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# taz.de -- EU-Mercosur Handelsvertrag: Ringen um „Voldemort-Abkommen“
> Die EU-Kommission macht Druck, Deutschland hadert mit Waldschutz, und in
> den Mercosur-Ländern sind Politiker genervt von den vielen Vorgaben der
> EU.
Bild: Auch während des EU-Handelsministertreffens im Mai gab es Proteste
BERLIN taz | In EU-Kreisen wird es auch „Voldemort-Abkommen“ genannt, nach
dem Bösewicht bei Harry Potter, dessen Name sich niemand zu sagen traute.
Die EU-Kommission ringt um [1][das Handelsabkommen zwischen EU und
Mercosur]. Bereits vor fast 25 Jahren begannen die Verhandlungen mit
Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay über ein Abkommen, das die
weltweit größte Freihandelszone schaffen würde.
Doch nun drängt die Zeit: Für die Energiewende hätte Europa gerne Zugang zu
wichtigen Rohstoffen aus Lateinamerika wie Kobalt, Nickel und Lithium, die
für Batterien benötigt werden. Auch die europäische Autoindustrie,
Maschinenbau- und Chemieunternehmen würden profitieren.
Widerstand hält sich hartnäckig aus Österreich, Frankreich und den
Niederlanden, allen voran gestützt von der Agrarlobby, die Nachteile für
ihre Bauern vermutet, wenn Rinderfleisch und Agrarprodukte aus den
lateinamerikanischen Staaten günstiger in die EU importiert werden können.
[2][Umweltorganisationen hingegen betonen den schädlichen Effekt für das
Klima] von den größten Handelsprodukten Rind, Autos und Pestiziden. Auf
breite Kritik am Abkommen stößt außerdem [3][die Gefahr für den
Amazonas-Regenwald]. Die Abgeordnete Kathrin Henneberger (Grüne) war mit
Fraktionsmitgliedern und Grünen Abgeordneten des Europaparlaments in
Brasilien. „Allein die Nachricht, dass Mercosur auf dem Weg ist, hat den
Druck auf den Regenwald bereits erhöht“, berichtet sie.
## Kritik an Zusatzerklärung
Um die Kritiker zu beschwichtigen, hat die EU-Kommission eine
Zusatzerklärung entworfen, die dem Abkommen angehängt werden und für mehr
Nachhaltigkeit und Schutz der indigenen Bevölkerung sorgen soll. Ein
Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltinstituts München bezweifelt jedoch
ihre Wirksamkeit, da sie den Vertragstext nicht ändere und weiterhin
umweltschädliche Produkte fördere. Auch gebe es keine Möglichkeiten
Sanktionen zu verhängen bei Verstößen gegen Umweltschutz oder
Arbeitsstandards.
Die Kommission hat ihren Vorschlag bereits den Mercosur-Staaten übermittelt
und wartet auf Antwort. Derweil kommt Kritik auch von der
Bundestagsfraktion der Grünen, die den aktuellen Entwurf nicht für
ausreichend hält, um den Regenwald wirksam zu schützen. Vergangene Woche
stellte sie im Wirtschaftsausschuss ein Gutachten für ein zusätzliches
Instrument vor.
Mit einer Vertragsergänzung soll ein völkerrechtlicher Teil zum Waldschutz
eingefügt werden. Es würde staatliche Entwaldung verbieten und die
Bekämpfung privater Entwaldung oder Waldschädigung verankern sowie
Berichterstattung dazu festlegen.
## „Historische Chance“ unter Lula
„Unter Brasiliens Präsident Lula gibt es die historische Chance, den
Regenwald vor Abholzung zu retten“, sagt der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende der Grünen Andreas Audretsch. Deshalb sei es wichtig,
jetzt diese Chance zu nutzen. „Mit unserem Vorschlag haben wir das stärkste
Waldschutzinstrument entwickelt, das es je in einem Handelsabkommen gab“,
findet Audretsch.
Die Mercosur- Staaten begrüßen das Abkommen bislang und zeigen sich auch
aufgeschlossen gegenüber der Zusatzerklärung. Allerdings gibt es auch Unmut
über die vielen Regelungen in der EU, die neue Entwaldungsverordnung etwa
oder Forderungen nach Sanktionsmechanismen, die als paternalistisch und
protektionistisch wahrgenommen werden.
Mitte Juli treffen sich die Mercosur-Staaten und die EU zu einem Gipfel in
Brüssel. Dann sollen die nächsten Schritte für das EU-Mercosur-Abkommen
verkündet werden.
2 Jun 2023
## LINKS
[1] /EU-Abkommen-mit-Mercosur-Staaten/!5892995
[2] /Allianz-gegen-Freihandelsabkommen/!5933270
[3] /Bedrohter-Trockenwald-in-Argentinien/!5933034
## AUTOREN
Leila van Rinsum
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