| # taz.de -- Berlins schwarz-roter Senat: „Selbstverständlich Kurswechsel“ | |
| > Regierungschef Kai Wegner (CDU) verteidigt seine Verkehrssenatorin Manja | |
| > Schreiner gegen Kritik wegen Planungs- und Baustopp für Radwege. | |
| Bild: Aus Sicht der Verkehrssenatorin sollen Radfahrer nicht grundsätzlich Vor… | |
| Berlin taz | Kurswechsel in der Verkehrspolitik quasi als Wählerauftrag, | |
| aber keine Absage an eine [1][Mobilitätswende]: So hat Regierungschef Kai | |
| Wegner (CDU) am Dienstag den Weg der schwarz-roten Koalition skizziert und | |
| seine zuletzt viel kritisierte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) in | |
| Schutz genommen. Die hatte Bau und Planung von Radwegen auf Eis gelegt. | |
| „Ich stehe zu 100 Prozent hinter der Verkehrssenatorin“, sagte Wegner nach | |
| der Senatssitzung. Er sieht seinen Wahlsieg maßgeblich von zuvor sechs | |
| Jahren grün gesteuerter Verkehrspolitik beeinflusst. „Wenn die so beliebt | |
| gewesen wäre, dann säße ich heute nicht vor Ihnen“, sagte er in Richtung | |
| der Journalisten. | |
| Die Landesregierung hatte am Vormittag den Entwurf jenes Teils des | |
| [2][Mobilitätsgesetzes] beschlossen, in dem es um Wirtschaftsverkehr geht. | |
| Der sollte eigentlich zusammen mit dem Abschnitt „Neue Mobilität“ schon im | |
| Mai im Abgeordnetenhaus Thema sein. Schreiners Verwaltung zog den Entwurf | |
| jedoch kurzfristig zurück – wegen Änderungsbedarf. | |
| Der neue Entwurf beschränkt sich auf den Wirtschaftsverkehr – etwa | |
| Lieferverkehr und Müllabfuhr – und ist weitgehend unverändert. Laut | |
| Schreiner war es allein der nun fehlende Abschnitt zu neuer Mobilität, mit | |
| dem sie Probleme hatte. „Die anderen Teile des Gesetzes werden wir uns im | |
| Herbst anschauen“, kündigt sie an. Dort sei teils „apodiktisch“ festgele… | |
| dass die Verkehrswende auf Kosten des Autoverkehrs geht. | |
| Wegner reagierte mit seinen Äußerungen auf die Frage, ob Schreiners | |
| Vorgehen – aus ihrer Sicht eine noch zwei bis drei Wochen dauernde | |
| Überprüfung, aus Sicht von Kritikern ein Stopp von Radprojekten – nun für | |
| einen Kurswechsel stehe. Rot-Grün-Rot sei abgewählt, es regiere nun | |
| [3][Schwarz-Rot]. „Selbstverständlich gibt es in vielen Bereichen dieser | |
| Stadt einen Kurswechsel“, sagte er. | |
| Der Regierungschef erinnerte an einen Satz seiner Vorgängerin Franziska | |
| Giffey (SPD), der [4][jetzigen Wirtschaftssenatorin], nach der | |
| Klausurtagung des neuen Senats vor zwei Wochen: „Jetzt sind Dinge möglich, | |
| die vorher“ – gemeint war sichtlich: unter Rot-Grün-Rot – „nicht mögl… | |
| waren.“ Er wolle das erweitern: „Jetzt sind Dinge nicht mehr möglich, die | |
| wir viel zu lange hingenommen haben – und genau deshalb wurde auch dieser | |
| Senat von den Berlinerinnen und Berlinern gewählt.“ | |
| ## Wegner: Nicht alle Parkplätze erhalten | |
| Auch bei einem Kurswechsel solle es aber mehr und sicherere Radwege als | |
| bisher geben. Wegner verwies darauf, dass die grüne Verkehrssenatorin | |
| Bettina Jarasch für vergangenes Jahr 40 Kilometer Radwege versprochen habe. | |
| Tatsächlich seien es nur 26,5 geworden – „die werden wir locker | |
| überbieten“. Wegner widersprach dem Eindruck, Schreiner wolle grundsätzlich | |
| alle Parkplätze erhalten: Dass für eine sicherere Kreuzung welche wegfallen | |
| müssten, „ist doch völlig unstrittig“. Er habe aber in den vergangenen | |
| Jahren nicht den Eindruck gehabt, dass es um mehr Sicherheit gehe. „Es ging | |
| ausschließlich darum, Parkplätze wegzukriegen.“ | |
| Die nun unter den Tisch gefallenen Paragrafen zum vormaligen Abschnitt | |
| „Neue Mobilität“ hatten darauf gezielt, einen „menschen- und stadtgerech… | |
| Verkehr“ durch „Ausbau und konsequente Umsetzung des Vorrangs des | |
| Umweltverbundes“ zu fördern. Außerdem war darin die Rede von „Maßnahmen … | |
| Reduzierung und effektiveren Nutzung des Verkehrsraums für den fließenden | |
| und ruhenden motorisierten Individualverkehr“. | |
| Gleichfalls gestrichen: Die Parkraumbewirtschaftung sinngemäß auf die | |
| komplette Innenstadt auszuweiten und sie konsequent zu überwachen sowie | |
| neue Konzepte wie Quartiersgaragen zu prüfen. Und beim Abschnitt zum | |
| Wirtschaftsverkehr ist das wenige, was wegfiel, mit dem Klimaschutz | |
| verknüpft. Es ging dabei um die Einführung eines „Markenzeichens für | |
| besonders sichere und emissionsarme Lieferfahrzeuge und Lieferprozesse“. | |
| Antje Kapek, die Verkehrsexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus, zeigte | |
| sich von dem nun beschlossenen Entwurf, der Donnerstag ins Parlament soll, | |
| entsetzt. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm wird“, sagte sie der | |
| taz. Für sie ist die Neufassung des Gesetzes nicht nur eine „Rolle | |
| rückwärts in eine autogerechte Stadt“, sondern schadet zudem auch der | |
| Wirtschaft. Das Widersinnige aus Kapeks Sicht: „Ohne Fahrstreifen und | |
| Parkplätze anzutasten, ohne Regulierung von Parken und Autoverkehr bleibt | |
| alles, wie es ist, und Handwerker*innen und Lieferant*innen stecken | |
| weiterhin im Stau fest.“ | |
| Während im Senat die neue Fassung des Mobilitätsgesetzes auf dem Tisch lag, | |
| luden fünf grüne Verkehrsstadträtinnen zur Gegen-Pressekonferenz. Sie | |
| protestierten gegen den „Radwegstopp“ der Verkehrssenatorin, offiziell ein | |
| Überprüfungsmoratorium, und die Rücknahme von Finanzierungszusagen. | |
| Die Stadträte erwarten einen Stopp dieses Stopps bis zum 5. Juli. Sollte | |
| das nicht geschehen, rechnen sie damit, dass viele Maßnahmen nicht mehr in | |
| diesem Kalenderjahr umgesetzt werden können. Damit verfielen | |
| Bundesfördermittel in Millionenhöhe. „Konservativ geschätzt“ stünden ü… | |
| alle Bezirke verteilt zehn Millionen auf dem Spiel, so [5][Stadträtin Almut | |
| Neumann aus Mitte]. Der Senat solle schriftlich zusichern, dass er Kosten | |
| für einen Ausbaustopp übernimmt | |
| Sollte das nicht so kommen, setzen die Grünen auf bewährte Rezepte: „Die | |
| Zivilgesellschaft ist wach, sie hat sich das Mobilitätsgesetz hart | |
| erkämpft“, sagte Neumann. „Wir setzen darauf, dass da Druck kommt.“ Der | |
| kommt tatsächlich schon: Für Sonntag rufen Fridays for Future, der ADFC und | |
| Changing Cities zu einer Fahrraddemonstration auf, die am Roten Rathaus | |
| enden wird. | |
| 27 Jun 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
| Claudius Prößer | |
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