| # taz.de -- Olaf Scholz in China: Kanzler äußert überraschend Kritik | |
| > Chinas Staatsführung hat sich einen Wohlfühlbesuch vom Bundeskanzler | |
| > erhofft. Doch der sprach über Menschenrechte und Marktzugänge. | |
| Bild: Trotz Null-Covid ohne Maske: Olaf Scholz und Xi Jinping | |
| Peking taz | Allein wegen Sätzen wie diesen hat sich die umstrittene | |
| Peking-Reise für Olaf Scholz gelohnt: Staatschef Xi Jinping sagte laut der | |
| Mitteilung des chinesischen Außenministeriums, dass man sowohl „den | |
| Gebrauch als auch die Androhung von Atomwaffen“ ablehnen würde. Zudem müsse | |
| man eine „Nuklearkrise auf dem eurasischen Kontinent verhindern.“ | |
| Natürlich: Dabei handelt es sich um keinen diplomatischen Durchbruch für | |
| das Ende des Ukraine-Kriegs. Doch immerhin war das Chinas bislang | |
| deutlichste Warnung an Russlands Präsident Wladimir Putin. Dass Xi Jinping | |
| sie an Scholz' Seite aussprach, dürften viele in Europa als Erfolg des | |
| Kanzlerbesuchs werten. | |
| Zugegebenermaßen waren die Erwartungen vor der Reise ziemlich niedrig. Noch | |
| am Freitagmorgen schien Scholz' zwölfstündiger Kurzaufenthalt in Peking | |
| nicht mehr zu sein als ein [1][substanzloser Austausch diplomatischer | |
| Floskeln]. | |
| Die deutsche Delegation bewegte sich in einer vollständig abgeriegelten | |
| Corona-Blase mit einem Radius von wenigen hundert Metern. Auf dem Flug | |
| parkte die Regierungsmaschine zwischenzeitlich in Südkorea, wodurch die | |
| Crew die zehntägige Zwangsquarantäne in der „Null Covid“-Bastion China | |
| umging. | |
| ## China soll Menschenrechte einhalten | |
| Am Flughafen der chinesischen Hauptstadt rollten Seuchenschutzmitarbeiter | |
| in weißen Ganzkörperanzügen den roten Teppich aus. Als der Kanzler in der | |
| Großen Halle des Volkes Xi Jinping und den scheidenden Premier Li Keqiang | |
| traf, die zwei wichtigsten Politiker des Landes, nahmen sie ihre | |
| Gesichtsmasken allerdings ab. | |
| „Es ist gut und richtig, dass [2][ich heute hier in Peking bin]“, leitete | |
| Scholz seine Erklärung ein. Dem dürften spätestens gegen Ende des | |
| Tagesprogramms selbst einige Skeptiker zustimmen: Der massive Unmut wegen | |
| der Reise des Kanzlers – auch unter europäischen Diplomaten – stellte sich | |
| teilweise als unbegründet heraus. | |
| Scholz fand gegenüber der chinesischen Staatsführung direktere Worte, als | |
| viele Kritiker erwarteten. Mit Blick auf die [3][Situation der Uiguren in | |
| Xinjang] erinnerte er die chinesische Regierung daran, dass sie sich zur | |
| Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet hat. Das zu erwähnen sei zudem | |
| „keine Einmischung in innere Angelegenheiten“, wie Peking ansonsten | |
| unterstelle. | |
| Zur Taiwan-Frage sagte Scholz, jedwede Veränderung des Status quo dürfe | |
| „nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen“ erfolgen. Ebenfalls bat | |
| er Xi Jinping darum, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen. Dazu sagte Li | |
| Keqiang zumindest in einer vagen Stellungnahme: „Wir können uns keine | |
| weitere Eskalation leisten.“ | |
| Um einen reinen Wohlfühlbesuch, wie ihn sich Chinas Staatsführung erhofft | |
| hatte, handelte es sich also nicht. Gegen Ende des gemeinsamen | |
| Pressetermins, bei dem die chinesische Seite keine Fragen zuließ, | |
| verfinsterte sich sichtlich Premier Li Keqiangs Miene. Hochrangige | |
| Parteikader sind es nicht gewohnt, dass Reporter unangenehme Themen | |
| ansprechen. | |
| Scholz äußerte auch bei wirtschaftlichen Fragen Kritik – etwa zum | |
| Marktzugang ausländischer Unternehmen in China. Seine Worte dürften Balsam | |
| für die unternehmerische Seele der mitgereisten Wirtschaftsdelegation | |
| gewesen sein. Insgesamt zwölf Vorstandschefs – von Adidas über BASF bis zu | |
| Volkswagen – begleiteten den Kanzler. | |
| ## Kontakte für China wichtig | |
| Aber vermutlich reisten die deutschen Spitzenmanager ohne voluminöse Deals | |
| zurück. Schon die Corona-Blase machte Verhandlungen für Chinesen | |
| unattraktiv. Lediglich Biontech bekam zugesichert, dass ausländische Expats | |
| in China endlich MRNA-Impfstoff auf legalem Wege erhalten dürfen. Die | |
| Volksrepublik hat bislang nur ihre heimischen Totimpfstoffe zugelassen. | |
| Chinesische Zeitungen hielten sich mit Bewertungen des Besuchs auffällig | |
| zurück. Im Vorfeld hofften sie, Olaf Scholz emanzipiere sich vom Druck der | |
| USA und [4][führe den pragmatischen Kurs Angela Merkels] fort. Gemessen an | |
| daran, dürfte die chinesische Staatsführung wohl nur mäßig erfreut sein. | |
| Chinas Beziehungen gegenüber dem Westen verschlechterten sich in der | |
| Pandemie dramatisch. Die wirtschaftliche Lage des Landes ist nach | |
| zweieinhalb Jahren „Null Covid“ überaus angespannt. Für Xi Jinping ist es | |
| deshalb wichtig, den Kontakt nach Deutschland zu erhalten. | |
| 4 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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