# taz.de -- Chinastrategie der Bundesregierung: Kulturaustausch und Propaganda | |
> Einige Länder haben die chinesischen Konfuzius-Institute verboten. An | |
> deutschen Universitäten sind sie angedockt – und erhalten Steuergelder. | |
Bild: Konfuzius wirkt (zumindest indirekt) in Deutschland weiter | |
PEKING taz | Die Bundesregierung will ihr Verhältnis zu China neu | |
austarieren und in diesem Zuge auch den Umgang mit den Konfuzius-Instituten | |
an deutschen Universitäten auf den Prüfstand stellen. Das ist ein Aspekt | |
der Chinastrategie, die in der vergangenen Woche vorgestellt wurde. | |
Konzipiert wurden die Konfuzius-Institute vor knapp 20 Jahren unter der | |
Ägide des damaligen Präsidenten Hu Jintao und seines Premier Wen Jiabaos. | |
Schon damals waren sie in ihrem Kern ambivalent: Nach außen ging es vor | |
allem um Sprachunterricht und kulturelle Veranstaltungen. Gleichzeitig | |
verkündete der damalige Propaganda-Chef Li Changchun, die | |
Konfuzius-Institute seien ein „wichtiger Teil der externen [1][Propaganda | |
der kommunistischen Partei] Chinas“. | |
Wer auf den Webseiten der Konfuzius-Institute stöbert, findet immer wieder | |
den Hinweis, die eigene Arbeit sei vergleichbar mit der des deutschen | |
Goethe-Instituts, des British Council oder des Institut français. Doch die | |
Selbstbeschreibung ist irreführend, und das nicht nur aus inhaltlichen | |
Gründen. Denn im Gegensatz zu den europäischen Kulturvertretungen agiert | |
das Konfuzius-Institut nicht als eigenständiges Haus, sondern dockt stets | |
als Kooperationspartner an bestehenden Universitäten an. Diese stellen die | |
Räumlichkeiten, Peking hingegen entsendet das Lehrpersonal und die | |
notwendigen Gelder. | |
## 19 Konfuzius-Institute gibt es in Deutschland | |
Jenes Geschäftsmodell macht eine Infiltrierung durchaus möglich. Denn für | |
die chronisch unterfinanzierten Universitäten entstehen Abhängigkeiten, die | |
zumindest potenziell das Risiko eine Einflussnahme erhöhen. Und selbst wenn | |
diese Karte nicht ausgespielt wird, lässt sich ein grundsätzliches Problem | |
nicht vermeiden: Allein, dass deutsche Universitäten eine offizielle | |
Vertretung des chinesischen Staats ins eigene Haus lassen, stellt eine | |
gewisse Legitimation dar. Als eingetragene Vereine werden die Institute | |
zudem staatlich mit Steuergeldern gefördert. | |
19 Konfuzius-Institute gibt es noch in Deutschland, die Tendenz zeigt | |
allerdings nach unten. Die meisten Neueröffnungen lanciert China | |
mittlerweile im Globalen Süden, bevorzugt in nichtdemokratischen Staaten. | |
Die meisten Veranstaltungen der Institute in Europa sind bewusst | |
unpolitisch, sie reichen von Vortragsabenden in chinesischer Medizin über | |
klassische Konzertaufführungen bis hin zu Tee-Workshops. | |
Tatsächlich haben die Institute bislang zwar nur eine Handvoll politische | |
Skandale produziert, doch diese ließen tief blicken: 2014 fand im | |
portugiesischen Braga eine akademische Konferenz statt, welche in Teilen | |
vom örtlichen Konfuzius-Institut gesponsert wurde. Als die damals weltweite | |
Leiterin der Konfuzius-Institute, Xu Lin, anreiste, fand sie in dem | |
gedruckten Programm mehrere Inhalte, die ihrer Ansicht nach „gegen | |
chinesische Regulierungen verstoßen“ würden – unter anderem die Nennung | |
eines anderen Instituts aus Taiwan, welches ebenfalls als Geldgeber | |
fungierte. Xu orderte kurzerhand ihre Mitarbeiter an, die Materialien zu | |
konfiszieren, die betroffenen Seiten händisch auszureißen und erst dann | |
wieder zurückzugeben. | |
In den vergangenen Jahren kam es in Europa zu landesweiten Verboten: In | |
Belgien entschied sich die Regierung zu diesem Schritt, nachdem ein Leiter | |
eines Konfuzius-Instituts mutmaßlich versucht hatte, | |
Geheimdienstmitarbeiter zu rekrutieren. Auch in Schweden sind | |
Konfuzius-Institute mittlerweile nicht mehr erlaubt. In Deutschland ist man | |
davon weit entfernt. Begründet wird die Kooperation mit dem Wunsch nach | |
gegenseitigem Austausch – auch wenn dieser zunehmend durch ein repressives | |
China unter Xi Jinping eingeengt wird. | |
19 Jul 2023 | |
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[1] /Rolle-von-Konfuzius-in-China/!5800232 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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