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# taz.de -- Nach dem AfD-Sieg in Sonneberg: Nicht nur auf die Blauen starren
> Bei der Diskussion um die AfD in Sonneberg wird zu sehr auf die geschaut,
> die die Demokratie zerreißen. Andere hätten mehr Aufmerksamkeit verdient.
Bild: Die blauen Männchen wollen den Diskurs verschieben, hier auf einer Wahlk…
Plötzlich sind wieder alle schockiert. Nachdem der rechtsextreme Politiker
Robert Sesselmann von der [1][AfD im thüringischen Sonneberg] am
vergangenen Sonntag die [2][Landratswahl] mit 52,8 Prozent gegen einen
CDU-Kandidaten gewann, ist der Aufschrei groß. Von Zeitungen über
TV-Sendungen bis hin zu den sozialen Medien – überall liest man
Erschrecken, Entsetzen, Überraschung.
Dabei kommt dieser Wahlsieg nicht aus dem Nirgendwo. Die AfD in Thüringen
mit ihrem Vorsitzenden [3][Björn Höcke] ist stramm rechtsextrem, das weiß
sogar der Verfassungsschutz. Nur: Für viele Menschen ist das kein
Hindernis, sondern der Hauptgrund, sie zu wählen. Das zeigen auch aktuelle
Umfrageergebnisse oder ein Video, in dem ein Mann sich die NSDAP
zurückwünscht. Es kursierte kurz vor der Wahl.
Das öffentliche Versagen liegt nicht etwa in der mangelhaften Analyse
dieser Partei oder der zunehmenden Verrechtung der Gesellschaft – sei es
die Asylgesetzverschärfung, der Umgang mit rechtem Terror oder die
unsoziale Sozialgesetzgebung. Auch über die Besonderheit Ostdeutschlands in
dieser Gemengelage reden viele Menschen schon lange – mal mehr, mal weniger
klug.
Nein, unser Versagen als Gesellschaft liegt darin, dass wir zu wenig Fokus
auf emanzipatorische, solidarische, demokratische Positionen lenken. Es
gibt viele engagierte Menschen in Thüringen, die tagtäglich um die
Demokratie im Freistaat ringen und sich mit standhaftem Engagement für eine
offene Gesellschaft einsetzen. Aber wir lassen sie zu sehr alleine.
## Wir lassen die Engagierten alleine
Auch wir, als Journalist*innen. Immer wieder sucht die Zivilgesellschaft
händeringend nach der Aufmerksamkeit der Medien. Wenn sie unter Beschuss
stehen, wenn CDU und AfD ihnen Fördergelder kürzen wollen, wenn sie
rechtsextreme Gewalt erfahren. Für die meisten Medien ist das aber weniger
berichtenswert als das zehntausendste Porträt über den Faschisten Björn
Höcke.
Expert*innen warnen seit Jahren vor der steigenden rechtsextremen
Hegemonie, die sich vor allem in Ostdeutschland abzeichnet. Sie war seit
den 90er Jahren ohnehin nie wirklich weg, breitet sich aber immer weiter
aus. Wir wissen, dass rechte Kräfte hier ein Experimentierfeld für
Politikgestaltung haben, ob im Geraer Stadtrat oder im Sonneberger Landrat.
Und wer in Sachsen, Thüringen oder Brandenburg lebt, den überrascht dieses
Wahlergebnis nicht.
Aber: Die Gesellschaft ist vielschichtiger, als viele Analysen es abbilden.
## Demokratische Kultur stärken
Es ist unsere Aufgabe als Presse, diese Vielschichtigkeit zu zeigen und
damit die demokratische Meinungsbildung zu fördern. Klar ist es wichtig,
diese Verschiebungen mit Argusaugen zu beobachten und darüber zu
informieren. Was aber zu kurz kommt: dass es zahlreiche Menschen gibt, die
sich Rechten in den Weg stellen, eigene solidarische Alternativen schaffen
und die demokratische Kultur stärken.
Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für diese Menschen. Kontinuierlich.
Langfristig. Nicht immer nur dann, wenn Journalist*innen aus den
deutschen Großstädten mal wieder in „den Osten“ fahren, um zu zeigen, wie
schlimm dort alles ist.
Wir sollten diesen Menschen mehr zuhören, sie ermächtigen, den Fokus
verschieben. Denn diese Stimmen sind es, die wir brauchen, um Schlimmeres
zu verhindern.
26 Jun 2023
## LINKS
[1] /AfD-gewinnt-Landratswahl-in-Sonneberg/!5942890
[2] /Vor-der-Landratswahl-in-Sonneberg/!5942513
[3] /Hausdurchsuchung-bei-Bjoern-Hoecke
## AUTOREN
Sarah Ulrich
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