# taz.de -- Chinas Einfluss auf deutsche Unis: Wissenswertes in Erlangen | |
> An deutschen Unis wächst die Sorge vor chinesischer Einflussnahme. An | |
> manchen Hochschulen hat das nun Folgen für Wissenschaftler:innen aus | |
> China. | |
Bild: Regierungstreue Studierende begrüßen die chinesische Delegation vor dem… | |
ERLANGEN taz | Wie naiv Hochschulen in Deutschland bisweilen mit | |
chinesischer Spionage umgehen, demonstrierte just die Universität | |
Erlangen-Nürnberg. Hätte nicht der deutsche Zoll eingegriffen, wäre sich | |
die Friedrich Alexander Universität (FAU) der Gefahr nicht bewusst gewesen. | |
FAU-Präsident Joachim Hornegger erklärte im Anschluss gegenüber dem | |
Bayerischen Rundfunk, dass die Uni beim Wissenstransfer und bei der Ausfuhr | |
von Gütern ihrer Meldepflicht nicht bei allen Vorgängen nachgekommen sei. | |
Es ging um Forschungsprojekte mit Bezug zu „Dual-Use“-Themen – Forschung, | |
die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke verwendet werden kann. | |
Wo das enden kann, zeigt die jahrelange Zusammenarbeit deutscher und | |
chinesischer Wissenschaftler:innen in Heidelberg. Eine Recherche von | |
Correctiv und der Deutschen Welle zeichnet nach, wie [1][Quantenphysiker | |
aus China regelmäßig an der dortigen Universität forschten], ehe sie ihr | |
Wissen in der chinesischen Rüstungsindustrie einbrachten. | |
Sicherheitsexperten bringen auch den Durchbruch Chinas bei abhörsicheren | |
Satelliten mit der engen Zusammenarbeit in Heidelberg in Verbindung. | |
Schließlich hat die deutsche der chinesischen Partneruni, der University of | |
Science and Technology in Hefei, ein hochmodernes Quantenlabor zur | |
Verfügung gestellt. Wenn Chinas Staatspräsident Xi Jinping das erklärte | |
Ziel erreicht, bis 2030 führend in der Quantenforschung zu sein, hat er das | |
wohl auch deutschen Unis zu verdanken. | |
## China-Strategie der Bundesregierung | |
Vor genau solchen Fällen warnt die Bundesregierung seit Monaten. In der | |
neuen [2][China-Strategie, die die Ampel im Juli vorgestellt hat,] nimmt | |
sie die Hochschulen in die Pflicht: „Die Risiken für die Freiheit von | |
Forschung und Lehre, illegitime Einflussnahme und einseitiger Wissens- bzw. | |
Technologietransfer müssen […] minimiert werden“, heißt es dort. | |
Im Frühling hatte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) | |
bereits die Hochschulen in Deutschland aufgefordert, ihre [3][Verbindungen | |
mit den umstrittenen Konfuzius-Instituten zu hinterfragen]. In der Kritik | |
stehen die Institute, weil sie direkt vom chinesischen Bildungsministerium | |
gelenkt werden und mehrfach durch Versuche aufgefallen sind, unliebsame | |
Veranstaltungen ihrer Partnerunis zu verhindern. Manche wie die Uni | |
Hannover haben die Kooperation daraufhin schnell beendet – andere wie die | |
Uni Duisburg-Essen sehen darin bis heute kein Problem. | |
## Loyalität zur Partei | |
Sehr unterschiedlich gehen die Hochschulen auch mit | |
Wissenschaftler:innen um, denen eine große Nähe zum chinesischen Staat | |
unterstellt werden muss. Dazu gehören Doktorand:innen, die über das Chinese | |
Scholarship Council (CSC) gefördert werden – und die per Vertrag zusichern | |
müssen, regelmäßigen Kontakt mit einer chinesischen Botschaft zu halten und | |
nicht gegen die Interessen und die Sicherheit ihres Heimatlandes zu | |
handeln. | |
Große Universitäten wie die FU Berlin oder die LMU München haben in den | |
vergangenen Jahren Hunderte CSC-Stipendiat:innen aufgenommen. Wie jetzt | |
bekannt wurde, müssen sich auch Wissenschaftler:innen der Chinesischen | |
Akademie der Wissenschaften (CAS) loyal der chinesischen Führung gegenüber | |
erklären. | |
## Pekings wachsender Einfluss in der Wissenschaft | |
Die deutschen Hochschulen bringt Pekings wachsender Einfluss in ein | |
Dilemma. „China ist einer der dynamischen Innovationsräume der Welt“, sagt | |
der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Walter Rosenthal der | |
taz. Der Hochschulsektor expandiere in großem Tempo und bringe begabte und | |
erfolgreiche Wissenschaftler:innen hervor. | |
„Das macht China zu einem bedeutenden Player im weltweiten Austausch von | |
Wissen und Erkenntnissen.“ Gleichzeit hält es Rosenthal für geboten, | |
wachsam gegenüber Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit, illegitimer | |
Einflussnahme oder einseitigem Wissens- und Technologietransfer zu sein – | |
und entsprechend zu handeln. Im Einzelfall führe das heute bereits zur | |
Beendigung entsprechender Kooperationen. | |
## Keine Stipendiat:innen mehr | |
Tatsächlich hat die Universität Erlangen-Nürnberg als erste entschlossen, | |
die Aufnahme von CSC-Stipendiat:innen auszusetzen – eine Lehre aus dem | |
Rüffel der Zollbeamten. Wie die HRK bestätigt, erwägen weitere Hochschulen | |
diesen Schritt, zumindest in bestimmten Fachgebieten. | |
Generell gelte bei chinesischen Forscher:innen: genau hinschauen, mit | |
welchen Personen und Einrichtungen man in welchen Bereichen und unter | |
welchen Rahmenbedingungen kooperiert. Die Pflicht, der kommunistischen | |
Partei gegenüber loyal zu sein und der nationalen Sicherheit zu dienen, | |
gelte schließlich für die gesamte Wissenschaft. | |
## Kein pauschales Verbot | |
Von einem pauschalen Verbot der Zusammenarbeit mit China hält die HRK | |
jedoch wenig. Ebenso die Wissenschaftler:innen, die zu China forschen. In | |
der aktuellen Ausgabe der Zeit warnen zwei Sinolog:innen davor, die | |
Wissenschaftsfreiheit zu beschränken. Nicht die Politik, sondern die | |
Wissenschaftsgemeinschaft selbst sollte sich auf Spielregeln mit China | |
verständigen. | |
Doch ob die dazu imstande ist, darf angezweifelt werden. Die Universität | |
Heidelberg etwa, die ungewollt der chinesischen Rüstungsforschung auf die | |
Sprünge half, stellt sich bis heute auf den Standpunkt, dass die | |
Quantenforschung in Heidelberg Grundlagenforschung war und ist. | |
27 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://correctiv.org/aktuelles/china-science-investigation/2023/06/13/wie-… | |
[2] /China-Strategie-der-Bundesregierung/!5943798 | |
[3] /Chinastrategie-der-Bundesregierung/!5948408 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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