# taz.de -- Streit um chinesische Zensur: Chinas Arm in Hannover | |
> Nach der Absage einer Lesung am Konfuzius-Institut Hannover mehrt sich | |
> Kritik: China habe Zensur geübt. Die Uni erwägt eine Ende der | |
> Kooperation. | |
Bild: Kein Wort zu viel über den chinesischen Präsidenten Xi Jinping – auch… | |
HAMBURG taz | Eigentlich hätten die Journalisten Stefan Aust und Adrian | |
Geiges am 27. Oktober ihre Biografie „Xi Jinping – der mächtigste Mann der | |
Welt“ im Hannoverschen Konfuzius-Institut vorgestellt. Doch nachdem in | |
Hannover – und ebenso in Duisburg – die Lesung kurzfristig abgesagt wurde, | |
ist stattdessen eine Debatte über chinesische Zensur in Deutschland | |
entbrannt. | |
Für den Co-Autor Adrian Geiges kam die Absage doppelt überraschend: Das | |
Leibniz-Konfuzius-Institut Hannover (LKIH), das sein Programm mit der | |
chinesischen Partneruni abstimmt, hatte dazu extra einen Teil der Biografie | |
über den chinesischen Präsidenten vorab übersetzt. Aus China war kein Veto | |
gekommen. Zudem haben die Autoren ihr Buch noch Ende September im Leipziger | |
Konfuzius-Institut vorgestellt. | |
Laut Geiges waren die MitarbeiterInnen in Hannover „selber schockiert über | |
die Absage“. Das kurzfristige Veto hätte man sich damit erklärt, „dass es | |
gar nicht um Inhalte geht, sondern dass Xi Jinping als unantastbar, | |
unbesprechbar gilt“. | |
In einer [1][Stellungnahme zur Absage] äußert sich das LKIH bemerkenswert | |
deutlich: Es sei zu „Meinungsverschiedenheiten mit den chinesischen | |
Partnern“ gekommen, die „ein Festhalten an dem Format und eine Mitwirkung | |
des LKIH nicht mehr möglich machten“. Und: „Das LKIH unterstreicht den Wert | |
einer unabhängigen und selbstbestimmten Programmplanung und ist erstmalig | |
mit dieser Situation konfrontiert.“ Derzeit evaluiere und kläre man die | |
Angelegenheit in den verantwortlichen Gremien des Instituts. | |
## Absage „nicht akzeptabel“ | |
Die Absage hat weite Kreise gezogen. Felicitas von Lovenberg, die | |
Verlegerin von Piper, wo die Biografie erschienen ist, nannte sie „ein | |
beunruhigendes und verstörendes Signal“. Die Uni Hannover wird da noch | |
deutlicher. Die Absage sei „nicht akzeptabel“, jeglicher Versuch der | |
„politischen Einflussnahme auf Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit | |
der Leibniz-Universität durch ausländische Regierungen“ sei „strikt | |
zurückzuweisen“, heißt es in einer [2][Stellungnahme]. | |
Die Uni hat die Autoren nun selbst zu einer Lesung eingeladen – dies sei | |
ihr eine „Ehre und Freude“. Aber mehr noch, sie will die Kooperation mit | |
dem Konfuzius-Institut zeitnah „überprüfen“. Und auch auf politischer Ebe… | |
kam Gegenwind: Der niedersächsische Wissenschaftsminister Björn Thümler | |
(CDU) hat die Uni um „Aufklärung und Stellungnahme“ gebeten. Danach wolle | |
man „die notwendigen Konsequenzen ziehen“, schreibt seine Sprecherin Heinke | |
Träger. | |
Die Konfuzius-Institute stehen in Deutschland schon länger in der Kritik; | |
einige Universitäten haben in den letzten Jahren die Kooperation | |
aufgekündigt. So etwa in Hamburg, wo die Uni mit Verweis auf mangelnde | |
Wissenschaftsfreiheit in China die [3][Zusammenarbeit 2020 beendete]. Auf | |
der Internetseite des Hamburger Instituts erscheint als ein | |
Kooperationspartner die „Chinese international education foundation“ – die | |
wiederum 2020 in der chinesischen Global Times gewürdigt wurde als | |
Neugründung, um die „westliche Missinterpretation“ zu zerstreuen, das | |
Konfuzius-Institut-System diene als Chinas „ideologische | |
Marketingmaschine“. | |
## Ende der Konfuzius-Strategie | |
Der Sinologe Sascha Klotzbücher, der die Göttinger Professur „Wirtschaft | |
und Gesellschaft Chinas“ verwaltet – und die Autoren ebenfalls eingeladen | |
hat – sieht die Konfuzius-Institute ohnehin als Auslaufmodell. Er wertet | |
die anders als in Hannover offen erfolgte Intervention in Duisburg, wo der | |
Generalkonsul Einspruch gegen die Lesung erhob, als klares Signal, „dass | |
China sich von dieser Konfuzius-Strategie trennen und wirkungsvollere | |
Methoden der Infiltration vorbereitet“. | |
Daher sei die offene Zensur Teil der Strategie: „Damit muss China selbst | |
nicht die Schließung der Institute verkünden und ihre deutschen Fürsprecher | |
enttäuschen, sondern den letzten Schritt der Schließung überlässt sie der | |
deutschen Politik, die nach diesem Vorfall reagieren muss und wird.“ Zu den | |
FürsprecherInnen gehört der ausgeladene Autor Geiges: Für ihn sind die | |
Konfuzius-Institute Teil eines „Wandels durch Annäherung“. Die Plattform | |
für den Dialog hätte folglich keinen Platz mehr, wenn die Institute dicht | |
machen. | |
27 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.lkih.de/allgemein/stellungnahme-des-lkih-zum-abgesagten-online-… | |
[2] https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/presseinformationen/d… | |
[3] /Hamburger-Uni-geht-auf-Abstand-zu-China/!5705431 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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