# taz.de -- Nach Amoktat in Hamburg: Grote rüstet Waffenbehörde auf | |
> Nach der Amoktat gegen Zeugen Jehovas präsentiert Hamburgs Innensenator | |
> Reformen bei der Waffenbehörde. Die Reaktionen sind geteilt. | |
Bild: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat nachgedacht: In der Waffenbeh�… | |
HAMBURG taz | Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident | |
Ralf Martin Meyer haben am Dienstag ein Maßnahmenpaket zur | |
„Weiterentwicklung und Stärkung der Hamburger Waffenbehörde“ vorgestellt. | |
Anlass dafür war die Amoktat Anfang März im Stadtteil Alsterdorf, bei der | |
sieben Menschen ermordet worden waren. | |
Der Attentäter Phillip F., der sich nach der Tat selbst tötete, hatte seine | |
Waffenerlaubnis erst im Dezember 2022 erhalten. Kurz danach war ein | |
anonymer Hinweis bei der Waffenbehörde eingegangen, aus dem hervorging, | |
dass F. psychisch womöglich nicht geeignet dafür sein könnte, eine Waffe zu | |
führen. Die Waffenbehörde, die zur Hamburger Polizei gehört, stattete ihm | |
daraufhin einen Besuch ab, der aber im Wesentlichen ohne Beanstandungen | |
verlief. Die Waffenbehörde hatte die Untersuchungen danach eingestellt. | |
Im Zuge der [1][Ermittlungen nach der Tat] stellte sich dann heraus, dass | |
mehrere Mitarbeiter der Waffenbehörde Nebentätigkeiten beim „Hanseatic Gun | |
Club“, dem Schießverein, bei dem auch F. registriert war, ausgeübt hatten. | |
Gegen einen der Beamten läuft ein Verfahren wegen des Verdacht der | |
fahrlässigen Tötung in sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung | |
im Amt in 14 Fällen. Er soll Informationen über den psychischen Zustand des | |
Attentäter nicht ordnungsgemäß weiterverarbeitet haben. | |
Ereignisse wie die Amoktat vom 9. März müssten „immer Anlass sein, | |
Strukturen und Verfahren kritisch zu hinterfragen“, sagte Grote am | |
Dienstag. Konkret benannten Grote und Meyer fünf Maßnahmen, die sich aus | |
den bisherigen Erkenntnissen ergeben hätten. Für den zukünftigen Umgang mit | |
Hinweisen auf mögliche Gefahren wurde ein „standardisiertes Verfahren“ | |
festgelegt. Dieses beinhaltet laut Meyer eine Checkliste, die „Punkt für | |
Punkt“ abgearbeitet werden muss. | |
Zudem seien klare Compliance-Regeln für Einstellungsverfahren festgelegt | |
worden, führte Meyer weiter aus. So sei eine Nebentätigkeit in einem | |
Hamburger Schützenverein „nicht akzeptabel“ für Mitarbeiter*innen in | |
der Waffenbehörde. Zudem sollen Hobbies von Bewerber*innen abgefragt | |
werden. | |
## Waffenbehörde soll mehr Mitarbeiter*innen bekommen | |
Die Waffenbehörde soll auch personell verstärkt werden. [2][In Zukunft | |
sollen 33 statt 27 Menschen] bei der Behörde arbeiten. Die Zahl der | |
Außenteams soll dadurch von zwei auf drei angehoben werden. Meyer rechnete | |
vor, dass bei möglichen 100 bis 130 Kontrollen, die ein Team im Monat | |
schaffen könne, die Zahl der jährlichen Kontrollen bei | |
Waffenbesitzer*innen auf über 4.600 erhöht werden könne. | |
Zudem soll das Fortbildungsangebot der Waffenbehörde verbessert werden. Die | |
Polizei konzipiere gerade eine Fortbildung zur Erkennung von psychischen | |
Auffälligkeiten, die bald angeboten werden soll. | |
Auch im Bereich IT will die Waffenbehörde besser werden: Das bisherige | |
System sei selbstentwickelt, es sei nicht möglich „auf den Knopf zu | |
drücken“ und sich beispielsweise Hinweise auf mögliche gefährliche | |
Waffenbesitzer ausspucken zu lassen. Bei der Recherche nach früheren | |
Hinweisen musste sich die Behörde auf die Erinnerungen von | |
Mitarbeiter*innen und Suche in einem Hinweisfeld verlassen. Der | |
Wechsel zu einem neuen IT-System werde nun geprüft. | |
Der Polizeipräsident wollte auch am Dienstag [3][nicht von Versäumnissen | |
innerhalb der Behörde] sprechen. Optimal sei es zwar vor der Tat nicht | |
gelaufen: „Das, was wir uns vorstellen, war nicht in zureichender Weise | |
erfüllt.“ Dennoch verwies er darauf, dass sich die laufenden Ermittlungen | |
gegen „einzelne Personen“ richten. | |
## Grüne fordern Verschärfung von Waffenrecht im Bund | |
Die Linksfraktion hält wenig von Grotes und Meiers Ankündigung. „Dass erst | |
sieben Menschen getötet werden mussten, bis standardisierte Verfahren bei | |
Hinweisen in der Waffenbehörde implementiert [4][und Interessenskonflikte | |
überprüft] werden, ist desaströs“, sagte Deniz Celik, der innenpolitische | |
Sprecher der Linken in der Bürgerschaft. | |
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering nannte die Verstärkung der | |
Waffenbehörde „alternativlos“ und forderte „das Maßnahmenpaket konseque… | |
umzusetzen“. Sina Imhof (Grüne) forderte eine „Verschärfung des | |
Waffenrechts im Bund“. Dass er sich für diese einsetzen werde, hatte auch | |
Andy Grote am Dienstag angekündigt. So solle in Zukunft jeder, der eine | |
Waffenerlaubnis beantragt, ein psychologisches Gutachten vorlegen. | |
21 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburger-Amoktat/!5934121 | |
[2] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Nach-Amoktat-in-Alsterdorf-Hamburg-s… | |
[3] /Pannen-vor-Amoktat-gegen-Zeugen-Jehovas/!5920307 | |
[4] /Amoktat-bei-Zeugen-Jehovas-in-Hamburg/!5927669 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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