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# taz.de -- Studie über Hamburger Wohnungsmarkt: Die Mietpreisexplosion kommt …
> Hamburger Senat und Wohnungswirtschaft feiern sich für ihr bisheriges
> Handeln. Nun will die Immobilienwirtschaft aber noch mehr Hilfe von der
> Politik.
Bild: Blauer Himmel über Neubauten in Altona: Die Aussichten sind jedoch düst…
Hamburg taz | Falls es Hamburger Mieter:innen im vergangenen Jahrzehnt
nicht klar war: Es waren gute Zeiten für sie. Zu diesem Ergebnis jedenfalls
kam am Montag das [1][„Hamburger Bündnis für das Wohnen“] – jener
Zusammenschluss aus der Stadt, den Bezirken und der Immobilienwirtschaft.
Man war in den Räumen der Behörde für Stadtentwicklung zusammengekommen, um
Bilanz zu ziehen.
Dort wurden Mieter:innen auf kommende, schlechte Jahre eingestellt:
Steigende Zinsen, anhaltender Fachkräftemangel, knappe Baustoffe und höhere
Ansprüche beim Klimaschutz würden es der Immobilienwirtschaft schwer
machen, günstigen Wohnraum anzubieten.
Während Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Montag in Hamburg
ankündigte, Vorgaben beim Bau von Wohnungen auf den Prüfstand stellen zu
wollen, um die Kosten zu drücken, hatte die im Bündnis vertretene
Immobilienwirtschaft eine lange Wunschliste an die Politik im Gepäck –
immer mit dem Verweis darauf, dass andernfalls niedrigere Mieten leider
nicht möglich seien.
Die Forderungen drehten sich um steigende Förderungen und Steuernachlässe,
um verschlankte Prüfstrukturen am Bau – aber auch um das Aussetzen von
Anforderungen bei energetischer Sanierung. So forderte etwa der Chef des
städtischen Wohnungsunternehmens Saga, Thomas Krebs, die Arbeit an einem
Anforderungskatalog für energetische Sanierungen müsse ausgesetzt werden.
## Wohnen sei weiterhin erschwinglich
Nur gute Botschaften – zumindest für die Gegenwart – hatte bereits am
Donnerstag die Wohnungswirtschaft verkündet. Da hatte sie mit einer groß
angelegten Studie im Gepäck den Auftakt für den Wohnungsgipfel am Montag
gemacht. „Wohnen ist in Hamburg weiterhin erschwinglich“, erklärte Sönke
Struck, Landesvorsitzender des Bundesverbands freier Wohnungsunternehmen
(BFW), bei der Vorstellung.
Erstellt hatte die Studie zum vierten Mal das wirtschaftsnahe Center for
Real Estate Studies (Cres), in Auftrag gegeben hatte es die Hamburger
Immobilienwirtschaft, bestehend aus dem BFW, dem Grundeigentümer-Verband,
dem Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) und dem
Immobilienverband Deutschland. 237.000 Mietverträge wurden für die Studie
untersucht – das sind rund 34 Prozent aller Mietverträge in Hamburg.
Demnach liegt die [2][durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter,] Stand
2022, bei moderaten 8,71 Euro. Mehr als zwei Drittel der untersuchten
Mieten befinden sich in einem Korridor von 6,90 Euro und 10,52 Euro. Das
entspricht nur einem moderaten Anstieg der untersuchten Mieten um knapp
zwei Prozent jährlich. 2019, als die Mietenstudie zuletzt erstellt wurde,
lag der Durchschnitt bei 8,21 Euro.
„Die Mieten entwickeln sich also langsamer als die Verbraucherpreise“,
sagte Studienautor Marco Wölfle. Zwar lägen die in der Studie untersuchten
Erst- und Wiedervermietungsmieten um neun Prozent über den Bestandsmieten,
jedoch machten sie auch nur rund zehn Prozent aller Mietverträge aus.
## Teure Angebote auf Online-Portalen
Für die Immobilienwirtschaft war die Vorstellung am Donnerstag ein guter
Anlass, um klarzustellen, dass der Hamburger Immobilienmarkt fantastisch
funktioniere. „Die Studie zeigt, dass es keinen Anlass zur Panik gibt“,
sagte etwa VNW-Chef Andreas Breitner. Dies gelte besonders, weil in der
Öffentlichkeit immer nur auf die Mietangebote auf Online-Portalen geschaut
würde, die teils astronomisch hoch sind.
„Analysen dieser Portalangebote halten statistisch nicht im Ansatz mit der
Studie mit“, sagte Breitner. Der Großteil der Neuvermietungen finde nicht
auf den Portalen statt. Neuvertragsmieten lägen daher erheblich – im
Schnitt um 56 Prozent – unter den Spitzen, die in Portalen dargestellt
werden, fasst es die Studie zusammen.
Auch wenn die Studie über den Hamburger Mietmarkt die größte ihrer Art ist,
gibt es Kritik daran – und besonders an den Schlussfolgerungen der
Immobilienwirtschaft. „Anders als behauptet, bildet die Studie nicht die
Realität ab“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg.
Denn 78 Prozent aller Rückmeldungen kamen von Genossenschaften und der
städtischen Saga, [3][nur 22 Prozent von privaten Vermietern.]
Letztere haben aber tatsächlich einen Anteil von 64 Prozent auf dem
Wohnungsmarkt. Ob die in der Studie vorgenommene Gewichtung an das
tatsächliche Verhältnis heranreicht, um seriöse Aussagen über den Mietmarkt
zu treffen, ist damit mehr als fraglich. Denkbar ist schließlich, dass vor
allem Vermieter hochpreisiger Mietwohnungen kaum Rückmeldungen gegeben
haben und damit das Ergebnis stark verzerren.
## Mieterverein hält Aussagen für „zynisch“
Die Schlussfolgerung der Immobilienwirtschaft, der Markt funktioniere
hervorragend und staatliche Eingriffe sollten unterbleiben, hält Bosse
daher für zynisch. „Hier verabreicht die Wohnungswirtschaft den Hamburger
Mieter:innen und auch dem Senat ein Beruhigungsmittel“, sagt er.
Letzterer zeigte sich erfreut über die Studie: „Eine Durchschnittsmiete von
8,71 Euro pro Quadratmeter im Bestand ist ein Erfolg für Hamburgs
Wohnungsbaupolitik“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Karin Pein (SPD)
bereits am Donnerstag.
Für die Zukunft schwor die Immobilienwirtschaft Mieter:innen auf höhere
Preise ein. Der bereits stattfindende Einbruch bei den Neubauzahlen
einerseits, die anstehenden energetischen Sanierungen andererseits würden
sich bald bemerkbar machen. An Mieter:innen adressiert sagte Breitner:
„Die guten Zeiten für Mieter sind vorbei – für den Klimaschutz.“
26 Jun 2023
## LINKS
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[3] /Berlin-als-Vorbild/!5877683
## AUTOREN
André Zuschlag
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