| # taz.de -- Wahlpanne bei Österreichs Sozialdemokraten: Die kürzeste Amtszeit… | |
| > Am Samstag galt Hans Peter Doskozil als neuer Parteichef der SPÖ. Zwei | |
| > Tage später stellt sich heraus: Der eigentliche Sieger ist der | |
| > Zweitplatzierte. | |
| Bild: Da freute sich Doskozil noch – zwei Tage später ist er doch nicht mehr… | |
| Innsbruck taz | Als Hans Peter Doskozil am Montagmorgen in die Woche | |
| startete, war er noch frisch gewählter Vorsitzend[1][er der | |
| Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ)], und damit auch | |
| Kanzlerkandidat der Partei für die Nationalratswahl im Herbst 2024. Wenige | |
| Stunden später ist der Höhenflug vorbei – sein Kontrahent Andreas Babler | |
| hat nun den Posten inne. | |
| Das bestätigte am Dienstagnachmittag eine dritte Auszählung des | |
| Wahlergebnisses, unter Leitung der neuen Vorsitzenden der SPÖ-Wahlkomission | |
| Klaudia Frieben: Rund 53 Prozent der Stimmen entfallen demnach auf Babler, | |
| etwas über 46 auf Doskozil, die restlichen Wahlzettel sind ungültig. | |
| Die Panne, die der Neuauszählung vorausging: In einer kurzfristig | |
| einberufenen Pressekonferenz am Montagnachmittag gab die damalige Leiterin | |
| der SPÖ-Wahlkommission, Michaela Grubesa, bekannt, dass bei der Auszählung | |
| der Wahlzettel beim außerordentlichen Parteitag der SPÖ zwei Tage zuvor die | |
| Ergebnisse umgedreht wurden. Die Stimmen wurden, so Grubesa, „aufgrund | |
| eines technischen Fehlers eines Mitarbeiters beim Übertragen in eine | |
| Excelliste vertauscht“. | |
| Dass die Wahlzettel überhaupt neu ausgezählt wurden, lag daran, dass im | |
| ursprünglichen Ergebnis eine fehlte. Laut den am Samstag verkündeten Zahlen | |
| stimmten 316 SPÖ-Delegierte für Doskozil und 279 für Babler. Von 601 | |
| abgegebenen Wahlzetteln waren fünf ungültig. Wer das nachrechnet, dem fällt | |
| auf, dass eine Stimme fehlt. So auch Martin Thür, Moderator beim | |
| [2][öffentlichen Rundfunk Österreichs (ORF)]. Die SPÖ informierte er | |
| anschließend via Twitter über die Ungereimtheit. | |
| ## Doskozil verkündigt Rückzug aus der Bundespolitik | |
| Doch auch nach der zweiten Auszählung war die Farce noch nicht zu Ende: Bei | |
| der Verkündung des richtigen Ergebnisses sprach Grubesa von insgesamt 602 | |
| Stimmen, eine mehr als im ersten Durchgang – davon 280 für Doskozil und 317 | |
| für [3][Babler], also jeweils eine Stimme mehr pro Kandidat. Wie zuvor gab | |
| es fünf ungültige Wahlzettel. Somit waren zwei, nicht eine Stimme | |
| hinzugekommen. Der verlorene Stimmzettel war außerdem ungültig, in der | |
| Endabrechnung hatte sich die Zahl der ungültigen Stimmen aber nicht | |
| verändert. | |
| Grubesa trat daraufhin als Wahlleiterin zurück, Babler forderte eine | |
| erneute Auszählung – Runde Nummer drei, diesmal unter den Augen eines | |
| hinzugezogenen Notars. | |
| Angesichts der Unfähigkeit seiner Partei, Stimmzettel auszuzählen, sagte | |
| Wahlgewinner Babler am Montagabend: „Ich möchte mich für das Bild, das | |
| Teile unseres Apparats in den letzten Wochen abgegeben haben, aus tiefstem | |
| Herzen entschuldigen“. Bezüglich Personalien und inhaltlicher | |
| Weichenstellungen werde er sich nun mit seinem Team beraten. | |
| Doskozil verkündete im Anschluss an die Niederlage in einer eilig | |
| anberaumten Pressekonferenz am Montag das Ende seiner bundespolitischen | |
| Karriere. Ob er bei der Landtagswahl 2025 im Burgenland wieder antreten | |
| werde, ließ er offen. Die jüngsten Ereignisse bezeichnete er als Tiefpunkt | |
| der österreichischen Sozialdemokratie. | |
| ## Doskozil und Babler stehen für verschiedene Ausrichtungen | |
| Die Verwechslung der Wahlergebnisse ist auch deshalb pikant, weil Doskozil | |
| und Babler für unterschiedliche inhaltliche Ausrichtungen der SPÖ stehen. | |
| Babler, Bürgermeister der Stadt Traiskirchen nahe Wien, wird dem linken | |
| Flügel der Partei zugerechnet, Doskozil, Landeshauptmann des Burgenlandes, | |
| dem konservativen. Doskozil verfolgt eine restriktive Migrationspolitik und | |
| koalierte in seinem Bundesland mit der rechtspopulistischen FPÖ. Die | |
| Entscheidung über den Parteichef war also auch eine Entscheidung über die | |
| künftige Linie der Sozialdemokraten. Ein Betrug sei aber definitiv | |
| auszuschließen, erklärte Frieben in einer Pressekonferenz nach der dritten | |
| Auszählung. | |
| Die Leidtragende des Debakels ist in jedem Fall die [4][SPÖ und ihr | |
| öffentliches Image]. Eva Linsinger, Journalistin beim österreichischen | |
| Nachrichtenmagazin profil, sagte am Montag in einer Runde des ORF, dass | |
| jeder Kegelverein besser organisiert sei als die SPÖ. ORF-Moderator Armin | |
| Wolf twitterte: „Keine Klassensprecher:innen-Wahl in diesem Land ist | |
| schlechter organisiert als dieser Pallawatsch“ – das ist Österreichisch und | |
| bedeutet Durcheinander. | |
| Nach Bekanntgabe der dritten Auszählung haben wir den Text entsprechend | |
| aktualisiert und um Kontext zu den politischen Positionen der Kontrahenten | |
| erweitert. | |
| 6 Jun 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /SPOe-hat-neuen-Chef/!5938352 | |
| [2] /Sparmassnahmen-beim-ORF-in-Oesterreich/!5914125 | |
| [3] /Erbauliche-Nachrichten-aus-Oesterreich/!5928561 | |
| [4] https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/3000000030896/die-vielen-bruch… | |
| ## AUTOREN | |
| Denis Pscheidl | |
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