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# taz.de -- Sachsens Innenminister bei Nius: Zu wenig Berührungsängste
> Sachsens Innenminister Armin Schuster setzt rechte Akzente. Im
> rechtspopulistischen Reichelt-Portal „Nius“ lobhudelt er sein Bundesland.
Bild: Armin Schuster im Gespräch mit der Polizei
Leipzig taz | „Sachsen sind sensibler!“ Armin Schuster kommt ins Schwärmen,
wenn er von Sachsen spricht. Sie seien nicht nur kernig und widerspenstig,
sondern auch der „Frühwarnindikator für Stimmungen, für gesellschaftliche
Positionierungen“ in Deutschland. Also, Völker der Welt, schaut nach
Sachsen. Denn dort fühlt sich [1][Schuster, der Staatsminister des Innern],
nicht nur „sauwohl“, dort findet er von seinem Zweitwohnsitz aus die besten
Menschen der Welt.
Nicht erst seit der unsäglichen Kampagne „So geht sächsisch“ wabert der
Mythos von den besonders fischelanten (sächsisch für clever, ausgebufft)
Sachsen durch den Freistaat. Der gebürtige Pfälzer Schuster wohnt bei Weil
am Rhein, am anderen Ende Deutschlands, und will sich auch darum umso
eindringlicher als Mann des ostdeutschen Volkes inszenieren. Dafür wärmt er
die Ideologie des sächsischen Exzeptionalismus auf und nutzt sie als
Steigbügel in Richtung Populismus: „Das Entscheidende: Sie haben keinen
Political-Correctness-Filter vor dem Maul“, lobhudelt der Innenminister
seine Sachsen.
Diese Lobrede hält er ausgerechnet bei dem [2][neuen Onlinemedium Nius],
bei dem sich neben dem ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt
zahlreiche erzkonservative bis rechtspopulistische Stimmen versammelt
haben. Die Top-Takes aus der Redaktion: „Trans ist Trend“, „Kinderarmut i…
importiert“ oder „Wie die Grünen die Wahrheit verdrehen“.
Fast eine Stunde nimmt sich Armin Schuster Zeit, dort die suggestiven
Fragen von Ralf Schuler zu beantworten, der Reichelt aus dem
Springer-Kosmos gefolgt ist in diese Ecke des Internets, wo nur Empörung
zählt. Schuster bleibt bei seinem Leisten und tut, was ein Innenminister in
Sachsen tun muss: Er fordert scharfe Grenzkontrollen und mehr Abschiebungen
– als Alarmsignal für Brüssel. Er betont, dass ein pragmatischer Umgang mit
der AfD auf kommunaler Ebene nicht mehr nur denkbar sei, sondern in Sachsen
geradezu Pflicht – gerade im Sinne der Bevölkerung.
## Türen in der Brandmauer
So weit, so schlecht. Schuster ist nicht der erste CDUler, der mit der AfD
zusammenarbeiten will. Natürlich muss eine Ortsumfahrung nicht blockiert
werden, weil auch ein AfD-Landrat sie will. Doch wer diesen Umstand in
einer einschlägigen Echokammer geltend macht, möchte vor allem Türen in die
Brandmauer nach rechts einbauen – und keine Ortsumfahrungen.
Mindestens ebenso haarsträubend ist seine inhaltliche Schlagseite, auch
ohne Handschlag mit der AfD: Ein CDU-Minister, der sich ohne Not in eine
populistische Nischensendung setzt, um ausgiebig gegen alles zu wettern,
was für ihn irgendwie links riecht (gendern, öffentlich-rechtliche Medien,
Migration), der fischt nicht in fremden Gewässern nach Wähler*innen.
Vielmehr fühlt er sich rechts außen sauwohl.
Dass sich Rechtspopulist*innen um [3][Julian Reichelt] auf Nius
versammeln, ihre Reichweite also freiwillig drosseln und sich mithilfe der
Finanzierung eines konservativen Milliardärs in eine ästhetische wie
inhaltliche Schmuddelecke zurückziehen, ist das eine. Aber was sucht dort
ein Landesinnenminister? Diskurs? Wahlkampf? Demokratie?
Armin Schuster erweist seinem Freistaat einen Bärendienst, wenn er ihn als
zänkisches Korrektiv für Berlin und ganz Deutschland darstellt. Vor allem
aber macht Schuster mit solchen Auftritten sich selbst lächerlich. Das ist
zwar nicht lustig, aber auch für einen vermeintlich sächsischen CDUler
nicht besonders fischelant.
25 Aug 2023
## LINKS
[1] /Sachsens-CDU-Innenminister-entlassen/!5846807
[2] /Rechtes-Medienportal-Nius/!5945019
[3] /Causa-Reichelt/!5955756
## AUTOREN
Kornelius Luther
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
wochentaz
Sachsen
Innenminister
Julian Reichelt
Kolumne Flimmern und Rauschen
Lesestück Recherche und Reportage
Sachsen
Hetze
Schwerpunkt Rassismus
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