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# taz.de -- Regelung in Spanien verfassungsgemäß: Richter billigen Abtreibung…
> Spaniens Verfassungsgericht lehnt eine Beschwerde gegen das liberale
> Abtreibungsrecht ab. Der Abbruch in den ersten 14 Wochen ist nun
> endgültig legal.
Bild: Das Warten hat sich gelohnt: Pro-Choice-Protest 2013 in Bilbao
Madrid taz | Was lange währt, wird endlich gut: Das spanische
Verfassungsgericht hat am Dienstag – 13 Jahre nachdem die konservative
Partido Popular (PP) eine Beschwerde dagegen einreichte – die
Fristenregelung für [1][Schwangerschaftsabbrüche] für rechtens erklärt. In
dem nun erfolgten Urteil betonten die dafür stimmenden Richter [2][die
„Freiheit und Würde“ der Frau.]
Damit ist es in Spanien endgültig legal, eine Schwangerschaft innerhalb der
ersten 14 Wochen abzubrechen. Besteht Gefahr für das Leben oder die
Gesundheit der Frau oder liegen schwerwiegende Anomalien beim Fötus vor,
ist ein Abbruch bis zur 22. Woche legal. Minderjährige Frauen dürfen ab dem
16. Lebensjahr selbst entscheiden, ohne elterliche Genehmigung.
Diese Regelung wurde 2010 von der damaligen sozialistischen Regierung
eingeführt. Die Entscheidung über die Beschwerde der PP wurde von den hohen
Richtern immer wieder hinausgeschoben. Erst als nun ein Teil des Gerichts
erneuert wurde und sich damit die Mehrheitsverhältnisse von konservativen
Richtern hin zu den Fortschrittlichen verschob, nahm sich das
Verfassungsgericht des „Gesetzes über sexuelle und reproduktive Gesundheit
und den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch“ – so der offizielle Name –
an. Die Verfassungsbeschwerde der PP wurde mit sieben zu vier Stimmen
abgelehnt.
Das Gesetz aus dem Jahr 2010 löste die lange gültige Indikationsregelung
ab, die Abtreibung nur in drei Fällen erlaubte: bei schwerer Gefahr für die
körperliche oder geistige Gesundheit der schwangeren Frau, nach einer
Vergewaltigung und bei körperlichen oder geistigen Missbildungen des Fötus.
Bei vielen Abtreibungen beriefen sich die Frauen auf die Gefahr für ihre
psychische Gesundheit. Kliniken, die Abtreibungen vornahmen, wurden immer
wieder von Abtreibungsgegnern angezeigt. Die Fristenregelung schuf
Rechtssicherheit.
## Kritik: Verfassungsgericht habe ein „neues Recht anerkannt“
Die vier konservativen Richter, die für die Annahme der
Verfassungsbeschwerde der PP stimmten, haben ihre Gegenposition in einem
Sondervotum noch einmal deutlich gemacht: Für sie ist das
Verfassungsgericht mit der Entscheidung über seine Kompetenzen
hinausgegangen. Anstatt sich auf die Prüfung der Verfassungsklage der PP zu
beschränken, habe die Mehrheit „ein neues Recht anerkannt“, nämlich das
„der Selbstbestimmung der Frau hinsichtlich der Abtreibung“. Ein solches
gebe es in den Gesetzbüchern Spaniens aber nicht.
Für den spanischen Ministerpräsidenten und [3][Chef der Linkskoalition aus
Sozialisten und Linksalternativen, Pedro Sánchez] ist das Urteil „ein Tag
zum Feiern“. Die Fristenregelung habe Spanien „in die europäische
Normalität geführt“ und fördere „die individuellen Freiheit für Frauen …
damit die Gleichberechtigung“, fügt er hinzu.
Mit Blick auf die 13 Jahre, die seit Verfassungsbeschwerde vergangen sind,
resümiert Sánchez: „ Die Zukunft hat dem Fortschritt recht gegeben.“ Das
scheint auch die PP zu ahnen. Die Konservativen schweigen sich zum Urteil
aus. Denn Umfragen im Superwahljahr mit Kommunal- und Regionalwahlen am 28.
Mai und Parlamentswahlen im Dezember, zweigen, dass längst auch die
überwältigende Mehrheit der rechten WählerInnen für ein Recht auf
Abtreibung sind.
10 May 2023
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Abtreibung/!t5008434
[2] /Aktivistin-ueber-feministisches-Netzwerk/!5928321
[3] /Sexualstrafrecht-in-Spanien/!5929356
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Pedro Sánchez
Schwerpunkt Abtreibung
Spanien
Partido Popular
Frauenrechte
sexuelle Selbstbestimmung
Pedro Sánchez
Konservative
Feminismus
IG
TV-Dokumentation
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