zum Pool], den – nebenbei bemerkt – beinahe jeder französische
Zeltplatz zu bieten hat, solange es weder See noch Fluss noch Meer in der
Nähe gibt. Doch das ist noch immer nicht alles im neuen Campingparadies,
der Trend geht zum Zweitteppich im Vorzelt und Terracottahunden vor der
Campingbustür, einer links, einer rechts.
Die alles überragende Frage jedoch ist: Was trinken die im
Rundumsorglosmobil Reisenden? In den Caravan-Kühlschrank passt das feinste
Gesöff: [9][Pastis, den man immer mit Eis trinken muss,] Rosé, der auch nur
ausreichend gekühlt erfrischt, Citron Pressé – neben Perrier, das auch nur
ein schlichtes Sprudelwasser ist – das berühmteste französische
alkoholfreie Getränk aus frischem Zitronensaft, Eiswürfeln, Wasser und ein
wenig Zucker. Doch was kippen die Menschen in den großen Maschinen in sich
hinein? [10][Bier.] Aus Büchsen.
Wenn bei uns am wackligen Campingtisch der Korken mit Karacho in die Luft
ging, flogen die Köpfe der Caravan-Rentner:innen herum, und ich meinte in
manchem ihrer Blicke eine Sehnsucht nach dem einfachen Zeltplatzleben
entdeckt zu haben. Und das ist gar nicht so schwer: Zelt, Iso-Matte,
Schlafsack, Crémant und Crevetten – fertig ist der perfekte
Frankreich-Urlaub.
3 Aug 2023
## LINKS
[1] https://www.france.fr/de/nuetzliche-tipps/camping-frankreich
[2] https://www.pincamp.de/unternehmen/camping-statistik/anzahl-campingplaetze/…
[3] /Reiseplaene-in-der-Pandemie/!5690262
[4] /Wohnmobile-in-der-Pandemie/!5756916
[5] /Beziehungsratgeber-von-Therapeutenpaar/!5872044
[6] /Nahrung-in-Laos/!5583159
[7] /Debatte-um-Rente-mit-70/!5898702
[8] /Wassermangel-in-Brandenburg/!5946789
[9] /Italienische-Kaffeespezialitaet/!5872836
[10] /Bier-aus-dem-Allgaeu/!5838120
## AUTOREN
Simone Schmollack
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