| # taz.de -- Union will Spitzensteuersatz erhöhen: Skepsis gegenüber CDU-Steue… | |
| > Die CDU erwägt, den Spitzensteuersatz zu erhöhen. SPD und Grüne sind | |
| > skeptisch: Spitzenverdiener:innen könnten sogar entlastet werden. | |
| Bild: Co-Leiter der Fachkommission „Wohlstand“: Jens Spahn | |
| Berlin taz | Rückt die CDU steuerpolitisch nach links? In einem | |
| Arbeitspapier wird erwogen den Spitzensteuersatz zu erhöhen und die | |
| [1][Erbschaftsteuer] zu reformieren. Verfasst haben es CDU-Vize Jens Spahn | |
| und die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole | |
| Hoffmeister-Kraut. Sie leiten die Fachkommission „Wohlstand“, eine von zehn | |
| Arbeitsgruppen, die zurzeit Vorschläge für das neue Grundsatzprogramm der | |
| CDU erarbeitet. | |
| Finanzpolitiker:innen von SPD und Grünen reagieren gegenüber der taz | |
| überrascht auf die Pläne – und sind skeptisch. „Hätte man mir vor einem | |
| Jahr gesagt, dass die CDU sich vorstellen kann, den Spitzensteuersatz zu | |
| erhöhen, hätte ich es nicht geglaubt“, sagt Parsa Marvi, SPD-Mitglied im | |
| Finanzausschuss des Bundestags. Sein Fraktions- und Ausschusskollege Armand | |
| Zorn sagt, er freue sich über die Vorschläge, warte aber auf weitere | |
| Details. | |
| Spahn und Hoffmeister-Kraut schlagen vor, den Solidaritätszuschlag zu | |
| streichen. „Im Gegenzug kann der Steuersatz für Spitzenverdiener (…) | |
| steigen“, schreiben sie. Zorn befürchtet jedoch, dass | |
| Spitzenverdiener:innen am Ende entlastet werden könnten: „Den Soli | |
| ganz zu streichen könnte bedeuten, dass trotz Erhöhung des | |
| Spitzensteuersatzes weniger Steuern gezahlt werden.“ Der | |
| Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent wird seit 2021 nur noch für die oberen | |
| 10 Prozent der Lohneinkommen fällig, zurzeit liegt die Freigrenze bei | |
| 17.543 Euro. | |
| Ähnliche Bedenken wie Zorn hat die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, | |
| Katharina Beck. Zwar sei es zu begrüßen, dass die Autor:innen des | |
| CDU-Papiers das Thema Ungleichverteilung in Deutschland zumindest benennen, | |
| „es ist jedoch sehr fraglich, ob die gemachten Vorschläge den formulierten | |
| Zielen entsprechen“, so Beck. „Nach einer ersten Sichtung des Papiers | |
| sollen insgesamt eher wieder sehr hohe Einkommen und Vermögen bevorteilt | |
| werden“, urteilt die Grüne. | |
| ## Flatrate von 10 Prozent auf alle Erbschaften | |
| Steuerexperte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung | |
| gibt auf Twitter zu bedenken, dass der Spitzensteuersatz auf mindestens 47 | |
| Prozent (derzeit 42 Prozent) steigen müsste, wenn Mehreinnahmen entstehen | |
| sollen. | |
| Skeptisch sind die SPD-Finanzexperten auch in Bezug auf die CDU-Vorschläge | |
| zur Reform der Erbschaftsteuer. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 400 | |
| Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Nicht einmal 3 Prozent zweigt der | |
| Staat in Form von Steuern ab. Spahn und Hoffmeister-Kraut schlagen eine Art | |
| Flatrate von 10 Prozent auf das gesamte übertragende Vermögen vor. | |
| Derzeit steigen die Steuersätze mit der Höhe der Erbschaft auf bis zu 50 | |
| Prozent. Theoretisch. Denn zahlreiche Schlupflöcher ermöglichen es vor | |
| allem Millionenerb:innen, Vermögen am Staat vorbei zu transferieren, | |
| so dass gilt: Wer viel erbt, zahlt kaum Steuern. Also besser 10 Prozent auf | |
| alles als 50 Prozent auf nix? | |
| Zorn hat Zweifel: „Wir wollen weiterhin zwischen dem Einfamilienhaus und | |
| dem Multimillionenerbe unterscheiden.“ Zusammen mit seinen | |
| Fraktionskollegen Tim Klüssendorf und Parsa Marvi hat er im Dezember | |
| Vorschläge zur Reform der Erbschaftsteuer erarbeitet, die vor allem darauf | |
| abzielen, die Vergünstigungen für große Unternehmenserbschaften | |
| weitestgehend aufzuheben. | |
| ## FDP ist beunruhigt | |
| Etwa die, dass auf Betriebsvermögen von über 26 Millionen Euro keine Steuer | |
| gezahlt werden muss, wenn die Nutznießer:in nachweisen kann, dass sie | |
| kaum privates Vermögen besitzt. Das lässt sich bewerkstelligen, in dem | |
| [2][man sein Privatvermögen rechtzeitig in Aktien umwandelt], wie es etwa | |
| Springer-Vorstandschef [3][Matthias Döpfner] tat. | |
| Zwar schlagen auch die CDU-Vordenker:innen Spahn und Hoffmeister-Kraut vor, | |
| „Ausnahmetatbestände zu reduzieren“, schreiben jedoch nicht, welche. | |
| Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im | |
| Bundestag, betont, dass es sich bei den Plänen vor allem um Vorschläge für | |
| Steuersenkungen handele. „Es ist ein Entlastungsprogramm für die | |
| Leistungsträger unserer Gesellschaft“, sagt Frei. „Am Ende des Tages dürf… | |
| wir keinesfalls die Steuererhöhungspartei sein.“ | |
| In der CDU ist die Angst groß, dass die FDP versucht, ihr dieses Etikett | |
| anzuheften – und auf entsprechende Versuche musste man nicht lange warten. | |
| FDP-Vize Johannes Vogel schrieb auf Twitter. „Eine völlig irre Idee, diese | |
| fleißigen Menschen gerade jetzt noch mehr zu belasten. Krass, dass die CDU | |
| hier nur noch den Steuerhammer übrig hat!“ Vorsorglich untermauerte die | |
| FDP-Führung in einem Dringlichkeitsantrag auf dem Parteitag ihre Position, | |
| dass Steuererhöhungen keine Option seien. | |
| 21 Apr 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /SPD-Finanzpolitiker-fuer-Erbschaftssteuer/!5923656 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| Sabine am Orde | |
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