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# taz.de -- Inflation in Österreich: Wiener Anti-Armuts-Paket
> Die hohen Lebensmittelpreise setzen die Regierung in Wien unter Druck.
> Weil sie sich nicht auf Reformen einigen kann, gibt es nun
> Einmalzahlungen.
Bild: Die FPÖ/ÖVP-Koalition hat armutsgefährdete Kinder entdeckt: Bis Ende 2…
Wien taz | Mehr Geld für armutsgefährdete Kinder und Alleinerziehende soll
die [1][Folgen der hohen Inflation] in Österreich dämpfen. Kommen soll es
aus einem zusätzlichen Anti-Teuerungspaket, das Sozialminister Johannes
Rauch (Grüne) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) am Dienstag
vorgestellt haben. 500 Millionen Euro wird es kosten.
Die neuen Maßnahmen sollen die in der vergangenen Woche präsentierten
ergänzen. Da ging es um das Einfrieren von Bundes- und Gemeindegebühren wie
für die Ausstellung von Pässen oder die Müllabfuhr, außerdem um die
Abschöpfung von [2][Übergewinnen der Energiekonzerne] und größere
Transparenz bei der Gestaltung von Lebensmittelpreisen. Für eine staatliche
Regulierung von Preisen für Grundnahrungsmittel waren die Supermarktketten
nicht zu gewinnen.
Die Inflationsrate in Österreich liegt mit zuletzt 9,7 Prozent im
europäischen Spitzenfeld. Lebensmittelpreise sind noch stärker gestiegen
und setzen die Regierung unter Druck. Ein schlecht vorbereiteter
„Lebensmittelgipfel“ in der vergangenen Woche endete ohne jedes konkrete
Ergebnis und wurde für Minister Rauch zum PR-Desaster.
## Wieder ein Koalitionskompromiss
Wenige Tage später folgte das erste Paket, das als typischer Kompromiss
zwischen den Koalitionspartnern gesehen wird. Alles was nach Besteuerung
von Vermögen oder Reichensteuer riecht, wird von der ÖVP reflexartig
abgelehnt. Also wird viel Geld für wenig inflationsdämpfende
Einmalzahlungen ausgegeben. SPÖ und FPÖ drängen in seltener Einigkeit
darauf, die aktuell 10 Prozent betragende Umsatzsteuer auf Lebensmittel zu
senken oder abzuschaffen. Wirtschaftsexperten wie Christoph Badelt,
Präsident des Fiskalrates und Regierungsberater, sehen dabei aber
nachhaltig zu hohe Kosten für den Fiskus.
Das Ergebnis sind nun also Sonderzahlungen für Personen, die
Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe oder Ausgleichzulage
beziehen. Letztere bekommen Leute mit zu geringen Renten oder Löhnen.
Alleinerziehenden werden bis Ende 2024 pro Kind und Monat zusätzlich 60
Euro überwiesen. Für besonders armutsgefährdete Familien mit Schulkinder
gibt es zweimal jährlich Gutscheine im Wert von 150 Euro statt wie bisher
120. Der Topf für Gratis-Nachhilfeunterricht wird um zehn Millionen
aufgestockt. „Anfang 2024 erfolgt dann die reguläre Erhöhung der
Sozialhilfe in Höhe der Inflation“, kündigte Sozialminister Rauch an.
## Mindestsicherung vs Sozialhilfe
Kritik der Opposition und in sozialen Medien erfolgte umgehend. Andi
Babler, einer der drei Kandidaten für den SPÖ-Vorsitz, twitterte: „Die 60€
fließen direkt in die Gewinne der Immo- und Lebensmittelbranche, die mit
den steigenden Preisen Profite machen. Armutsbetroffene geben anteilig am
Einkommen am meisten für Wohnen und Essen aus. Die Regierung muss endlich
die Mieten und Lebensmittelpreise senken.“ Immerhin sah Armutsexperte
Martin Schenk von der evangelischen Diakonie richtige Ansätze: „Die
Maßnahmen kommen regelmäßig, automatisiert und sind sozialstaatlich
eingebettet – da ist immer der bessere Ansatz.“ Er vermisste aber eine
„grundlegende Reform der schlechten Sozialhilfe und eine Verbesserung der
Arbeitslosenversicherung“.
Die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte 2019 die bedarfsorientierte Mindestsicherung
durch eine Sozialhilfe ersetzt. Die ist nicht nur bürokratischer, sondern
deckt auch die wahren Kosten sozial bedürftiger Menschen nicht ab.
Vergeblich setzen sich die Grünen innerhalb der Koalition zumindest für
[3][eine Grundsicherung für Kinder] ein. Auch eine Deckelung der zuletzt
stark angestiegenen Mieten war mit der ÖVP nicht zu machen.
17 May 2023
## LINKS
[1] /Landtagswahl-in-Salzburg/!5929675
[2] /Uebergewinnsteuer-fuer-Energiekonzerne/!5893844
[3] /Streit-um-Kindergrundsicherung/!5927837
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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