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# taz.de -- Rassismus in Schulbüchern: Besser spät als nie
> Die Bremer Bildungsbehörde hat Schulbücher auf diskriminierende Inhalte
> durchleuchten lassen. Das ist immerhin ein erster Schritt.
Bild: Im Kampf gegen Rassismus hilft ein Blick in die Schulbücher
Bremen taz | Das Problem lässt sich nicht einfach so aus der Welt schaffen.
Trotzdem ist die „diskriminierungskritische Analyse von Schulbüchern im
Land Bremen“, die die [1][Berliner Kulturwissenschaftlerin Meral El] im
Auftrag der Bremer Landeszentrale für politische Bildung vorgelegt hat, ein
gutes Projekt, wenn auch zwangsläufig eines mit Wenn und Aber.
Denn logisch muss die Kritik an Rassismus in Schulbüchern an Bestände eines
Wissens anknüpfen, das im rassistischen Diskurs etabliert worden ist. Sie
kommt also nicht umhin, diesen Diskurs zu reproduzieren und zu bestätigen.
Echte Hoffnung gibt es also keine: Wir kommen aus der Nummer nicht raus.
Aber wenn wir uns, so hat es in den 1980ern der [2][Soziologe Stuart Hall]
in voller Anerkennung dieser Unentrinnbarkeit beschrieben, „mit den
verschlungenen Wegen befassen, auf denen ‚Rasse‘ und Rassismus in den
Medien konstruiert werden“, dann könnte es uns gelingen, „etwas zu
verändern“. Es geht darum, einen Prozess in Gang zu bringen, der kein
erreichbares Ziel, aber einen benennbaren Anfang hat.
„Man muss“, so Hall seinerzeit, „bloßlegen, was man auseinandernehmen
will.“ Und das ist, was Meral El nun für Bremen getan hat, im Auftrag der
Landeszentrale für politische Bildung, an zehn Unterrichtswerken, die im
Lernbereich Gesellschaft und Politik Einsatz finden – oder dafür zumindest
schulbehördlich zugelassen wurden. Erschienen sind die Bücher zwischen 2013
und 2020.
## Nicht mehr zum Lachen
Einschlägige Untersuchungen gibt es seit den 1990er Jahren in Deutschland,
mal als [3][universitäre Qualifikationsarbeit], mal als
[4][Überblicksstudie der Bundesbeauftragten für Migration]. Dass Meral El
trotz dieser langjährigen Sensibilisierungspraxis in ihrem Korpus noch
Kloppersätze findet wie „Die Industriestaaten erwarben Kolonien“ oder „d…
Herero wehrten sich gewaltsam gegen die deutschen Kolonialherren“, ist
eigentlich schon nicht mehr zum Lachen.
Aber ginge es bloß um diese Skandalisierung, wäre es am Ende des Tages
etwas wohlfeil und hätte etwas fälschlich Beruhigendes, weil: Klaro wissen
wir es besser, wir sind ja doch alle längst keine Rassist*innen mehr,
wir doch nicht. Und wir verwenden auch keine Triggerworte, das haben wir
nämlich gelernt, wenn auch noch nicht in der Schule.
Nein, ein wirklich gutes Vorbild ist diese kleine Untersuchung, weil sie
direkt im Wirkungskreis der Schulbehörde erstellt worden ist – die
Landeszentrale für politische Bildung ist eine Dienststelle der
Bildungssenatorin –, sich zudem konsequent auf deren eigenen
Kriterienkatalog als Standard bezieht – der von den Publikationen fast
ebenso konsequent unterboten wird – und zugleich selbst in die Praxis
ausfranst: „Ein dialogischer Austausch mit Expert:innen zur Studie“
bildet das letzte Kapitel der Broschüre. Und das kreist um die Frage, wie
sich die Erkenntnisse der Untersuchung in Unterricht übersetzen lassen –
etwa indem Lehrkräfte den Schüler*innen mitgeben, dass sie die Bücher
verändern können, statt sich ihnen zu unterwerfen.
Ach, es wäre schön, wenn diese Studie ein Anfang eines solchen
Unterrichtens wäre, das Autorität nutzt, ihr Verstricktsein in
Diskriminierungszusammenhänge einzusehen und zu unterwandern. Wenn es
glückt, könnte es autoritäres Denken unmöglich machen. Wenn es dafür mal
nicht zu spät ist.
7 Jul 2023
## LINKS
[1] /Neue-Organisationen/!5665430
[2] /Sammelband-des-Kulturtheoretikers-Hall/!5799538
[3] https://www.zef.de/uploads/tx_zefportal/Publications/psow_download_2.1%20De…
[4] https://www.integrationsbeauftragte.de/resource/blob/1872554/1882552/e000ef…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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Bildungssystem
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