# taz.de -- Reform des EU-Strommarkts: Auch Atom und Kohle profitieren | |
> Um Verbraucher vor plötzlichen Preisschocks zu schützen, reformiert die | |
> EU den Strommarkt. Grüne sehen ein „schlechtes Zeichen für den Green | |
> Deal“. | |
Bild: Nicht nur Erneuerbare Energie, sondern auch Atomkraft- und sogar Kohlekra… | |
Brüssel taz | In Deutschland wird der Strom teurer – doch die EU will die | |
Verbraucher vor plötzlichen Preisschocks schützen. Dies ist ein zentrales | |
Ziel bei der [1][Reform des Strommarkts], auf die sich das Europaparlament | |
und die [2][27 EU-Staaten] in Straßburg geeinigt haben. Zudem soll der | |
Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. | |
Die Reform werde den Strommarkt „stabiler, erschwinglicher und | |
nachhaltiger“ machen, erklärte das Parlament. Damit wolle man die Lehren | |
aus der Energiekrise ziehen. 2022 war der Strompreis in die Höhe | |
geschnellt, weil die Preisbildung an die teuersten Energieträger – in | |
diesem Fall Gas – gebunden ist. Und Gas war in Folge des Ukraine-Kriegs | |
kostspielig wie nie. | |
An dem System der Preisbildung – der sogenannten [3][Merit Order] – will | |
die EU trotz der offensichtlichen Mängel nichts ändern. Allerdings sollen | |
Sicherungen eingebaut werden. Im Falle einer neuen Krise sollen die | |
Strompreise für schutzbedürftige Kunden gesenkt werden können. Zudem soll | |
es ein Recht auf Verträge mit festen Preisen geben. | |
Der Deal hat auch eine soziale und eine ökologische Komponente. So soll den | |
Versorgern künftig verboten werden, säumigen Kunden den Strom abzudrehen. | |
Zudem werden Investitionen in erneuerbare Energien gefördert. Dies | |
geschieht über sogenannte Differenzverträge, die den Stromerzeugern einen | |
Mindestpreis sichern. | |
## Frankreich und Polen setzen sich durch | |
Als erneuerbare Energien werden allerdings nicht nur Wind, Sonne und | |
Wasserkraft anerkannt. Vielmehr können auch Atomkraftwerke und sogar | |
Kohlekraftwerke von den neuen Regeln profitieren. Darauf hatten Frankreich | |
und Polen bestanden – und sich am Ende durchgesetzt. Die meisten | |
Abgeordneten hatten damit kein Problem. | |
Denn ohne Kohle- und Atomstrom wäre die Energiekrise im vergangenen Jahr | |
wahrscheinlich noch härter ausgefallen. Man habe sich für einen | |
„technologieneutralen und marktorientierten Ansatz“, entschieden, erklärte | |
Christian Ehler (CDU), energiepolitischer Sprecher der konservativen | |
EVP-Fraktion im Europaparlament. | |
Kritik kommt dagegen von den Grünen, die den Deal nicht mitgetragen haben. | |
„Die Atom- und Kohlestaaten haben sich durchsetzen können, der Klimaschutz | |
bleibt auf der Strecke“, sagte [4][Michael Bloss], der Verhandlungsführer | |
für die Grünen war. Von der groß angekündigten Reform des Strommarktes sei | |
am Ende nicht viel übrig geblieben. „Das ist ein schlechtes Zeichen für den | |
Green Deal und die Modernisierungsfähigkeit Europas“, sagte Bloss. | |
Die Einigung muss nun noch einmal vom EU-Parlament und den Ländern | |
bestätigt werden. Dies gilt als Formsache. | |
14 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20231211IPR15805/electric… | |
[2] https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2023/12/14/reform-o… | |
[3] /Preise-fuer-Strom-und-Gas/!5893298 | |
[4] https://twitter.com/micha_bloss | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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