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# taz.de -- Schlagfertiger Konsul, hohle Phrasen: Pekings diplomatische Paralle…
> Chinas Außenpolitiker zeigen beim Parteikongress, dass es im
> ideologischen Kosmos des Xi Jinping keinen Platz für Kritik oder
> Selbstreflexion gibt.
Bild: Chinas Partei- und Staatsführung mit Xi Jinping in der Mitte beim 20. Ko…
Peking taz | Nur noch selten lassen sich die Realitäten in- und außerhalb
Chinas noch in Einklang bringen. Doch an Tagen wie diesem stehen sie sich
diametral entgegen: Im Ausland verärgern Chinas sogenannte
Wolfskrieger-Diplomaten mit ihrem arrogant-auftrumpfenden Gehabe ihre
Gastländer und hat das Reich der Mitte stark an Ansehen verloren. Bei
[1][Chinas Parteikongress] hingegen übt man sich im Straußenblick: Da wird
alles ignoriert, was die nationalistische Propaganda-Show stören könnte.
Am Donnerstag lud die Partei zur traditionellen Außenpolitik-Konferenz. Es
sollte um Xi Jinpings Diplomatie „mit chinesischen Eigenschaften“ gehen.
Tatsächlich gäbe es viel zu besprechen: etwa Chinas Loyalität zu Wladimir
Putin trotz dessen Angriffskrieg in der Ukraine; der drohende Konflikt mit
den USA oder die immer tieferen Gräben gegenüber Europa. Doch wer
inhaltliche Aussagen erwartet hatte, wurde enttäuscht.
Vielmehr zündeten Pekings Vertreter eine rhetorische Nebelgranate nach der
anderen und warfen nur mit leeren Phrasen um sich. „Unsere Partei widmet
sich einer harmonischen Weltgemeinschaft. Wir engagieren uns für eine
gemeinsame Zukunft der Menschheit“, sagte etwa Vizeaußenminister Ma Zhaoxu.
Über seinen Parteichef sagte der loyale Apparatschik: „Generalsekretär Xi
Jinping ist ein marxistischer Staatsmann und strategischer Denker mit
herausragender politischer Weisheit, exzellenter theoretischer Weitsicht
und einer profunden globalen Vision.“ Mehr noch: „Er erforscht tiefgehend
die Zukunft der Menschheit“.
## Xi Jinpings Charmversuche in vielen Ländern gescheitert
In Pekings Paralleluniversum geht fast unter, dass die diplomatischen
Charme-Versuche Xis in vielen Ländern gescheitert sind: Laut Umfrage des
Pew Research Center hat China im letzten Jahrzehnt in jedem europäischen
Land stark an Beliebtheit eingebüßt. Noch stärker ist der Negativumschwung
bei den Nachbarn Südkorea und Japan.
Das hat mit der aggressiv-nationalistischen und kontraproduktiven
Wolfskrieger-Diplomatie zu tun, die Xi kultiviert hat. Auf Twitter
verbreiten Chinas Botschafter wüste Verschwörungstheorien und obszöne
Beschimpfungen des Westens.
Selbst Bilahari Kausikan, Ex-Spitzendiplomat aus dem freundlich gesinnten
Singapur, kritisiert inzwischen: „Ich sehe nicht, wie durch die
Wolfskrieger-Diplomatie Chinas Interessen vorangetrieben werden. Sie werden
dadurch beschädigt.“
Erst am Sonntag sorgte Chinas Generalkonsul im britischen Manchester für
einen [2][Eklat], als er Protestbanner Hongkonger Demonstranten niederriss
und auf einen von ihnen einprügelte. Am Donnerstag rechtfertige Zheng
Xiyuan sein undiplomatisches Verhalten stolz damit, er hätte nur seine
„Pflicht“ getan.
Wer als Diplomat so selbstbewusst und nationalistisch auftritt, wird unter
Xi mit Beförderung belohnt.
## Auch in Euro dominieren jetzt die Peking-kritischen Stimmen
Es ist kein Zufall, dass sich nach den USA auch in Europa Peking-kritische
Stimmen durchsetzen. Derzeit arbeitet man etwa im deutschen Auswärtigen Amt
an einer neuen China-Strategie, die deutlich mehr Kante erkennen lassen
wird als zu Zeiten Merkels.
Jüngst erklärte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas
Haldenwang, dass von China eine „weit erheblichere Bedrohung deutscher
Sicherheit und Interessen“ ausgehe als von Russland. In Pekings Außenamt
wurde all das nur als „Gerüchte“ abgetan.
Diese Haltung deckt sich mit dem, was europäische Diplomaten in Peking seit
rund zweieinhalb Jahren beklagen: Dass sie mit inhaltlicher Kritik nicht
mehr durchkämen – alles würde schlicht als Lüge oder Anti-China-Kampagne
abgetan.
## Kein Platz für unangenehme Fragen
Auch bei der Pressekonferenz am Donnerstag sorgte die Regierung dafür, dass
sie sich mit unangenehmen Fragen gar nicht erst auseinandersetzen müsse.
Alle Journalisten, die überhaupt in den Raum gelassen wurden, mussten ihre
Fragen vorab einreichen. Dann wurden nur Propagandisten von Staatsmedien
ans Mikrofon gelassen sowie zwei „freundliche“ Korrespondenten aus Syrien
und Indonesien, die sich nach den „unzähligen internationalen
Glückwünschen“ zum 20. Parteikongress erkundigen wollten.
Dabei täte die Chinas Regierung gut daran, würde sie auf ihre Vorgänger
hören. Wen Jiabao, bis vor zehn Jahren Premierminister, sagte einst, China
stehe nur eine helle Zukunft bevor, wenn man pluralistische Debatten und
kritisches Denken fördern würde. Seine Worte wirken heute nicht nur wie aus
einer weit entfernten Zeit, sondern scheinen regelrecht aus einem
Paralleluniversum zu kommen.
20 Oct 2022
## LINKS
[1] /KP-Parteitag-in-China/!5885689
[2] /Chinas-Konsulat-im-britischen-Manchester/!5888407
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
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