| # taz.de -- Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns: Minimal mehr Mindestlohn | |
| > Sozialverbände hatten einen großen Sprung auf 14 Euro gefordert. Nun soll | |
| > das gesetzliche Minimum nur um 82 Cent steigen. Und auch das nur in zwei | |
| > Schritten. | |
| Bild: Putzwagen vor einer Toilettentür: Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es s… | |
| Berlin dpa/taz | Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll | |
| zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 | |
| Euro angehoben werden. Diesen Vorschlag legte die zuständige | |
| Mindestlohnkommission am Montag in Berlin vor. Die Empfehlung wurde dieses | |
| Mal allerdings nicht im Einvernehmen getroffen. Die Arbeitnehmervertreter | |
| in der Kommission sind gegen diese in ihren Augen zu geringe Anhebung und | |
| wurden nach eigenen Angaben in der Kommission überstimmt. | |
| Der Vorschlag der Mindestlohnkommission muss von der Bundesregierung noch | |
| per Verordnung verbindlich gemacht werden. Normalerweise ist das Formsache. | |
| Wie es vor dem Hintergrund dieses Abstimmungsergebnisses läuft, blieb am | |
| Montag zunächst unklar. | |
| „Die Beschlussfassung fällt in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und | |
| anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte | |
| gleichermaßen große Herausforderungen darstellen“, heißt es im Beschluss | |
| der Mindestlohnkommission. Die Mehrheit der Kommission halte es im Rahmen | |
| einer Gesamtabwägung für vertretbar, den Mindestlohn in diesem Umfang zu | |
| erhöhen. | |
| Die Mindestlohnkommission habe gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen | |
| absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst, teilte der Deutsche | |
| Gewerkschaftsbund (DGB) mit. Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der auch | |
| Mitglied der Mindestlohnkommission ist, sagte am Montag in Berlin: „Für | |
| eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere | |
| Hand reichen.“ Mit dem Beschluss erlitten die fast sechs Millionen | |
| Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. „Um einen | |
| Mindestschutz und einen Ausgleich der Inflation zu gewährleisten, hätte der | |
| Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und | |
| die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.“ | |
| ## Schwierige Verhandlungen | |
| Die Positionen hätten sehr weit auseinander gelegen, sagte die Vorsitzende | |
| der Mindestlohnkommission, Christiane Schönefeld, bei einer Pressekonferenz | |
| in Berlin. Die Verhandlungen dauerten ihren Angaben nach bis in den frühen | |
| Montagmorgen. | |
| Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte den Mindestlohn zuletzt | |
| zum 1. Oktober 2022 ausnahmsweise per Gesetz von 10,45 Euro auf 12 Euro | |
| angehoben. Vor allem die SPD hatte sich im Bundestagswahlkampf 2021 dafür | |
| eingesetzt. Der aktuelle Erhöhungsschritt soll nun wieder wie üblich auf | |
| Vorschlag der Kommission zustande kommen. | |
| ## Inflation übersteigt die Erhöhung deutlich | |
| Mit der Inflation kann die Anhebung aber nicht mithalten. Die liegt aktuell | |
| bei rund 7 Prozent. Die jetzt diskutierte Mehrbetrag entspräche einer | |
| Steigerung von weniger als 3,5 Prozent pro Jahr. Sie bedeutet also faktisch | |
| eine Reallohnkürzung. | |
| Angesichts stark gestiegener Verbraucherpreise h[1][atten sich unter | |
| anderem Sozialverbände für eine Anhebung um 2 Euro auf 14 Euro | |
| ausgesprochen] und auch darauf verwiesen, dass höhere Löhne später zu | |
| höheren Renten führen. Aus der Wirtschaft kamen dagegen Warnungen: „Eine zu | |
| deutliche und zu schnelle Erhöhung des Mindestlohns wäre für viele | |
| Handelsunternehmen nur sehr schwierig zu stemmen“, sagte etwa der | |
| Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth. | |
| Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es seit 2015 in Deutschland. Zum Start | |
| lag er bei 8,50 Euro die Stunde und ist seitdem mehrfach erhöht worden. | |
| Nach dem Mindestlohngesetz muss eine aus jeweils drei Arbeitgeber- und | |
| Gewerkschaftsvertretern, zwei Wissenschaftlern und einer oder einem | |
| Vorsitzenden besetzte Kommission alle zwei Jahre unter Berücksichtigung der | |
| Tarifentwicklung im Land einen Vorschlag für die künftige Höhe der | |
| Lohnuntergrenze machen. Stimmberechtigt sind die Arbeitgeber- und | |
| Arbeitnehmervertreter. Kommt es zum Patt, kann der oder die Vorsitzende mit | |
| seiner Stimme eine Mehrheit herstellen. Das war dieses Mal der Fall. | |
| Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes profitierten von der [2][letzten | |
| Erhöhung] im vergangenen Herbst rund 5,8 Millionen Beschäftigte, die vorher | |
| weniger als 12 Euro die Stunde verdienten. Arbeitgebern, die gegen die | |
| Lohnuntergrenze verstoßen, drohen Bußgelder bis zu 500 000 Euro. | |
| 26 Jun 2023 | |
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