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# taz.de -- 1. Mai in Berlin: Die Zukunft ist nicht unser Freund
> Protestrituale wie der Maifeiertag leben von Revolutionsromantik. Für den
> Rest des Jahres wäre es schlauer, sich auf das Erreichbare zu
> konzentrieren.
Bild: Auseinandersetzungen mit der Polizei am Ende der revolutionären Abenddem…
Es ist ein wenig paradox: Linksradikale Gruppen werden zum 1. Mai wieder
alles auffahren, was sie an Revolutionsromantik zu bieten haben. [1][Scharf
formulierte Aufrufe], die die Abschaffung von Kapitalismus und Patriarchat
fordern; Rauchtöpfe, Pyrotechnik und am Ende den [2][ein oder anderen
Flaschenwurf und Keilerei mit der Polizei.]
Doch auch in diesem Jahr wird die Revolution ausbleiben. Am 2. Mai wird mit
ziemlicher Sicherheit alles so sein wie vorher (nur ein klein wenig
schlimmer).
Eine andere Gruppe, [3][die Letzte Generation], gibt sich hingegen äußerst
moderat. Sie fordern keinen Systemwandel, sondern nur banale Dinge wie ein
Tempolimit auf Autobahnen oder einen beratenden Gesellschaftsrat – und
natürlich, dass der Staat die Klimaschutzmaßnahmen umsetzt, die er
beschlossen hat.
Trotzdem versucht die Letzte Generation mit äußerster Entschlossenheit seit
über einem Jahr ihre Ziele umzusetzen. Und obwohl sie noch keine konkreten
politische Erfolge erzielen konnte, schafft sie es wie kein anderer Akteur
der Bewegung, der klimazerstörerischen Politik der Bundesregierung etwas
entgegenzusetzen.
## Von der Letzten Generation lernen
Im direkten Vergleich wirkt die radikale Linke mit ihrer
Revolutionsfolklore am 1.-Mai fast schon etwas konservativ. Ein Grund für
diesen Gegensatz ist, dass sich viele Gruppen nach Jahren des politischen
Abwehrkampfes an die Hoffnung klammern, dass es in Zukunft schon irgendwie
besser wird und der erhoffte Wandel doch noch kommt.
Fragt man in linken Kreisen einmal konkret nach, wie denn die
sozial-ökologische Wende aussehen soll, bekommt man allerhand schön
klingende Antworten: [4][Arbeiter:innen, die sich spontan erheben, ihre
Betriebe kollektivieren und auf ökologische Produktion umstellen]; eine
[5][internationale sozialistische Bewegung], die das Großkapital enteignet;
oder vielleicht gleich die Abschaffung von Nationalstaaten und die
Einführung einer Rätedemokratie.
Es ist lohnenswerte, auf all diese Utopien hinzuarbeiten. Für die Lösung
aktueller Krisen, allem voran der Klimakrise, bieten sie allerdings keine
Antworten. Eine wichtige Erkenntnis, die sich linke Bewegungen von der
Letzten Generation abschneiden können, ist, dass Zeit nicht ihr Freund ist.
Denn die Klimaaktivist:innen fahren eine radikale Politik des Jetzt:
Angesichts der Klimakrise mache es keinen Sinn, auf die Zukunft zu hoffen.
In der Gegenwart muss alles versucht werden, was möglich ist, um die Folgen
der Klimakrise zumindest abmildern zu können.
## Kleine Ziele, radikale Mittel
Dieses Prinzip lässt sich auf andere Kämpfe in den sozialen Bewegungen
übertragen. Mit einer CDU-geführten Regierung droht Deutsche Wohnen und Co.
enteignen endgültig zu versanden, ähnlich sieht es aus mit der
Verkehrswende, wenn das Mobilitätsgesetz kassiert und die A100 gebaut
werden soll.
Darauf, dass die Zeit schon Fortschritt bringen wird, ist kein Verlass
mehr. Was es jetzt braucht, ist beharrlicher, störender und ungehorsamer
Protest – vielleicht nicht in Form von Straßenblockaden, dafür als
Hausbesetzungen, Baustellenblockaden, Mietstreiks.
In diesem Sinne wäre es schön, wenn die 1.Mai-Demos in diesem Jahr den
Auftakt bilden für kämpferische und bewegte nächste Jahre, an dessen Ende
nicht die Revolution, aber vielleicht der ein oder andere kleine politische
Erfolg stehen könnte. In diesem Sinne spricht nichts dagegen, auch in
diesem Jahr [6][wieder das volle 1.-Mai-Programm mitzunehmen.]
30 Apr 2023
## LINKS
[1] https://1mai.blackblogs.org/?page_id=1172
[2] /Revolutionaere-1-Mai-Demo-in-Berlin/!5851725
[3] /Letzte-Generation-in-Berlin/!5927344
[4] https://de.labournet.tv/project/der-laute-fruehling
[5] /Socialism-in-our-Times-Konferenz/!5857818
[6] /Walpurgisnacht-und-1-Mai-in-Berlin/!5931249
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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