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# taz.de -- „Shangri-La-Dialog“ in Singapur: Pistorius nicht sehr amüsiert
> Verteidigungsminister Pistorius fordert von China, keine
> Ex-Bundeswehr-Piloten mehr abzuwerben. Deutschland schickt 2024
> Kriegsschiffe in den Indopazifik.
Bild: Dialog in Singapur: Boris Pistorius und sein Amtskollege Li Shangfu
Berlin/Singapur rtr/afp | Die Bundesmarine wird im kommenden Jahr zwei
Kriegsschiffe in den Indopazifik entsenden. Das kündigte
Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag [1][in Singapur beim
„Shangri-La-Dialog“] – der wichtigsten Sicherheitskonferenz Asiens – an.
Eine Fregatte und ein Versorgungsschiff würden 2024 in die Region
aufbrechen.
2021 war zum ersten Mal seit fast 20 Jahren ein deutsches Kriegsschiff in
das Südchinesische Meer eingelaufen. Damit schloss sich damals die
Bundesregierung anderen westlichen Staaten an, die ihre militärische
Präsenz angesichts der Sorgen über Chinas territoriale Ambitionen ausbauen.
Die Einsätze der Bundesmarine seien nicht gegen ein bestimmtes Land
gerichtet, sagte Pistorius laut Redemanuskript. „Sie dienen dem Schutz der
regelbasierten internationalen Ordnung, die wir alle unterzeichnet haben
und von der wir alle profitieren sollten – sei es im Mittelmeer, im Golf
von Bengalen oder im Südchinesischen Meer.“
China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich, obwohl ein
internationales Gericht entschieden hat, dass es keine Rechtsgrundlage
dafür gibt. China hat seine Präsenz unter anderem mit militärischen
Außenposten auf künstlich errichteten Inseln ausgeweitet. Damit hat die
Volksrepublik Stützpunkte in Gewässern geschaffen, die Gasfelder und reiche
Fischgründe enthalten.
## Verteidigungsminister trifft chinesischen Amtskollegen
Bundesverteidigungsminister Pistorius hat Peking außerdem aufgefordert, die
Anwerbung ehemaliger Bundeswehrpiloten für die Ausbildung chinesischer
Kampfpiloten zu stoppen. „Ich habe deutlich gemacht, dass ich erwarte, dass
diese Praxis unverzüglich beendet wird“, sagte Pistorius am Samstag nach
einem Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Li Shangfu am Rande der
Sicherheitskonferenz in Singapur.
„Ich habe ihm klar gemacht, dass er sicherlich nicht sehr amüsiert wäre,
wenn ich das meinerseits probieren würde“, sagte Pistorius. Der chinesische
General habe verhalten auf die Aufforderung reagiert. „Er hat es nicht
bestritten, hat aber die Bedeutung relativiert aus seiner Perspektive“,
sagte Pistorius.
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und das ZDF hatten Recherchen
veröffentlicht, wonach Peking ehemalige Piloten der Bundeswehr angeworben
hat, welche für die Ausbildung chinesischer Kampfpiloten eingesetzt werden
sollen. Ähnliche Berichte hatte es bereits über die Anwerbung britischer
Ex-Piloten gegeben, was China allerdings bestritten hatte.
Pistorius hatte sich am Rande des sogenannten Shangri-La-Dialogs mit Li zu
einem mehr als einstündigen Gespräch getroffen. Beide Minister hätten
„klare Worte“ für ihre Positionen gefunden, sagte der
Bundesverteidigungsminister.
Zu den Spannungen zwischen China und Taiwan sagte Pistorius: „Niemand
scheint im Augenblick ein Interesse an einer Eskalation zu haben“. Es sei
allerdings entscheidend, weiter mit Peking im Gespräch zu bleiben. Peking
betrachtet Taiwan als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland
vereinigen will – notfalls mit militärischer Gewalt.
## China warnt vor „Nato-ähnlichen“ Bündnissen im Indopazifik
Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu hat unterdessen vor der Schaffung
„Nato-ähnlicher“ Bündnisse im Indopazifik gewarnt. Der Versuch, dort
derartige Allianzen voranzutreiben, sei „eine Form der Entführung
regionaler Länder und des Aufbauschens von Konflikten und Konfrontationen“,
sagte Li am Sonntag bei der Sicherheitskonferenz Shangri-La-Dialog in
Singapur. Er warnte, solche Bündnisse würden die Region „in einen Strudel
von Auseinandersetzungen und Konflikten stürzen“.
Der indopazifische Raum brauche „eine offene und integrative Zusammenarbeit
und nicht die Einbindung in kleine Cliquen“, sagte Li in einer Rede. Ein
„heftiger Konflikt oder eine Konfrontation zwischen China und den
Vereinigten Staaten“ würde der Welt „unerträglichen Schmerz bereiten“.
Lis Äußerungen spiegeln die seit langem bestehende chinesische Kritik an
den [2][Bemühungen der USA wider, Bündnisse in der Region zu festigen und
dem Aufstieg Chinas entgegenzuwirken]. Vor eineinhalb Jahren hatten die USA
gemeinsam mit Australien und Großbritannien das indopazifische
Sicherheitsbündnis Aukus gegründet – eine Antwort auf den zunehmenden
Einfluss Chinas in der Region.
Zudem ist Washington zusammen mit Indien, Japan und Australien Mitglied der
sogenannten Quad-Gruppe. Die Allianz soll ebenfalls ein Gegengewicht zum
militärischen und wirtschaftlichen Machtanspruch Chinas bilden.
Die USA sehen das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende China [3][als
größte geopolitische Herausforderung weltweit an]. Zwischen beiden Staaten
gibt es eine Reihe von Konfliktpunkten, darunter den Handel und Chinas
Umgang mit Taiwan. Peking betrachtet Taiwan als abtrünniges Gebiet, das es
wieder mit dem Festland vereinigen will – notfalls mit militärischer
Gewalt.
Erst am Samstag hatte sich in der Meerenge zwischen der Insel Taiwan und
dem chinesischen Festland erneut eine unfreundliche Begegnung zwischen der
chinesischen und der US-Armee ereignet. Ein chinesisches Marineschiff habe
sich auf „unsichere Weise“ dem US-Zerstörer „USS Chung-Hoon“ genähert,
teilte die US-Armee mit. Das chinesische Schiff habe die „Chung-Hoon“ in
der Taiwan-Straße im Abstand von nur rund 140 Metern überholt.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bezeichnete den Vorfall als „extrem
gefährlich“. Das chinesische Schiff sei „wahrscheinlich 46 Meter“ vor der
Chung-Hoon vorbeigefahren. Er rief Peking auf, „wirklich die richtigen
Maßnahmen zu ergreifen, um diese Art von Verhalten einzudämmen“.
Andernfalls passierten womöglich „Unfälle, die dazu führen könnten, dass
die Dinge außer Kontrolle geraten“, sagte Austin vor Journalisten in
Singapur.
Zuvor hatte der Pentagon-Chef die Bedeutung eines fortgesetzten Dialogs
zwischen den USA und China unterstrichen. Peking hatte ein offizielles
Treffen zwischen Austin und Li am Rande der Tagung in Singapur abgelehnt.
## Geheimes Treffen der Spionagechefs in Singapur
Hochrangige Beamte von etwa zwei Dutzend der wichtigsten Geheimdienste der
Welt haben sich laut Insidern am Rande des Shangri-La-Dialogs in Singapur
zu einer geheimen Veranstaltung getroffen. „Das Treffen ist ein wichtiger
Bestandteil der internationalen Schattenagenda“, sagte eine der fünf
Personen, die mit der Angelegenheit vertraut ist. „In Anbetracht der
Vielzahl der beteiligten Länder ist es kein Festival der Verhandlungen,
sondern eher ein Weg, um ein tieferes Verständnis der Interessen und Ziele
zu gewinnen.“ Es gebe einen unausgesprochenen Kodex unter den
Geheimdiensten, „sie können reden, wenn eine formellere und offene
Diplomatie schwieriger ist.“ Das sei ein sehr wichtiger Faktor in Zeiten
der Spannung, und die Veranstaltung in Singapur träge dazu bei, dies zu
fördern. Der Ton bei dem Treffen sei kollegial und kooperativ und nicht
konfrontativ gewesen, sagte eine weitere Person.
Die USA seien durch die Direktorin des Nationalen Intelligence, Avril
Haines, und auch China sei trotz der Spannungen zwischen den beiden
Supermächten vertreten gewesen. Samant Goel, der Leiter des indischen
Auslandsgeheimdienstes, sei ebenfalls anwesend gewesen, so ein indischer
Informant.
„Die Teilnehmer des Shangri-La-Dialogs, darunter auch hochrangige Beamte
der Nachrichtendienste, nutzen die Gelegenheit, ihre Amtskollegen zu
treffen“, sagte ein Sprecher des singapurischen Verteidigungsministeriums.
Solche Treffen würden von der Regierung Singapurs organisiert und fänden
seit mehreren Jahren diskret an einem separaten Ort neben dem
Sicherheitsgipfel statt, sagte eine der fünf mit der Angelegenheit
vertraute Person.
Die US-Botschaft in Singapur sagte, sie habe keine Informationen über das
Treffen. Die chinesische und die indische Regierung reagierten nicht sofort
auf Bitten um Stellungnahme.
4 Jun 2023
## LINKS
[1] /Umstrittene-Todesstrafe/!5927450
[2] /Spannungen-zwischen-USA-und-China/!5871282
[3] /Amerikanische-Aussenpolitik/!5861177
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