Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Auftritt von Claudia Pechstein bei CDU: Deutschland pur
> Die rassistische Rede der Bundespolizistin Claudia Pechstein bei der CDU
> sorgt für Empörung. Doch ihre Aussagen spiegeln nur die deutsche Seele
> wider.
Bild: Das alles ist Deutschland: Pechstein, Merz und Polizeiuniform
Die Empörung ist mal wieder groß. Dabei hat Claudia Pechstein,
Eisschnellläuferin und Polizeihauptmeisterin, nur ein paar Dinge gesagt,
die vielen Menschen auf dem Herzen liegen. „Dass einige Anregungen dabei
waren, die auf große Zustimmung in der Bevölkerung stoßen, zeigen die
zahlreichen positiven Nachrichten, die mich zwischenzeitlich erreicht
haben“, erklärte sie, nachdem der Protest gegen ihre in Teilen homophobe
und rassistische Rede am Samstag beim CDU-Grundsatzkonvent in Berlin lauter
wurde.
Dort hatte sie in Polizeiuniform unter anderem von Kindern gesprochen, die
lieber „Mama und Papa“ sagen wollen, von abgelehnten Asylbewerbern, von
„Z*schnitzeln“, vom Gendern und von der Furcht der Bevölkerung im
„öffentlich-rechtlichen Nahverkehr“. In den ersten Reihen saßen Größen …
CDU wie Friedrich Merz oder Thomas de Maiziére und klatschten Beifall.
Merz schien sich diebisch über die extrem radebrechend vorgetragene Rede zu
freuen. „Brillant“ nannte er Pechsteins stotternd und haspelnd
präsentierten Sauerkraut-Beitrag. „Der war wirklich interessant und hat uns
auch ein Stück motiviert, in diese Richtung weiterzuarbeiten“, legte er
kurz darauf im ZDF nach.
Natürlich weiß Merz es besser. Kaum jemand konnte Pechstein ohne Fremdscham
dabei zuschauen, wie sie ihren, ganz offensichtlich aus den Untiefen der
Ü50-Facebook-Kommentarspalten zusammengeklauten Vortrag den CDU-Kollegen
vor die Füße erbrach. Aber die Stoßrichtung, die stimmte. „Ihr müsst dem
Volk aufs Maul schauen“, hatte Luther seine Getreuen einst angewiesen. Und
auch Merz, der Ex-Blackrock-Aufsichtsratvorsitzende mit Privatflieger, hat
sich entschieden, diesen Rat zu befolgen.
## Das Märchen von der linken Verbotskommission
Das Märchen von der linken Verbotskommission in Berlin, die den einfachen
Leuten die Freude am Leben vermiesen will, es funktioniert nach wie vor
bestens. Wer sich gegen die sogenannte linke Elite stemmt, so wie
Pechstein, wird zur Märtyrerin.
Jetzt wird man ihr die nächsten Monate dabei zuschauen können, wie sie
„hochgecancelt“ wird: Ein paar Auftritte bei Julian Reichelt vielleicht,
Gastbeiträge in der NZZ, eventuell noch ein Buch. „Auf dünnem Eis“, wäre
ein guter Titel dafür. Die einen werden sie hochleben lassen, die anderen
werden sich empören.
## Claudia Pechstein ist Deutschland pur
Denn so wie die Pechstein sind wir Deutschen doch gar nicht! „Z*schnitzel“,
sagt man nicht, das haben wir inzwischen gelernt. Wenn ein Kind zwei Väter
haben will, dann ist das voll o. k. Und Gendern inkludiert, da gibt es
sogar Studien zu. Und überhaupt – darf die eigentlich ihre Uniform tragen,
auf einer Parteiveranstaltung? Verstößt das nicht gegen Paragraf Dings?
Dabei hat Pechstein recht, wenn sie sagt, dass sie nur ausspricht, was
viele Menschen denken. Da helfen auch Shitstorms und reflexhaft
vorgetragene Statements von vermeintlich linken Regierungspolitikern
nichts. Denn deren Politik spricht ebenfalls eine deutliche Sprache. Es ist
die Sprache der Ausgrenzung, der Ausbeutung und der Unmenschlichkeit, die
sie täglich praktizieren – mit „Bauchschmerzen“, versteht sich. Es wirkt
grotesk, wenn diese Menschen sich nun im Fall Pechstein ereifern, um ihre
Fassade aufrechtzuerhalten.
Denn Claudia Pechstein ist Deutschland pur. Wenn man auf ihren
Instagram-Kanal schaut, finden sich dort ein paar Videos vom Helene Fischer
Konzert, Fotos vom Radfahren, Werbung für ein Nackenkissen. Nichts
unterscheidet sie vom Grillfest in sächsischen Schrebergärten, von der
Strandbar auf Sylt oder einem Volkswagen 6-Zylinder VR6.
Deutschland, einig Arschloch-Land. Das zu akzeptieren, scheint vielen immer
noch schwerzufallen.
19 Jun 2023
## AUTOREN
Juri Sternburg
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Friedrich Merz
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
CDU
Bundespolizei
Claudia Pechstein
Prozess
Schwerpunkt Stadtland
Leichte Sprache
Claudia Pechstein
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Union
Friedrich Merz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Prozess gegen Bundespolizisten: Wehrmachtsfan fliegt raus
Ein Bundespolizist muss den Dienst quittieren, weil er mit Rechtsextremen
chattete und auf der Suche nach NS-Devotionalien nach Norwegen reiste.
Sachsens Innenminister bei Nius: Zu wenig Berührungsängste
Sachsens Innenminister Armin Schuster setzt rechte Akzente. Im
rechtspopulistischen Reichelt-Portal „Nius“ lobhudelt er sein Bundesland.
Zugänglichkeit von Sprache: Klare Worte
Es gibt viele Konzepte, um Sprache verständlich zu gestalten. Doch auch
Rechtspopulisten nutzen einfache Sprache längst für ihre Zwecke.
Claudia Pechsteins Auftritt bei der CDU: In Uniform wohl ohne Erlaubnis
Claudia Pechstein behauptet, ihre fragwürdige Performance beim CDU-Konvent
sei mit ihrem Dienstherrn abgestimmt gewesen. Nun gibt es gegenteilige
Darstellungen.
„Agenda für Deutschland“ von Union: Pappmaché-Mauer nach Rechts
Mit der „Agenda für Deutschland“ will die Union die „bürgerliche Mitte�…
ansprechen. Es ist das übliche Wettern gegen Ampel, angebliche Bevormundung
und Migration.
Rassismus vor deutscher Heim-EM: Zu Gast bei Hatern
Welches Deutschland wird die Welt nach rassistischen Angriffen auf Moukoko
und Ngankam sowie der Pechstein-Rede bei der EM wohl sehen?
Claudia Pechstein beim CDU-Konvent: Hetze in Staatsuniform
Eisschnellläuferin und Bundespolizistin Claudia Pechstein entpuppt sich auf
dem CDU-Konvent als Rechtspopulistin. Nun muss ihr Arbeitgeber handeln.
Grundsatzkonvent der CDU: Harte Arbeit, wenig Erfolg
Die Union ringt im Moment um ihr Programm. Ob Es ist längst nicht
ausgemacht, ob sich der wichtige, aber schwierige Prozess für die Partei
auszahlt.
CDU-Parteitag in Berlin: Sinnsuche und Populismus
Parteichef Merz kommt am Wochenende mit einer Definition um die Ecke. Doch
ein anderer CDUler sorgt mit seiner Einlassung für noch mehr Wirbel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.