| # taz.de -- Hamburger Amoktat: Innenbehörde stellt sich Ausschuss | |
| > Abgeordnete befragen Polizei und Behörde zu den tödlichen Schüssen auf | |
| > Zeugen Jehovas. Beamte müssen Nebentätigkeit in Schießklub aufgeben. | |
| Bild: Beschäftigt noch immer die Hamburger Politik: Erinnerung an den Amoklauf… | |
| Hamburg taz | Die Hamburger Innenbehörde hat erste Konsequenzen aus der | |
| [1][Amoktat Anfang März im Stadtteil Alsterdorf] gezogen. Dabei waren am | |
| Ende einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas sechs Menschen erschossen | |
| worden – darunter eine Frau mit einem ungeborenen Kind. Der Täter erschoss | |
| sich selbst. Wie sich schnell herausstellte, hatte die Hamburger | |
| Waffenbehörde zwar einen Hinweis auf den Täter, diesem aber nicht seine | |
| Waffe abgenommen. | |
| Wie im Innenausschuss am Donnerstagabend bekannt wurde, übten mehrere | |
| Polizisten im Schießstand des Amokläufers Nebentätigkeiten aus. Das hat | |
| ihnen die Behörde inzwischen untersagt. Um solche Interessenkonflikte | |
| künftig zu vermeiden, erwägt die Behörde ein Compliance-System einzuführen. | |
| [2][Dass der Amokläufer Philipp F. gefährlich] sein könnte, [3][darauf | |
| hatte ein anonymes Schreiben hingewiesen, das den Behörden vorlag.] | |
| Aufgrund dieses Schreibens besuchten Beamte der Waffenbehörde wenige Wochen | |
| vor der Tat Philipp F., um zu überprüfen, ob er die Waffen ordnungsgemäß | |
| verwahrt hatte. Die Kontrolle verlief im Wesentlichen ohne Beanstandungen. | |
| Für eine Sicherstellung der Waffe hätten wesentliche Hinweise gefehlt, | |
| sagte einer der Polizisten, die im Innenausschuss vortrugen. Diese seien in | |
| dem Schreiben eher allgemein gehalten gewesen. Der Bürgerschaftsabgeordnete | |
| Deniz Celik (Die Linke) forderte Einblick in dieses Schreiben. Das sei | |
| eventuell möglich, müsse aber erst geprüft werden, sagte Innensenator Andy | |
| Grote (SPD). | |
| ## Unzureichend informert | |
| Fatal für die Abläufe in der Waffenbehörde war das Verhalten eines | |
| Mitarbeiters der Waffenbehörde. Er soll ein Schreiben aus dem familiären | |
| Umfeld des Amokläufers, das Ende Januar bei der Behörde eingegangen war, | |
| nicht ordnungsgemäß bearbeitet haben. Insbesondere habe er verschwiegen, | |
| dass er selbst einen anonymen Hinweis vorgeschlagen habe, obwohl er den | |
| Urheber und den Hintergrund des Schreibens kannte. | |
| Die Folge: Der zuständige Sachgebietsleiter der [4][Waffenbehörde] ordnete | |
| „nur eine unangekündigte Aufbewahrungskontrolle für die im Besitz von | |
| Philipp F. befindliche Schusswaffe an, anstatt sich gezielt weitere | |
| Informationen zu verschaffen und die Schusswaffe nebst Munition sodann | |
| umgehend sicherzustellen“, wie die Staatsanwaltschaft schreibt. | |
| Eben weil er möglicherweise Informationen zurückhielt, ermittelt die | |
| Staatsanwaltschaft gegen den Mitarbeiter, der das anonyme Schreiben | |
| weiterleitete. Es bestehe der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung in | |
| sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung im Amt in 14 Fällen. | |
| Wie Philipp F. war der Beamte der Waffenbehörde Mitglied im Hanseatic Gun | |
| Club. Dort soll er einen Nebenjob gehabt haben – so wie zwei weitere | |
| Hamburger Polizisten, wie Markus Fiebiger, der Leiter der Prüfgruppe zur | |
| Untersuchung der Amoktat, mitteilte. Diese urspünglich genehmigte Tätigkeit | |
| sei ihnen untersagt worden: Es bestehe die Gefahr, dass die Bevölkerung das | |
| Vertrauen in die Polizei verliere und das Ansehen der Verwaltung Schaden | |
| nehme. | |
| ## Compliance–System geplant | |
| Beamte müssen ihre Nebentätigkeiten ihren Vorgesetzten anzeigen. | |
| Festgeschriebene Standards bei einem Wechsel der Dienststelle gebe es | |
| allerdings nicht, Mitarbeitende hätten keine Mitteilungspflicht, sagte | |
| Fiebiger. In der Praxis werde dies aber so gehandhabt. „Wir beschäftigen | |
| uns intensiv mit Nebentätigkeiten“, versicherte Grote. Insbesondere die | |
| Arbeit in der Waffenbehörde sei mit einer Nebentätigkeit in einem | |
| Schießklub unvereinbar. | |
| Fiebiger stellte ein mögliches Compliance-System für die Waffenbehörde vor, | |
| das das Bewusstsein der Mitarbeitenden für ihre besondere Verantwortung in | |
| der Waffenbehörde schärfen soll. Dabei werde unter anderm daran gedacht, | |
| künftige Mitarbeiter nach ihren Hobbys zu fragen. Ob das verbindlich | |
| gemacht werden könnte, werde geprüft. | |
| Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den Prüfungsausschuss des | |
| Hanseatic Gun Clubs: Dieser hätte Philipp F. keine Waffenbesitzkarte | |
| erteilen dürfen, weil dieser bei der entsprechenden Prüfung durchgefallen | |
| war. Die Ausschuss–Mitglieder könnten sich wegen Falschbeurkundung im Amt | |
| strafbar gemacht haben. Auch in weiteren Fällen besteht laut | |
| Staatsanwaltschaft der Verdacht, dass der Gun Club unzutreffende | |
| Sachkundezeugnisse ausgestellt hat. | |
| 12 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nina Spannuth | |
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