# taz.de -- Streit um Stromtarife: Sind Strompreiszonen Gift? | |
> Unterschiedliche Tarife in Nord und Süd schaden der Industrie, behaupten | |
> manche – zu Recht? Ein kühler Faktencheck. | |
Bild: Windräder in Brandenburg, nach Niedersachsen das Bundesland mit der grö… | |
Bayerns Ministerpräsident und Wahlkämpfer Markus Söder (CSU) sagte kürzlich | |
der Süddeutschen Zeitung: „Unterschiedliche Strompreiszonen wären ein | |
großer Fehler. Wer solchen Zonen das Wort redet, legt die Axt an den | |
Industriestandort Deutschland und gefährdet Süddeutschland als | |
industrielles Herz der Republik.“ | |
Söders Aussage ist maßlos übertrieben. Was in der Tat aber stimmt: Würde | |
man den deutschen Stromgroßhandel in zwei oder mehr Zonen aufteilen – | |
derzeit gibt es hierzulande an der Strombörse nur eine einheitliche | |
Preiszone –, ergäben sich regional unterschiedliche Preise, auf Basis von | |
örtlichem Angebot und Nachfrage. In einer Zone, in der der Strom knapp ist, | |
stiege zeitweise der Großhandelspreis. | |
Die Einschränkung „zeitweise“ ist wichtig. Denn eine [1][Preisdifferenz | |
zwischen einer Nord- und einer Südzone] träte nur in jenen Stunden auf, in | |
denen die physischen Netzkapazitäten nicht ausreichen, um den Strom aus der | |
Zone der Erzeugung in die Zone des Verbrauchers zu transportieren. | |
Deswegen: Ja, wenn es unterschiedliche Strompreiszonen gäbe, präziser auch | |
„Stromgebotszonen“ genannt, würde es Stunden im Jahr geben, in denen der | |
Strom am Spotmarkt in Süddeutschland teurer wäre als in Norddeutschland. | |
Andererseits: Je weiter die Übertragungsnetze in Deutschland ausgebaut | |
werden, umso seltener werden solche Stunden mit Preisdifferenzen sein. | |
Deswegen ist davon auszugehen, dass die Strompreise sich im Jahresmittel in | |
den verschiedenen Zonen nur geringfügig unterscheiden würden. | |
Für die Stabilität des Stromsystems wären mehrere Preiszonen sinnvoll, weil | |
sie auf marktwirtschaftlichem Weg auf Verbrauch und Erzeugung wirken, etwa | |
auf den Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken, was heute noch aufwendig im | |
Rahmen des Redispatch erfolgt. Der Redispatch ist ein regulatorischer und | |
eigentlich marktwidriger Eingriff in den Strommarkt aufgrund physikalischer | |
Zwänge wie Netzengpässen. | |
Zuletzt wurde das Thema Stromgebotszonen munter vermischt mit der Frage, | |
wer künftig in Regionen mit viel Windkraft die nötige Verstärkung der | |
Verteilnetze bezahlt. Sollen das – wie heute – nur die Verbraucher im | |
betreffenden Netzgebiet sein? Oder will man die Kosten bundesweit auf alle | |
Verbraucher umlegen? Dann würden auch Kunden von Stadtwerken, die keine | |
oder kaum Windkraftanlagen in ihrem Netz haben, über ihre Netzentgelte den | |
Ausbau der Infrastruktur in anderen Teilen Deutschlands mitbezahlen. Der | |
Chef der Bundesnetzagentur befürwortete das jüngst. | |
19 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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