# taz.de -- Von der Leyen in Südamerika: Werben für Freihandelsabkommen | |
> Die EU-Kommissionspräsidentin will die Beziehungen mit dem Staatenbund | |
> Mercosur noch vor dem anstehenden Gipfel auf eine „neue Ebene bringen“. | |
Bild: Gute Miene zum schwierigen Spiel: Ursula von der Leyen und Argentiniens S… | |
BUENOS AIRES taz | „[1][Lithium], Kupfer, grüner Wasserstoff – das sind | |
Dinge, die Europa braucht und die Argentinien liefern kann.“ Mit dieser | |
Aussage rannte Ursula von der Leyen in Buenos Aires am Dienstag offene | |
Türen ein. Und um etwas Handfestes präsentieren zu können, | |
[2][unterzeichnete sie mit Argentiniens Präsident Alberto Fernández eine | |
entsprechende Absichtserklärung]. „Wir wollen gemeinsam | |
Wertschöpfungsketten aufbauen, die über die reine Ausbeutung von Rohstoffen | |
hinausgehen“, so die EU-Kommissionspräsidentin. | |
Dagegen [3][klemmen die Türen beim Thema Freihandelsabkommen EU-Mercosur] | |
auch weiterhin. Der politische Wille zur Einigung sei vorhanden, hatte | |
Präsident Fernández erklärt. Aber: „Das Abkommen muss den Asymmetrien | |
zwischen der EU und dem Mercosur Rechnung tragen“, so der Präsident. | |
Geschehe dies nicht, würde es dem Mercosur mehr schaden als nützen. Das | |
Abkommen zwischen der EU und dem aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und | |
Uruguay bestehenden Mercosur war bereits im Jahr 2019 beschlossen worden. | |
Argentinien war von der Leyens zweite Station auf ihrer viertägigen Reise, | |
die sie am Montag zuerst nach Brasilien und dann über Buenos Aires weiter | |
nach Chile und Mexiko führt. Die Visiten dienen der Vorbereitung [4][des | |
Gipfeltreffens EU-Celac mit 30 Staats- und Regierungschefs aus | |
Lateinamerika und der Karibik] am 17. und 18. Juli in Brüssel. | |
„Ich bin hier, um zu sagen, dass Europa zurück in Lateinamerika ist und | |
dass es an der Zeit ist, unsere strategische Partnerschaft auf eine neue | |
Ebene zu heben“, erklärte von der Leyen bei ihrer Ankunft in Brasilien. Um | |
auf diese höhere Ebene zu kommen, hatte die EU-Kommission Anfang Juni ihre | |
„[5][Neue Agenda für die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika und | |
der Karibik]“ vorgestellt. Kernstück des 22-Seiten-Papiers ist das Global | |
Gateway: ein milliardenschwerer Fonds, mit dem die EU Investitionen in | |
Lateinamerika und der Karibik anschieben will. | |
## Höhere EU-Investitionen | |
Von der Leyen reist denn auch nicht mit leeren Händen. „Die Europäische | |
Union ist bereits der Hauptinvestor in der Region, und ich freue mich, | |
ankündigen zu können, dass wir diese Investitionen in Lateinamerika und der | |
Karibik im Rahmen von Global Gateway auf 10 Milliarden Euro erhöhen | |
werden“, so die Kommissionspräsidentin. Damit soll dem Einfluss Chinas und | |
seiner Neue-Seidenstraße-Initiative eine europäische Alternative | |
entgegengesetzt werden, die im Unterschied zu China „auf Nachhaltigkeit | |
setzt und von der die lokale Bevölkerung profitiert“, so von der Leyen. | |
Dennoch stand ihr Besuch in Brasilien ganz im Zeichen des umstrittenen | |
Handelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur. „Ich habe Präsidentin | |
von der Leyen die brasilianische Besorgnis über das von der Europäischen | |
Union im März dieses Jahres vorgelegte Zusatzinstrument zum Abkommen | |
erläutert, das die Verpflichtungen Brasiliens erweitert und bei | |
Nichteinhaltung sogar Sanktionen vorsieht“, gab sich Präsident Luiz Inácio | |
Lula da Silva zuerst diplomatisch. Und fügte dann hinzu: „Die Prämisse | |
zwischen strategischen Partnern muss gegenseitiges Vertrauen sein, nicht | |
Misstrauen und Sanktionen.“ | |
## Brasilianischer Ärger | |
Wie verärgert die brasilianische Seite ist, hatte sich bereits beim Besuch | |
von Annalena Baerbock Anfang Juni gezeigt. Dass ein Präsident eine eigens | |
angereiste Außenministerin nicht empfängt, kommt vor. Aber dass Baerbock | |
lediglich von ihrer stellvertretenden brasilianischen Amtskollegin Maria | |
Laura da Rocha begrüßt wurde, spricht Bände. Zumal auch sie nicht mit | |
leeren Händen gekommen war. „Wir haben bereits für den Amazonienfonds in | |
der Vergangenheit Millionen eingezahlt. Diese Reise dient auch dazu, | |
weitere Millionen dafür zur Verfügung zu stellen“, so Baerbock bei ihrem | |
Besuch. | |
Was Lula vor allem auf die Palme bringt, ist [6][die EU-Verordnung über | |
entwaldungsfreie Lieferketten], die erst vor einigen Wochen in Kraft trat. | |
Sie verbietet die Einfuhr und den Verkauf von landwirtschaftlichen | |
Erzeugnissen wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Holz oder Sojabohnen, die auf | |
nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Waldflächen angebaut oder produziert | |
werden. Die jetzt in einem Zusatzdokument enthaltenen Umweltanforderungen | |
sorgen bei den südamerikanischen Staaten für Unmut. | |
Ohne konkrete Vorschläge zur Überwindung dieser „Hindernisse, die es gibt�… | |
präsentierte von der Leyen nun eine Neudefinition: „Dieses Abkommen ist | |
eine Plattform für einen langfristigen Dialog, und wir haben ein Schreiben | |
als zusätzliches Instrument geschickt“, erklärte die | |
Kommissionspräsidentin. Die EU warte auf Antwort, um die notwendigen | |
Schritte zum Abschluss des Abkommens unternehmen zu können. Ende Juni | |
werden sich die Unterhändler von EU und Mercosur in Buenos Aires erneut | |
treffen. Dann wollen die südamerikanischen Länder einen Gegenvorschlag | |
vorlegen. | |
14 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Lithiumgewinnung-in-Argentinien/!5821885 | |
[2] https://www.eeas.europa.eu/delegations/argentina/pasarela-mundial-la-ue-y-a… | |
[3] /EU-Mercosur-Handelsvertrag/!5934626 | |
[4] /Gipfeltreffen-in-Lateinamerika/!5911417 | |
[5] https://www.eeas.europa.eu/eeas/gemeinsame-mitteilung-das-europ%C3%A4ische-… | |
[6] /EU-Mercosur-Handelsvertrag/!5934626 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Freihandel | |
Mercosur | |
Ursula von der Leyen | |
Freihandelsabkommen | |
Mercosur | |
Klimaneutralität | |
Mercosur | |
Brasilien | |
Mercosur | |
Freihandelsabkommen | |
Freihandel | |
Schwerpunkt TTIP | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Celac-Treffen der EU in Brüssel: Zu Gast bei Freunden | |
Das Gipfeltreffen soll die Kooperation zwischen Lateinamerika und der EU | |
voranbringen. Position zur Ukraine unklar. | |
Wasserstoff aus Chile: Schiefes Geschäft | |
Deutschland will für die Energiewende grünen Wasserstoff aus dem | |
windreichen Chile importieren. Das Land könnte dadurch eigene | |
Umweltprobleme bekommen. | |
EU-Mercosur-Handelsvertrag: Kommt die Rindfleischschwemme? | |
Der Deutsche Bauernverband sorgt sich, dass durch das EU-Mercosur-Abkommen | |
heimische Produkte verdrängt werden könnten. Was ist dran? | |
Prozessbeginn gegen Ex-Präsident Bolsonaro: Bolsonaro droht Amtsverbot | |
Im Prozess gegen Brasiliens Ex-Präsident geht es um Amtsmissbrauch und | |
Verstoß gegen das Wahlgesetz. Analysten erwarten Schuldspruch. | |
Kritik am EU-Mercosur-Abkommen: „Das Abkommen bedroht die Wälder“ | |
Das EU-Mercosur-Abkommen untergrabe Präsident Lulas Pläne zum Stopp der | |
Entwaldung, meint Yannick Jadot. Es könnte die Rückkehr Bolsonaros fördern. | |
EU-Mercosur Handelsvertrag: Ringen um „Voldemort-Abkommen“ | |
Die EU-Kommission macht Druck, Deutschland hadert mit Waldschutz, und in | |
den Mercosur-Ländern sind Politiker genervt von den vielen Vorgaben der EU. | |
Allianz gegen Freihandelsabkommen: Fridays for Farmers | |
Das EU-Mercosur-Handelsabkommen bedroht Existenzen in Europa und | |
Südamerika. Das kritisiert eine Koalition aus Klimaaktivisten und Bauern. | |
Handelsabkommen mit Kanada: Zu wenig staatliche Kontrolle | |
Selbst Grüne haben für die Ratifizierung von Ceta gestimmt. Warum das | |
problematisch ist und wie es jetzt weitergeht: eine Analyse in fünf | |
Schritten. |