# taz.de -- Entwürfe für Braunschweigs Lichtparcours: Dürfen wir das? | |
> Im Sommer wird Braunschweig wieder zu einem Schauplatz für aufwendige | |
> Lichtkunst. Erstmals geht es inhaltlich auch um Nachhaltigkeit und | |
> Umweltschutz. | |
Bild: Die Lichtparcours-Idee der Gruppe Luzinterruptus: Mond aus Plastikmüll, … | |
„Dürfen wir das?“ Das fragte sich Braunschweigs Kulturdezernentin Anja | |
Hesse angesichts des 6. Lichtparcours, der im Sommer 2024 wieder ein | |
temporäres Kunstvergnügen im öffentlichen Raum der Stadt bieten soll. | |
Dürfen wir? Nicht nur der [1][nahe Krieg], auch das Nachdenken über | |
Klima-Folgen unseres Konsumverhaltens, rare Energieressourcen, | |
[2][Wasserknappheit] oder [3][Plastikmüll in den Weltmeeren], kurz: unseren | |
ökologischen Fußabdruck, hat längst in die Kunst Einzug gehalten. Beim | |
künstlichen Licht im öffentlichen Raum fällt schnell das vernichtende | |
Urteil – [4][Lichtverschmutzung]. So kennt mittlerweile wohl jede:r den | |
Zusammenhang von Insekten-, Vogel- oder anderem Artensterben und exzessiver | |
nächtlicher Illumination. Was also tun? | |
Verzichten wollte Hesse auf einen letzten Lichtparcours vor ihrem Ruhestand | |
nicht, also hat sie inhaltlich nachjustiert. Ging es bei den fünf | |
vorherigen Ausgaben, zwischen 2000 und [5][2020] im Vierjahresturnus | |
veranstaltet, primär um künstlerische Qualitäten im Zusammenspiel von | |
Licht, Topografie, Wasser, Grün und Architekturen, bezieht das kommende | |
Event Aspekte der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz ein. | |
Das Procedere aber bleibt gleich: Ein Auswahlgremium hat 15 | |
Künstler:innen und Teams – sowie neuerlich Studierende der TU | |
Braunschweig – zu Projektentwürfen eingeladen. Diese teils aufwendigen | |
Modelle, Versuchsaufbauten und Simulationen werden ausgestellt und sollen | |
Sponsoren überzeugen, eine Realisierung zu finanzieren. | |
Ist nur dystopische Krisenkunst entstanden? Mitnichten. Es scheint, auch | |
trübe Themen können zum ästhetischen Spektakel auflaufen. Der größte und | |
technisch wohl aufwendigste Vorschlag besteht aus einem nächtlich | |
beleuchteten Mond aus Plastikmüll, 12 Meter Durchmesser, aufgehängt an | |
einem Baukran über einer Wasserfläche: Die spanische Gruppe Luzinterruptus | |
möchte darauf aufmerksam machen, dass der echte Mond immer weniger sichtbar | |
werden wird. | |
Verdrängt, wenngleich sozialpsychologisch, wird auch das Rotlichtmilieu | |
unserer Städte: Jan Philip Scheibe widmet der einschlägig legendären | |
Braunschweiger Bruchstraße ein großes, rot blinkendes Monument, leider | |
nicht am Ort selbst postiert, sondern vor einer Schauruine samt Teich im | |
nahen Bürgerpark. | |
Die benachbarte Wasserlandschaft haben aber auch andere Künstler:innen | |
ins Auge gefasst – es könnte also nicht nur thematisch kollidieren, wenn | |
Tobias Rehberger mit seinem Unterwasser-LED-Teppich samt leisem Sound unser | |
Unterbewusstsein aufwühlen möchte; oder Alona Rodeh zwei dieser peinlichen | |
Braunschweiger Tretboote in Schwanenform ein automatisiertes Wasserballett | |
aufführen lässt. | |
Absolut minimalistisch hingegen ist die Projektion einer großen Öllache: | |
Studierende der Architekturbezogenen Kunst möchten sie am Okergestrande der | |
Universität ihr schillerndes Unwesen treiben sehen. | |
6 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bettina Maria Brosowsky | |
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