| # taz.de -- China-Strategie der Bundesregierung: Vorsicht bei Konfuzius | |
| > Die Ampel-Koalition warnt deutsche Hochschulen vor chinesischer | |
| > Einflussnahme. Kooperationen mit Konfuzius-Instituten müssten auf den | |
| > Prüfstand. | |
| Bild: Chinesische Bücher in der Bibliothek des Konfuzius-Instituts an der FU B… | |
| Berlin taz | In ihrer [1][neuen China-Strategie] warnt die Bundesregierung | |
| vor dem wachsenden Einfluss Pekings auf Wissenschaft und Forschung. Für | |
| deutsche Hochschulen, die mit China kooperieren, stellt sie dabei klare | |
| Spielregeln auf. In dem Papier, das vergangene Woche vorgestellt worden | |
| ist, heißt es wörtlich: „Die Zusammenarbeit mit China gestalten wir unter | |
| Achtung des verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatzes der Freiheit der | |
| Wissenschaft und der damit verbundenen Verantwortung. Risiken für die | |
| Freiheit von Forschung und Lehre, illegitime Einflussnahme und einseitiger | |
| Wissens- bzw. Technologietransfer müssen dabei minimiert werden.“ | |
| Das ist eine neuerliche Verschärfung im Ton. Oder, wie es DAAD-Präsident | |
| Joybrato Mukherjee gegenüber der taz formuliert, eine Aufforderung, | |
| „wachsam zu sein und ihre Kooperationen in und mit China genauer zu | |
| prüfen“. Zwar ist den Hochschulen schon länger bekannt, wie stark der | |
| chinesische Staat in die Wissenschaftsfreiheit eingreift. Dennoch stand bei | |
| den Hochschulkooperationen beider Länder vor allem die positive | |
| Brücken-Funktion im Mittelpunkt. | |
| Heute stehen besonders die [2][sogenannten Konfuzius-Institute in der | |
| Kritik].Die Kultureinrichtungen sind meist direkt an der Partnerhochschule | |
| angesiedelt, werden jedoch vom chinesischen Bildungsministerium gelenkt. | |
| Das Unbehagen über diese Fernsteuerung hat bei einigen Hochschulen dazu | |
| geführt, die Kooperation mit ihren Konfuzius-Instituten zu beenden. | |
| Die ersten Konfuzius-Institute in Deutschland wurden 2006 in Berlin und | |
| Nürnberg gegründet. 2019 räumte die Bundesregierung in ihrer [3][Antwort | |
| auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion] ein, dass im Vorjahr China | |
| einen entscheidenden ideologischen Schwenk vollzogen hatte: Es wurde der | |
| „Aufbau einer sozialistischen Kultur“ und die Unterstützung einer | |
| „Diplomatie chinesischer Prägung“ ins Zentrum der Arbeit der Institute | |
| gestellt. Dafür würde auch „ideologisch geschultes chinesisches | |
| Lehrpersonal ins Ausland entsandt“. | |
| Bald darauf konnte der deutsche Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht | |
| 2020 bestätigen, dass „im akademischen Bereich die chinesischen | |
| Konfuzius-Institute bedeutsame Akteure auf dem Feld der Einflussnahme | |
| sind“. Auch die Bundesregierung beobachte das Wirken der | |
| Konfuzius-Institute an [4][deutschen Hochschulen aufmerksam], teilte sie im | |
| April 2022 auf eine Anfrage der Unionsfraktion mit. Allerdings stellte sie | |
| auch klar: „Der Bundesregierung liegen derzeit keine Belege dafür vor, dass | |
| Konfuzius-Institute in Deutschland ein Einfallstor für Forschungsspionage | |
| oder Technologieabfluss darstellen.“ | |
| Doch die Reibungen nahmen ständig zu. Vor zwei Jahren verhinderte Peking | |
| eine Lesung des Buchs „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt“ durch … | |
| Autoren Adrian Geiges und Stefan Aust am Leibniz-Konfuzius-Institut | |
| Hannover und am Konfuzius-Institut Metropole Ruhr in Duisburg. Auch die | |
| Aufführung der preisgekrönten Dokumentation „In the Name of Confucius“ ü… | |
| die wachsende globale Kontroverse um die Konfuzius-Institute sollte nach | |
| dem Willen der chinesischen Einrichtungen nicht stattfinden. | |
| ## Manche Unis beendeten Kooperation | |
| Die Leibniz-Universität Hannover beendete nach dem Buch-Konflikt ihre | |
| Kooperation mit dem Konfuzius-Institut. Auch an den Standorten Trier und | |
| Erfurt ging die Zusammenarbeit zu Ende. In Frankfurt am Main hat die | |
| Goethe-Universität ihren seit 2008 bestehenden Kooperationsvertrag mit dem | |
| Frankfurter Institut zwar nicht weiter verlängert. Aber sie will dessen | |
| Dienste, vor allem die chinesischen Sprachkurse für Angehörige der | |
| Universität, „anlassbezogen“ in Anspruch nehmen. | |
| Andere Hochschulen hingegen sehen in der Kooperation bis heute kein | |
| Problem. In Leipzig etwa wird die seit 15 Jahren bestehende Zusammenarbeit | |
| [5][zwischen Konfuzius-Institut] und Uni fortgesetzt. Im Vertrag stünden | |
| keine Beschränkungen, über welche Themen das Institut sich äußern dürfe, | |
| erklärte der Sinologe und Leiter des Konfuzius-Instituts, Benjamin | |
| Creutzfeldt, gegenüber dem MDR. Selbst die Uni Duisburg-Essen, die wegen | |
| der unliebsamen Buchlesung den Einfluss Pekings zu spüren bekam, hat soeben | |
| einen neuen Vertrag mit dem Konfuzius-Institut für fünf Jahre | |
| abgeschlossen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. | |
| Dagegen plädiert Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) für | |
| ein härtere Gangart. Mit der Reise nach Taiwan im Frühjahr hat sie ihre | |
| Worte bekräftigt, gegenüber Peking „klare Kante“ zu zeigen. In Sachen | |
| Konfuzius-Institute lediglich Warnungen auszusprechen, sei nicht mehr | |
| sachgerecht. Konsequenzen seien nun gefordert, und die sieht sie in der | |
| Beendigung der Zusammenarbeit. „Es sollten noch mehr Hochschulen als bisher | |
| ihre Verbindungen zu den Konfuzius-Instituten kritisch hinterfragen“, sagte | |
| Stark-Watzinger. | |
| ## Keine Naivität im akademischen Austausch | |
| In abgeschwächter Form taucht diese Forderung in der China-Strategie auf. | |
| „Deutsche Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen sollen | |
| sicherstellen“, heißt es dort, „dass Kooperationen mit Konfuzius-Instituten | |
| und vergleichbaren chinesischen Partnern den Ansprüchen unseres Bildungs- | |
| und Wissenschaftssystems gerecht werden“. Das bedeutet: Keine Kungelei mit | |
| Gegnern der Wissenschaftsfreiheit. Und weiter: „Wir erwarten maximale | |
| Transparenz und Öffentlichkeit.“ Ein klarer Appell an die | |
| Wissenschaftsakteure. | |
| Auch DAAD-Präsident Mukherjee mahnt: „Selbst wenn China ein wichtiger | |
| Kooperationspartner ist, so dürfen wir auch im akademischen Austausch nicht | |
| naiv sein“. Der chinesische Staat verfolge eine Agenda, die nicht immer | |
| deckungsgleich mit der unsrigen sei. In manchen Fachbereichen sind die | |
| Risiken aus seiner Sicht „klar angewachsen“. So seien manche Kooperation | |
| nicht mehr möglich, weil unklar ist, ob die Ergebnisse nicht militärisch | |
| genutzt werden. Ähnlich problematisch findet Mukherjee, wenn gemeinsame | |
| Forschungsergebnisse aufgrund einer „restriktiven Datengesetzgebung“ nicht | |
| mehr geteilt werden können – eine Weiterführung ergebe dann „keinen Sinn | |
| mehr“. Auch den Einfluss Pekings über die Konfuzius-Institute sieht der | |
| DAAD-Präsident kritisch. Allerdings hält Mukherjee nichts von einem | |
| pauschalen Verbot: „Hierbei ist es sehr von der jeweiligen | |
| Vertragsgestaltung abhängig, ob der chinesische Einfluss kritisch gesehen | |
| werden muss oder nicht“. | |
| Eine ähnliche Position vertritt auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK). | |
| „Ein pauschales Verbot der Kooperation mit Konfuzius-Instituten scheint mir | |
| nicht sinnvoll, da dies der unterschiedlichen Lage vor Ort nicht gerecht | |
| würde“, sagt HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber der taz. In einigen | |
| Fällen sei die Kooperation beendet worden oder ruhe, in anderen Fällen sei | |
| der Vertrag neu verhandelt worden. „Die Entscheidungen der Hochschulen ist | |
| dabei Teil ihres autonomen Handelns und sollte diesen überlassen bleiben“, | |
| betont Rosenthal. Positiv sei der Schritt einiger Unis, ihren | |
| Kooperationsvertrag mit dem Konfuzius-Institut zu veröffentlichen. „Diese | |
| Art von Transparenz begrüße ich sehr“, so der HRK-Chef. Auf diese Weise | |
| würde für alle sichtbar, wie weit der Einfluss der schwierigen Partner aus | |
| China reicht – oder eben nicht. | |
| 19 Jul 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /China-Strategie-der-Bundesregierung/!5943798 | |
| [2] /Chinastrategie-der-Bundesregierung/!5948408 | |
| [3] https://dserver.bundestag.de/btd/19/155/1915560.pdf | |
| [4] /Hamburger-Uni-geht-auf-Abstand-zu-China/!5705431 | |
| [5] /Rolle-von-Konfuzius-in-China/!5800232 | |
| ## AUTOREN | |
| Manfred Ronzheimer | |
| ## TAGS | |
| Ampel-Koalition | |
| China | |
| Wissenschaft | |
| Austausch | |
| Bundesregierung | |
| Spionage | |
| Hochschule | |
| China | |
| BMZ | |
| China | |
| China | |
| China | |
| China | |
| China | |
| Universität Hamburg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Hochschulkooperationen mit China: DAAD warnt Unis vor Naivität | |
| Hochschulen sollen sich besser auf Kooperationen mit China vorbereiten und | |
| Risiken identifizieren, rät der Deutsche Akademische Austauschdienst | |
| (DAAD). | |
| Entwicklungspolitik in Asien: Weiter so, aber feministisch | |
| Das Entwicklungsministerium hat die neue Asien-Strategie vorgestellt. | |
| Feministische Entwicklung, Innovationen und Klimagerechtigkeit stehen im | |
| Fokus. | |
| Chinas Einfluss auf deutsche Unis: Wissenswertes in Erlangen | |
| An deutschen Unis wächst die Sorge vor chinesischer Einflussnahme. An | |
| manchen Hochschulen hat das nun Folgen für Wissenschaftler:innen aus | |
| China. | |
| China entlässt Außenminister Qin Gang: Eine dilettantische Säuberung | |
| Chinas Regierung hat mit der Entlassung des Außenministers scheinbar Macht | |
| demonstriert. Aber tatsächlich zeigt sie damit Instabilität und Schwäche. | |
| Chinas Außenminister verliert Amt: Qin Gangs großer Sprung ins Aus | |
| Chinas Außenminister Qin Gang, Vertrauter von Präsident Xi, ist aus seinem | |
| Amt entfernt worden. Er war seit Wochen nicht mehr öffentlich aufgetreten. | |
| Streit um chinesische Zensur: Chinas Arm in Hannover | |
| Nach der Absage einer Lesung am Konfuzius-Institut Hannover mehrt sich | |
| Kritik: China habe Zensur geübt. Die Uni erwägt eine Ende der Kooperation. | |
| Rolle von Konfuzius in China: Bewusstsein der eigenen Geschichte | |
| Chinas Führung entdeckt Konfuzius neu. Doch was erzählt die Renaissance des | |
| Klassikers über das gegenwärtige chinesische Regime? | |
| Hamburger Uni geht auf Abstand zu China: Tschüss, Konfuzius | |
| Die Hamburger Uni beendet die Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut. | |
| Begründet wird das mit mangelnder Wissenschaftsfreiheit in China. |